Wie geht’s hier zu Oxbridge?
Ich würd so gern an einer Uni im Ausland studieren, noch dazu an einer renommierten, aber hab ich überhaupt eine Chance? Wie und was muss ich tun, wenn ich’s aber doch will?
Klar, die formalen Voraussetzungen finden sich auf den Homepages der Hochschulen. So manche Jugendliche sind g‘scheit genug, sind aber vielleicht nicht besonders gut international vernetzt oder haben nicht das Selbstvertrauen, sich in Oxford, Cambridge, Harvard oder Yale zu bewerben. Um genau solche Schülerinnen und Schülern zu unterstützen, ihnen Ängste zu nehmen und Tipps und Skills für die Bewerbungen zu vermitteln, gibt es – seit 2016/17 - das projectaccess (Projekt Zugang).
Kostenlose Vorbereitung
Mitten in den Sommerferien findet ein Seminar-Wochenende (31. Juli bis 2 August 2020) statt. Dabei werden Absolvent_innen der genannten und anderer internationaler Hochschulen derzeit England (trotz Brexit – noch? – möglich) und USA, aus ihren Erfahrungen berichten, Simulationen von Bewerbungsgesprächen und solche von Aufnahmetests finden statt. Alles kostenlos. Übrigens, du musst auch noch gar nicht wissen, an welcher Uni du studieren willst.
Was du aber schon musst: Dich für dieses Seminar anmelden. Und keine Angst wegen des Titels Bootcamp. Im Gegensatz zu den gleichnamigen argen „Erziehungscamps“ vor allem in den USA, wo junge Menschen gebrochen werden, will projectaccess aufrichten, Jugendliche in ihrem Wunsch an einer internationalen Uni studieren zu wollen, bestärken und sie bestmöglich darauf vorbereiten.
Wer zuerst kommt, …
Anmeldeschluss gibt’s keinen fixen. „Prinzipiell nehmen wir Bewerber_innen auf, wenn sie starke Leistungen aufweisen und wir Potential sehen, aber wir möchten natürlich, dass sie sich auch sobald wie möglich bewerben damit wir das auch gut planen können. „Je früher, desto besser“ jedenfalls. Auf der Homepage – Link unten am Ende des Artikels – gibt’s ein Formular, das in wenigen Minuten erledigt sein sollte. Das und Scans deiner aktuellsten Zeugnisse reichen. Sobald allerdings alle Seminarplätze – drei bis vier Dutzend – heuer weniger (sonst gut fünf Dutzend) wegen der Abstandsregeln – vergeben sind, „wird das Bewerbungsformular geschlossen“.
Project Access hat es geschafft, die Angst vor der Bewerbung zu nehmen und die Unis zu entmystifizieren.“
Nach Möglichkeit real live
Kann das Seminar-Wochenende heuer unter den geltenden gesundheitlichen Sicherheitsbestimmungen überhaupt stattfinden, will der Kinder-KURIER wissen.
„Wir planen es jedenfalls, arbeiten gleichzeitig aber auch an Online-Möglichkeiten“, so Siba Auf, freiwillige Mitarbeiterin beim österreichischen Zweig dieses Projekts. Sie selbst studiert im sechsten Semester Wirtschaftsrecht an der Wiener WirtschaftsUni, verbrachte das Wintersemester an der Uni von Warwick in Coventry (England) und kam noch rechtzeitig vor dem Lockdown im März nach Wien zurück. Erst kürzlich erfuhr sie von dem Projekt und begann bald danach sich freiwillig dafür zu engagieren. „Es geht vor allem darum, den Zugang für Jugendliche zu den Studien zu ermöglichen, ihnen Hilfestellungen für die formalen Aufnahmebedingungen zu geben aber auch über Stipendienmöglichkeiten zu informieren, die vielleicht nicht so bekannt sind.“
Im kommenden Wintersemester wird sie ihr Bachelor-Studium in Wien abschließen, möchte den Master an einer ausländischen Uni machen und meint, es wäre auch das Auslandssemester durchaus leichter zu organisieren gewesen, hätte sie schon vorher projectaccess gekannt.
Studieren in Österreich ist meist als Ausbildung angelegt, bei der man zu einem Experten oder einer Expertin in einem eng definierten Fachbereich trainiert wird. Das ist ganz anders als in England oder Amerika, wo das Bachelor Studium als Ort angesehen wird, wo man seine Interessen entdecken, denken und Probleme lösen lernen und sich breit bilden, nicht nur ausbilden soll. Die Möglichkeit am gleichen Tag darüber zu philosophieren, was der Sinn des Lebens ist, statistische Hypothesen zu testen und research zu sozialer Mobilität zu machen ist einer der Gründe, wieso ich mein Studium so liebe.“
Von Zell am See nach London
Einer der Gründer des österreichischen Zweigs ist Raphael Eder, der als einer von ganz wenigen hauptamtlichen im Headquarter des Start Ups in London arbeitet.
