Spiel mit Wörtern lässt Farben erstrahlen
Praktisch der gesamte Theaterraum bietet sich dem einströmenden Publikum ausschließlich in weiß mit großen schwarzen Punkten an. Ob Boden, Wände, Decke, Sitzbänke, drei Laternen... Nur die - wenig besiedelten Bücherregale, die sind ausschließlich in weiß gehalten. Louka, jene Figur, die sich im Laufe der folgenden 70 Minuten nicht in andere verwandeln wird, merkt, dass Wörter verloren gehen, irgendwie abhanden kommen, davon fliegen...
Wörter-Suche
Ihre Suche nach diesen - und anderen - Wörtern führt sie fast naturgemäß in die Dorf-Bibliothek. Klappmaul-Handpuppen, eine Art Kleinstkind-Bilderbuch mit Kugelaugen, genannt Molgis, versuchen ihr den Weg zum titelgebenden Werk, dem „wichtigsten und größten Buch der wortgewandtesten Wörter“ zu weisen. Das Spiel mit missverstandenen Wörtern beginnt. Was die Suche nicht erleichtert, aber immerhin zur folgenden Reise durch fantasievolle Sprachwelten eröffnet.
Philosophieren
Louka trifft Wesen, die sich besonders kompliziert ausdrücken. Ein Ball wird da zum runden Spielgerät, Mama zur Erzeugerin usw. Neben der Frage nach dem Weg tun sich weitere auf. Ist es überhaupt wichtig, verlorene Wörter zu suchen, lassen sich neue erfinden und können Geschichten nicht auch so ganz ohne Wörter erzählt werden. Dies erlebt nicht nur Louka, sondern auch das gesamte Publikum auf dieser Reise im Kling-Klang-Land.
Fühlen
Wörter lassen sich aber auch spüren - das erzählt Louka am Beispiel Erbsensuppe, die sie ganz hinten am Gaumen spürt, sobald sie auch nur das Wort ausspricht. Manche verschaffen angenehme, andere wieder höchst ekelerregende Gefühle. Das Stück, das phasenweise von gewohnten Spielmustern in fast chaotisches Durcheinander ausbricht, will so - ganz ohne Gebrauchsanweisung - einladen, vielleicht selber danach oder auch irgendwann und immer wieder mit Sprache, mit Wörtern zu spielen. Sich Anregungen aus anderen Sprachen, Dialekten usw. zu holen, sie zu lernen ...
Be-Ton-ung
Am buntesten sind übrigens in diesem Stücke jene zwei Wesen, die nur mit einem einzigen Wort auskommen: Ding. Aber anders als wenn jemandem beim Sprechen Wörter nicht einfallen und einfach durch vermeintliche „Jolly Joker“ wie eben „Dings“ ersetzt werden, starten die beiden aus Ding-Land den Versuch, durch verschiedene Betonungen mit ein und dem selben Wort unterschiedliches auszudrücken. Und ihre Gegenüber trachten, dies zu verstehen. Vielleicht eine kleine Ahnung, wie’s im Mandarin-Chinesisch ist, wenn viele Wörter - je nach Tonhöhe - anderes bedeuten. Klassisches Beispiel: ma - das je nach Ton Mutter, Hanf, Pferd oder schimpfen bedeuten kann.
Sprache schafft Wirklichkeit
Wenn Louka am Ende ein eigenes Wort erfindet, dann hofft sie, dass ihr Reisebegleiter Freudmund damit von seiner Allergie geheilt werden kann und nicht mehr vorhandene Wörter immer durcheinander schütteln muss. NehoDingya lautet das Wort - das hier nur nach Gehör geschrieben wurde. Diese Szene entspricht dem Wunsch der Stückautorin mit „Das wichtigste und größte Buch der wortgewandtesten Wörter“ unter anderem zu transportieren, dass Sprache auch Wirklichkeit schaffen kann. Was viel zu häufig aber im negativen Sinn angewandt wird, genauso gut aber auch anders eingesetzt werden könnte ;)
Insgesamt wird in diesen rund 70 Minuten in denen mit Sprache gespielt wird aus dem weiß-schwarzen ein ziemlich bunter Raum - nicht nur in den Phasen, in denen das Publikum vorübergehend papierene Prismen-Brillen ausgehändigt bekommt.
Infos: Was? Wer? Wann? Wo?
Das wichtigste und größte Buch der wortgewandtesten Wörter
Theater foXXfire!
Ab 6 Jahren, 1e Stunde
Autorin: Alexandra Ava Koch
Regie: Stephan Witzlinger
Darsteller_innen: Clara Diemling, Clara Montocchio, Daniel Feik, Richard Schmetterer
Dramaturgie: Sandra Feiertag
Ausstattung: Caroline Wiltschek, Ruth Erharter
Musik: Anita Gritsch
Wann & wo?
Bis 30. April und von 13. bis 17. Mai 2019
Dschungel Wien: MuseumsQuartier
Telefon: (01) 522 07 20-20
www.dschungelwien.at
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