Viel Humor durchzieht diese ernste Geschichte

Vier Personen stehen um ein Krankenbett, eine davon sitzt darauf.
„Königin der Berge“: Erste Theaterversion des preisgekrönten Romans in der Kunsttankstelle Ottakring.

An einem eher ungewöhnlichen Theaterort wird die erste Theaterversion (IG Fokus) von Daniel Wissers im Vorjahr mit dem österreichischen Buchpreis ausgezeichneten Roman „Königin der Berge“ gespielt. In einer ehemaligen Tankstelle, mehr oder minder notdürftig mit dünnen Holzwänden verkleidet, beginnt Markus Zett schon sehr überzeugend den an fortschreitender Multipler Sklerose erkrankten Robert Turin zu mimen. Im ersten – und auch noch weiteren Momenten – wirkt er, als würde hier eben ein Schauspieler mit körperlicher Beeinträchtigung die Hauptrolle geben.

Ein Mann im Rollstuhl hält eine kleine Topfpflanze.

Markus Zett als Robert Turin im Rollstuhl

Dank eines Rollstuhls kann er sich fortbewegen und seinen Lieblingsort im Pflegeheim, die Cafeteria, ansteuern wo er liebend gern Grünen Veltliner mit Hilfe eines Trinkhalms süffelt. Ein verschmitztes, irgendwie auch süffisantes Lächeln umspielt meist seine Lippen. Schon bald nach Beginn beginnt er über sein Leben zu schildern – allerdings aus einer Art Außensicht, als würde er über eine dritte Person erzählen. Unterstützung bei Schilderungen seines früheren Lebens erhält er von der Personifizierung seines einstigen nach einem US-Präsidentschaftskandidaten benannten Katers Dukakis (Christian Kohlhofer). Diesen bitterbösen Zeugen von Früher hat Turin übrigens einschläfern lassen.

Ein Mann mit Katzenohren steht neben einem Mann im Rollstuhl.

Christian Kohlhofer als (toter) Kater Dukakis und Markus Zett als Robert Turin

 

Angst vor Fremdbestimmtheit

Er ist sich seiner Situation bewusst und hat riesengroße Angst davor, irgendwann einmal nicht mehr gut sprechen zu können, in ein Stadium des Dahinsiechens zu kommen. So will er davor und selbstbestimmt noch in Würde seinem Leben ein Ende setzen. Wenngleich er trotz großer Bestimmtheit mit der er seinen Wunsch immer wieder äußert, hin und wieder aufblitzen lässt, dass er doch irgendwie am Leben hängt. Zur Verwirklichung seines Willens braucht er wen, der ihn in die Schweiz fährt, wo Freitod-Unterstützung bei unheilbaren Krankheiten erlaubt ist.

Auf einer Theaterbühne liegt ein Mann im Krankenbett, während drei Frauen in Kittelschürzen singen.

Waldner, Niederhuber, Strasser und Zett - die drei Krankenpflegerinnen und der Kranke

Wickelt Frauen um den Finger

Umgeben ist Turin von lauter Frauen – mit Ausnahme des oben schon genannten Katers. Drei Krankenschwestern, Pflegerinnen, die jeweils auch in andere Rollen schlüpfen – seine Ehefrau, deren Schwester, eine Physiotherapeutin, die Psychologin… Diese jeweiligen Rollenwechsel beherrschen Karola Niederhuber (Ehefrau), Petra Strasser (Schwägerin und Physiotherapeutin) sowie Valentina Waldner (Psychologin) perfekt. Auch das Spiel, sich von Turin um den Finger wickeln zu lassen, ja allesamt auch gewissen Verliebtheiten zu mimen, wirkt sehr authentisch. Dabei wandelnd sie alle drei leichtfüßig auf einem sehr, sehr schmalen Grat zwischen echt und ihm zuliebe diese Gefühle vorspielend. Angezogen durch eine Mischung aus seiner Hilflosigkeit bzw. auf ihre (Mit-)Hilfe hoffend und einer gewissen Größe, sein Ziel zu verfolgen.

