Nachhaltigkeits-Alumnis: Vorreiter und Weiterführer
Seit zehn Jahren finden sich unter innovativen Projekten aus österreichischen Schulen immer wieder auch technische und/oder wissenschaftliche Lösungen für den Klimaschutz, für Nachhaltigkeit. Im Rahmen des größten österreichischen Schulwettbewerbs für smarte Ideen, Jugend Innovativ, konnte in diesem Schuljahr ein rundes Jubiläum des Sonderpreises in der Kategorie Sustainability (in den ersten Jahren Klimaschutz-Award) gefeiert werden. Initiiert und gesponsert wird dieser Sonderpreis von der Raiffeisen-Nachhaltigkeits-Initiative (RNI), die sich erst in diesem Jahr – analog dem Preis - so umbenannt hat (davor hieß sie Klimaschutzinitiative).
Der Zeit voraus
Aus diesem Anlass lud Jugend Initiativ „alte“ erfolgreiche Teilnehmer_innen dieses Sonderpreises zum diesjährigen, 31. Jugend-Innovativ-Finale ein. Ein paar Ex-Finalist_innen des Sonderpreises konnten sich Zeit freischaufeln. Eine davon war Stefanie Pöttinger. Sie stammt aus dem damals ersten „Goldmedaillen“-Projekt dieser Kategorie: „Cyanobakterien – Dünger aus der Luft“ (2009) war übrigens eine schul- und sogar bundesländer-übergreifende Arbeit: HTL Braunau (OÖ) und HLFS Ursprung (Höhere Land- und Forstwirtschaftliche Schule; Salzburg). Darüberhinaus gab es in dem Projekt Kooperationen mit der Fachhochschule Wels sowie der Akademie der Wissenschaften.
Die Ursprunger hatten die Idee für die neuartige Düngergewinnung, waren aber auf eine technische Apparatur angewiesen. Die Jugendlichen aus der Braunauer HTL bauten einen großen, grünen blubbernden Algenreaktor.
Die höheren Land- und ForstwirtschaftsschülerInnen hatten auf folgende Erkenntnis zurückgegriffen: Es gibt Mikroorganismen (Cyanobakterien, bekannter als Blaualgen), die den Stickstoff aus der Luft binden können. Diese bilden allerdings in der Regel Giftstoffe und sind obendrein unbeliebt, weil sie die Bildung von Algenblüten in Gewässern fördern. In letzter Zeit wurden jedoch vermehrt auch ungiftige Stämme entdeckt. Die Kooperationspartner der HTL bauten einen Reaktor. Da tauchte als Problem auf, wenn Luft mithilfe einer Pumpe in den Reaktor eingeblasen wird, werden die Zellverbindungen sozusagen „zerdrückt“. „Aber aus jedem Rückschlag haben wir gelernt, an einer neuen Lösung zu arbeiten und die war dann immer besser“, gewinnen die HTL’ler_innen unter Wortführerin Stefanie Pöttinger kurzfristigen, vorübergehenden Niederlagen gute Seiten ab. Dann wurde die Luft eingeperlt, sanft eingeblasen und stieg den ersten Strang von selber hoch, bevor sie in den gewundenen 30 Meter langen Schlauch weiterwanderte.
Was aus dem Projekt von vor zehn Jahren geworden ist? Stefanie Pöttinger: „Von meiner Seite leider nicht mehr sehr viel. Es hat sich jedoch gezeigt, dass wir der Zeit etwas voraus waren, denn mittlerweile gibt es viele Algenfarmen, die vor allem als Zukunfts-Energiequelle oder Nahrungsmittel verwendet werden“, so die damalige Mit-Klimaschutz-Award-Preisträgerin.
Sie selbst machte ihren Bachelor in Biotechnologie und studiert nun berufsbegleitend zur wissenschaftlichen Arbeit in einem Pharma-Unternehmen auf den Master in Unternehmensführung.
