Corona-Sonderpreis-Text: Rotkäppchen und der Corona-Wolf
Geschrieben - und gezeichnet - von Christoph, 14 Jahre
Vor nicht allzu langer Zeit, im März 2020, saß Rotkäppchen vor dem Fernseher und langweilte sich zu Tode. Als die Mutter das sah, sagte sie: „Willst du nicht einmal deine Großmutter besuchen? Sie ist so einsam und allein und könnte etwas Gesellschaft brauchen. Doch nimm dich vor dem bösen Corona-Wolf in Acht! Du könntest deiner Großmutter auch noch eine Maske und ein Fläschchen Desinfektionsmittel mitnehmen, damit sie vor ihm geschützt ist. Außerdem fände sie Pizza und Cola auch nicht schlecht.“
Rotkäppchen fand diese Idee großartig, denn es hatte seine Großmutter schon seit Wochen nicht mehr gesehen und etwas frische Luft würde ihm auch guttun. Das Mädchen zog seine Turnschuhe an und weil es ein sehr vorsichtiges und kluges Mädchen war, nahm Rotkäppchen auch noch eine Maske und ein Desinfektionsmittel für sich selbst mit.
Gut ausgerüstet machte es sich nun auf den Weg. Das Mädchen achtete darauf, dass es in den engen Straßen niemandem zu nahekam und ging auch nicht in eines der vielen Lokale am Wegesrand. Doch wie aus dem Nichts tauchte der Corona-Wolf vor ihm auf und meinte: „Wohin des Weges, gutes Kind?“
Dieses antwortete: „Ich werde meiner Großmutter einen Besuch abstatten.“ Daraufhin sprach der Graue mit dem seltsamen stacheligen Fell: „Dort drüben in der Villa wird gerade eine lustige Hausparty gefeiert. Geh doch hin, ich kümmere mich in der Zwischenzeit um deine Großmutter.“
Das war eine gute Idee, fand Rotkäppchen, obwohl es ja eigentlich verboten war. Sofort lief es zu der Villa, der Corona-Wolf verschwand in einer Seitenstraße und sah deshalb nicht mehr, wie das Mädchen seine Hände desinfizierte und sich eine Maske aufsetzte. Denn trotz aller Vorsicht hatte es doch ein Recht darauf, andere Kinder zu treffen, zu spielen, sich zu unterhalten und einfach unbeschwert zu sein. Nach ein paar Stunden Feiern bekam Rotkäppchen dann doch ein schlechtes Gewissen und machte sich besorgt auf den Weg zur Großmutter.
Dort angekommen klopfte das Mädchen an die Tür und wartete. „Komm doch herein, mein liebes Kind, die Tür ist offen“, kam es von drinnen. Rotkäppchen trat ein und sah jemanden im Bett liegen. „Hallo Großmutter, ich habe dir etwas mitgebracht“, erklärte es und hielt den Korb hoch.
„Das ist schön, willst du nicht etwas näherkommen und mir erzählen, was du heute schon gemacht hast?“, erkundigte sich die Großmutter.
„Ich bleibe lieber auf Abstand, damit wir uns nicht mit dem Corona-Virus infizieren“, meinte das Mädchen und erzählte von der lustigen Hausparty. Daraufhin wollte die Großmutter wissen: „Bist du den Leuten nahegekommen?“
Rotkäppchen antwortete: „Nein, wir haben alle den Abstand eingehalten, und waren sehr vorsichtig.“
Die nun etwas ärgerlich klingende Großmutter fragte: „Hat dich wenigstens jemand angeniest oder angehustet?“
Verwundert meinte das Mädchen: „Nein, wir haben alle Masken getragen und vorher auch die Hände desinfiziert, warum?“
Plötzlich sprang die Person aus dem Bett und Rotkäppchen sah, dass es nicht mit seiner Großmutter, sondern mit dem verkleideten Corona-Wolf geredet hatte. Der hatte gehofft, dass das Mädchen sich infiziert hatte, um ein Opfer mehr zu haben. Da öffnete sich die Tür und eine verdutzte ältere Frau stand auf der Türschwelle. „Was ...“ Weiter kam sie nicht, denn sie hatte große Mühe, dem jaulenden Wolf auszuweichen, der wutentbrannt und enttäuscht an ihr vorbei in den Wald raste.
Da lachten die beiden Frauen aus vollem Halse. Mit eigenverantwortlichem Handeln, der nötigen Schutzkleidung und gesundem Hausverstand hatten sie den Bösewicht zumindest verjagen können. Der irrt seither in den Wäldern umher, mal sehr versteckt, mal mischt er sich wieder unter die Menschen. Doch diese haben mit der Zeit gelernt, wie sie mit ihm umgehen müssen, damit sie nicht gefressen werden und wer weiß, vielleicht verschwindet er ja irgendwann ganz wieder.
... Und wenn sich nun jemand fragt, wo denn der Jäger in diesem Märchen abgeblieben ist? Der befand sich gerade in Kurzarbeit und verbrachte seinen freien Tag mit seiner Familie daheim.
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