Und doch weigern sich zunächst alle, seinen Wunsch zu erfüllen. Beihilfe zum Freitod eines anderen ist ja auch keine unumstrittene Entscheidung.

Eine Frau berührt das Gesicht eines Mannes im Rollstuhl, der eine Topfpflanze hält.

Markus Zett und Karola Niederhuber, hier als Ehefrau

Trotz alledem

Trotz all dieser doch eher tristen Ausgangsposition(en) versprüht die Theaterfassung (Romanbearbeitung, Inszenierung: Margit Mezgolich) wie der Roman (der Autor war bei der Premiere und fand – mit Ausnahme des Schlusses – das Stück sehr gelungen) ein humorvollen mit Sarkasmus gewürzten Grundton mit ziemlich vielen situations- und wortwitzigen Szenen.

Ein Mann im Anzug gestikuliert vor drei Frauen in hellblauen Kleidern in einem Bühnenbild.

Die Pflegerinnen und der Kater

Perspektivenwechsel

Die Kunsttankstelle Ottakring verströmt einen ähnlichen „Charme“ wie vielleicht so manches Pflegeheim. Zuschauer_innen können sich übrigens entscheiden, entweder auf billigen Kunststoffsesseln  à la so mancher Krankenhaus-Wartesäle oder in einem der gut ein Dutzend Rollstühlen Platz zu nehmen. In denen er„fahren“ sie Fremdbestimmtheit. Die „Pflegerinnen“ schieben so manche der Rollis mit den zuschauenden Insaß_innen hin und wieder quer durch die Szenerie. Was diesen allerdings Perspektivenwechsel verschafft.

Über das Ende der insgesamt sehr spannenden und exzellent gespielten „Königin der Berge“ lässt sich sicher trefflich diskutieren.

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Szene aus einem Theaterstück mit einer Frau, einem Mann im Rollstuhl und einem Mann mit Katzenohren.

Ein Mann im Anzug gestikuliert vor drei Frauen in hellblauen Kleidern in einem Bühnenbild.

Ein Mann mit Katzenohren steht neben einem Mann im Rollstuhl.

Ein Mann im Anzug liegt auf dem Boden, während zwei Frauen in Krankenschwesternkleidung zusehen.

Ein Mann mit Katzenohren steht hinter einem Mann im Rollstuhl.

Drei Frauen in Krankenhauskitteln sitzen auf einem Bett und scheinen zu singen.

Ein Mann im Rollstuhl hält ein Weinglas, hinter ihm steht ein Mann mit Katzenohren.

Ein Mann im Rollstuhl hält eine kleine Topfpflanze.

Eine Frau berührt das Gesicht eines Mannes im Rollstuhl, der eine Topfpflanze hält.

Ein Mann mit Brille sitzt zwischen zwei Frauen in blauen Kitteln.

Zwei Männer sitzen auf einem Bett, einer mit Katzenohren, möglicherweise eine Theaterszene.

Zwei Männer sitzen lachend nebeneinander, einer trägt Katzenohren.

Eine Theaterszene mit einem Mann am Boden und vier weiteren Personen im Hintergrund.

Eine Szene mit einem Mann auf einer Liege, umgeben von drei Frauen in Kittelschürzen und einem Mann im Anzug.

Ein Mann sitzt mit verschränkten Armen auf einem Krankenbett, im Hintergrund zwei Krankenschwestern.

Vier Personen stehen um ein Krankenbett, eine davon sitzt darauf.

Auf einer Theaterbühne liegt ein Mann im Krankenbett, während drei Frauen in Kittelschürzen singen.

Drei Personen sitzen auf einem Krankenhausbett, eine davon trägt Katzenohren.

Ein Mann sitzt auf einem Krankenbett, während zwei Krankenschwestern daneben stehen.

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