ReGreen mach’s Co2-neutral
3. Platz für ReGreen mach’s Co2-neutral von Christoph Rebernig und Karim Abdel Baky und Niko Moshammer (nicht am Foto) aus der S… © Bild: Gilbert Novy
Wenn schon CO2 verbrauchen, dann wenigstens irgend etwas zum Ausgleich beitragen – das war – und ist noch immer - die (Geschäfts-)Idee von ReGreen eines Schülertrios aus der Schumpeter-HAK in der Wiener Maygasse. Karim Abdel Baky, Niko Moshammer und Christoph Rebernig hatten für ihr vor zwei Jahren mit dem dritten Platz in der Nachhaltigkeits-Kategorie ausgezeichnetes Projekt eine Website gebaut. Auf der können Interessierte ihre gefahrenen Kilometer in den entsprechenden CO2-Ausstoß berechnen lassen. Und wer will, kann im Shop Ausgleichsmaßnahmen kaufen. Das Geld kommt unter anderen einem Waldschutzprogramm am Amazonas sowie einem großen Klimaschutzprojekt in Ruanda zugute. In dem afrikanischen Land werden Kochtonöfen verteilt – die sind um ungefähr ¾ effizienter als offene Feuerstellen und produzieren obendrein natürlich deutlich weniger CO2.
Die drei Schüler hatten schon in der 4. Klasse eine GmbH für diesen Zweck gegründet, beim JI-Finale hatten rund 50 Menschen bereits mehr als 355.000 gefahrene Kilometer bzw. deren CO2-Ausstoß ausgeglichen. In der Zwischenzeit gelang es den jungen Nachhaltigkeits-Unternehmern auch (große) Firmen zum Mitmachen zu gewinnen. Der Biohof Adamah zahlt für die eigenen Transport-Kilometer, der Grün-Tee-Dealer „All I need“ gestaltet die ganze Wertschöpfungskette CO2-neutral und kompensiert über ein Waldschutzprojekt im Amazonasgebiet.
Mitsubishi hat sich verpflichtet für seinen neuen Hybrid-Wagen pro Auto 5,8 Tonnen CO2 zu kompensieren – für das genannte Projekt in Ruanda, aber auch für zwei Projekte in Österreich, eine Wärmepumpe für das Rote Kreuz in Niederösterreich und eine 120 Kilowatt-Hackschnitzelheizung für den Alpenzoo in Innsbruck, die eine Ölheizung ersetzt und damit 21.000 Liter Heizöl jährlich erspart.
Übrigens haben private Autofahrer_innen über die ReGreen-Plattform bisher mehr als neun Millionen Kilometer kompensiert. Innerhalb von einer Minute können Autofahrer_innen ihren individuellen CO2 Ausstoß berechnen und kompensieren.
www.regreen.at
Alumni-Forschung
Aus Erfahrungen von Projekten nicht nur bei diesem Sonderpreis zog die HTL Dornbirn strukturelle Schlüsse: Projekte, bei denen sich eine Weiterverfolgung sehr lohnen würde, versanden oftmals, aber nicht weil es kein Interesse gäbe, sondern weil ein organisatorischer Rahmen nach der Matura fehle. Neuerdings gibt es daher an dieser Vorarlberger HTL eine Alumni-Forschung. Die soll aber nicht nur die Weiterführung von Arbeiten ermöglichen, sondern verfolgt auch das Ziel, erworbenes Know-How an nächste Schüler_innen-Generationen weiter zu geben.
"So früh wie möglich"
„In der Raiffeisen Nachhaltigkeits-Initiative ist es uns ein besonderes Anliegen, das Bewusstsein für Klimaschutz und Nachhaltigkeit bei Jugendlichen so früh wie möglich zu fördern. Dabei freuen wir uns über jede Einreichung, vor allem aber auch über das hohe Niveau, das die Projekte auszeichnet“, betont Andrea Sihn-Weber, Geschäftsführerin der RNI.
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