Er erzählt dem Kinder-KURIER über die Anfänge. Er selbst studierte in London an der dortigen Wirtschaftsuniversität, wo er 2019 mit dem Bachelor abschloss. Im ersten Studienjahr 2016 besuchte er einen Freund, der in Oxford studierte und fand in einem Pub einen Flyer von projectaccess. Die Schwedin Anna Gross und die beiden Dänen Rune Kvist und Emil Lassen waren dabei dieses Projekt zu gründen.
Andere sollen’s leichter haben
Das fand Eder faszinierend. „Ich hätte gern so etwas gehabt, als ich in Zell am See in die HAK war“, begründet er seinen Feuereifer. „Ich hab selber beinhart miterlebt wie das ist, wenn du dir die ganzen Infos selber zusammenzusuchen musst. Da war sofort der Gedanke da, andere sollen’s leichter haben. Und ein Weg dazu: Die die schon im Ausland studieren, geben die Informationen und Erfahrungen weiter.“
Darüber sprach er auch mit drei seiner Freunde. „Hey, lasst uns so etwas doch auch für Österreich starten“, sagten er sowie Alexander Hutterer, Peter Wimmer, Valentin Bieringer. Noch im selben Jahr begannen sie mit der Vorbereitungsphase und starteten 2017 mit dem eingetragenen Verein in Österreich.
Hilfe über Hürden
Ziel, gute, engagierte Schülerinnen und Schüler, die nicht die Hilfe ihrer Familie haben, zu unterstützen, um Hürden auf Wegen an ausländische Unis zu überwinden, um damit auch die soziale Mobilität zu fördern.
Rasch gewachsen
In kürzester Zeit ist das Projekt international sehr gewachsen – vor allem durch Studierende aus vielen Ländern, die an englischen Unis von der Idee „angesteckt“ worden sind. „Es gibt projectaccess derzeit in 30 Ländern“, so Eder zum Kinder-KURIER. Auf der Website des internationalen Projekts gibt es viele Länderfähnchen, aber nicht 30. „Wo es Fähnchen gibt, dort existieren Country-Teams, aber das Projekt ist grundsätzlich für alle Interessierten auch in anderen Ländern offen. Wir wollen alle unterstützen, die zu uns finden.“
2200 Mentor_innen haben sich mittlerweile gemeldet, um künftigen Studierenden den Zugang zu den internationalen Unis zu erleichtern. Ein Angebot, das mehr als 3300 junge Menschen mittlerweile genutzt haben – mit einer Erfolgsquote von über zwei Drittel, ja fast ¾ - mehr als 70 Prozent der jungen Leute haben die Aufnahme an jenen Unis geschafft, bei denen sie sich beworben haben.
Meine Bewerbung bei Cambridge ging erstmal schief. Bei meinem Master-Studium war der Bewerbungsprozess wesentlich leichter, da es dann schon die vierte Bewerbung für ein Auslandsstudium war, die ich schrieb. Deshalb will ich mit meiner Arbeit bei PA helfen, dass es andere Bewerber etwas leichter haben als ich. Ich werde bei PA für Media Outreach zuständig sein."
Etwas zurückgeben
„Die Mentorinnen und Mentoren sind oft von dem Gedanken getragen, der Gesellschaft in ihren Herkunftsländern etwas zurückgeben zu wollen für das Privileg, selber eine gediegene (Aus-)Bildung genossen zu haben“, erläutert Eder die Beweggründe jener vielen, die Schüler_innen beim Weg an solche Unis zu helfen. Und er hält dabei noch einmal ein Plädoyer für so ein Studium. „Das öffnet die Augen, weitet den Blick, ist doch eine Erweiterung der Perspektive im Vergleich zu einem Studium im Heimatland. Irgendwie hat es etwas vom alten Prinzip der Walz von Handwerkern, die ein Jahr lang umherzogen und vieles abseits der eigenen Gemeinde oder Stadt gelernt haben, um mit einem reichen Erfahrungsschatz zurückzukommen.“
Kostenlos
Um aber bewusst vor allem auch jenen diese Zugänge zu erleichtern, die nicht über die entsprechenden finanziellen Hintergründe oder Connections verfügen, ist ein Grundprinzip von projectaccess weltweit: Die Angebote müssen kostenlos sein. Ermöglicht wird dies einerseits durch viele Volunteers (Freiwillige), die das Projekt weitgehend schupfen und andererseits durch die Partnerschaft mit Stiftungen im Bildungsbereich, Unternehmen und Crowdfunding-Kampagnen.
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