Medea & Co auf der Paartherapie-Couch

Eine Frau sitzt auf einem Sessel, während ein Mann gestikulierend vor ihr steht.
„Sehr frei nach Euripides“ spielt sich die Geschichte als Boulevard-Komödie in der Ich-AG-Gesellschaft im TAG ab.

Am Anfang ist der Blitz/das Blitzlicht. Dann der antike griechische Chor. Vier von schwarzem Tuch umhüllte Gestalten, die Gesichter zusätzlich mit fratzenartigen Masken verhüllt. Immer wieder treten sie später zwischendurch, manchmal nicht alle vier – auf. Meist in reimartiger Form räsonieren die Chorsänger_innen die Moral, die Botschaft. Beim ersten Auftritt dominiert gleich vorweg Kritik an übertriebenem Individualismus. Ist doch schon der Untertitel dieser „Medea“ – sehr frei nach Euripides (von Gernot Plass) „Ich, ich, ich,  ich!“

So bedeutungsschwanger die Eröffnungsszene, so locker, kurzweilig ja fast boulevardkomödiantisch gestaltet sich die Geschichte. Text, Regie und vor allem das Spiel von Michaela Kaspar (grandios wehrhaft als Medea, die hier Andrea heißt), Julian Loid (gekonnt pendelnd zwischen ein bisschen begriffsstutzig und feig in der Rolle des Jason alias Walter), Jens Claßen (nur ja auf seinen Ruf bedacht als Kreon/Peter) und Lisa Schrammel (mit dem eiskalten, nur spärlich verdecktem Zug zur Macht als Elisa, fallweise als Uschi getarnt/Glauke, Tochter von König Kreon) sorgen für so manche Sager und „Szenen“, die herzhaftes, mitunter bissiges Lachen förmlich zwingend hervorrufen.

Vier maskierte Darsteller in dunklen Gewändern auf einer Bühne.

Der griechische Chor

Zivilisation und Werte

Angesiedelt ist die Geschichte im heute und hier – oder sonstwo in einer sogenannt zivilisierten ein wenig glamourösen Luxuswelt. Schon die Polstersessel als praktisch einziges Requisit pendeln zwischen Wohnzimmer und Paartherapie-Settings.

In dieser „Medea“ wird die Geschichte allerdings praktisch darauf reduziert, dass Walter seine Ehefrau, die ihn in einem Kriegsgebiet, in dem er eine Mission zu erfüllen hatte, rettete, loswerden will, um eine jüngere Erfolgsfrau zu heiraten. Einerseits ist sie von hier und außerdem die Tochter eines einflussreichen Mannes. Paar-Missverständnisse, Intrigen, von vornherein zum Scheitern verurteilte Therapie-Versuche, Machtspielchen – darum dreht sich der Großteil der rund 1 ¾ Stunden.

Auf einer Bühne agieren maskierte Gestalten mit einer Frau an einem weißen Sofa.

Manchmal Chor contra Schauspielerin

Wenn die Fassade bricht

Die fremde Herkunft der Ehefrau – aus einer immer wieder postulierten rückständigeren Kultur - dient ihm sowie der neuen Frau und vor allem deren Vater als Vorwand, sie abzuschieben (als zu „entsorgende“ Ehefrau sozusagen in doppeltem Sinn). Zum Anlass nehmen sie deren verbale martialischen Drohungen, die sie im Zorn über den Betrug ausstößt. „Das wird man doch noch sagen dürfen…!“

Wirklich brutal jedoch die Hassrede der karrierebewussten Bildungsbürgerin Elisa/Glauke: „Wir schieben dich ab und deine Kinder behalten wir hier. Sie bekommen eine gute Ausbildung – in einem Internat, damit sie dann für uns die Drecksarbeit erledigen können!“ Was Andrea/Medea dazu provoziert das Messer zu zücken. Ein „Freeze“ hier wäre vielleicht ein idealer Schlusspunkt gewesen um die Geschichte in den Köpfen der Zuschauer_innen weiterlaufen zu lassen.

Die letzten fünf Minuten samt Aufklärung des ohnehin schon lange offensichtlich zu erahnenden Fehlens der Kinder - die im Original ja von Medea getötet werden – wirken leider eher aufgesetzt.

Follow@kikuheinz

 

Eine Frau gestikuliert auf der Bühne, während ein Mann und eine Frau im Hintergrund sitzen.

Anna Stöcher spielt Medea auf einer dunklen Bühne.

Drei Schauspieler stehen auf einer Bühne vor einem grauen Vorhang.

Eine Frau sitzt auf einem Sessel, während ein Mann gestikulierend vor ihr steht.

Auf einer Bühne agieren maskierte Gestalten mit einer Frau an einem weißen Sofa.

Auf einer Bühne gestikuliert ein Mann vor einer auf einem Sofa liegenden Frau.

Ein Mann mit Brille und eine Frau mit ernstem Gesichtsausdruck stehen auf einer Bühne.

Eine Frau umarmt einen weinenden Mann, beide sind mit Blut bedeckt.

Vier maskierte Darsteller in dunklen Gewändern auf einer Bühne.

Auf der Bühne schreit eine Frau, die auf einer anderen liegend kniet, während eine Maske daneben liegt.

Kommentare