Geregelte tänzerische Verspieltheit
Große Spannung und Erwartung erfüllt den Saal, als das
Tanztheaterstück „Play“ beginnt, das am 20. September im Dschungel
Wien Premiere feierte und die neue Saison eröffnete.
Aufmerksam blicken die 6 DarstellerInnen ins Publikum und scheinen dabei mit jedem Teil ihres Körpers anwesend und bereit zu sei. Noch weiß man nicht genau wofür, doch bald sollte es klarer werden, als die TänzerInnen abwechselnd Kommandos hinausrufen und die Anderen sofort genau wissen was zu tun ist.
Gemeinsam und synchron tauchen sie in verschiedene schnelle Bewegungsabläufe und Schrittfolgen ein. Öfters folgen Platz-und Seitenwechsel; einmal stehen die ProtagonistInnen auch mit dem Rücken zum Publikum, doch immer bleiben sie dabei gleichermaßen geordnet und in allem was sie tun scheint ihre vollste Kraft und Motivation zu liegen.
Spielerisch und doch geregelt
Man hat den Eindruck, dass sie unausgesprochenen, doch klaren Regeln folgen. Diese werden nicht erklärt und doch hat man das Gefühl, dass sie einem auf geheimnisvolle Weise vertraut sind. Oft erinnern die Choreographien, die mit Karoline Verlinden erarbeitet wurden, an typische Bewegungen aus bekannten Sportarten, die auf der Bühne in Spiel und Tanz verwandelt werden. Perfekt abgestimmt auf den Rhythmus der Musik im Hintergrund, können sie einen fast in eine Art Trance versetzen.
Immer wieder löst sich die Einheit, die die TänzerInnen bilden für kurze Zeit und neue spielerische Ideen haben Platz. Doch nie dauert es lange, bis alle sich wieder einem Spiel (das Stück ist inspiriert von Bruegels Gemälde „die Kinderspiele“) anschließen und diese voller Ernsthaftigkeit und Konzentration verfolgen, als gebe es für diesen Moment keine andere Beschäftigung.
So bilden die DarstellerInnen beispielsweise eine Kette aus ihren Händen, die sie einander zwischen den Beinen hindurch geben. Sie schleichen auf Zehenspitzen durch den Raum, als stünden sie kurz vor einem Angriff, von dem niemand erfahren darf, oder sie hüpfen voller Leichtigkeit, wie Frösche hintereinander her.
Jenes Spiel zwischen geregelter Ernsthaftigkeit und dem Sich-Treiben-Lassen scheint sich auch im Bühnenbild und den Kostümen zu spiegeln. Einerseits sehen diese bunt und vielfältig aus, doch gleichzeitig hat man das Gefühl, dass alles zusammengehört und einem bestimmten Muster folgt. Denn am Boden, sowie an den Wänden und auf den T-Shirts und Hosen, die an Sportkleidung erinnern, kann man Linien und Streifen in verschiedenen Größen erkennen.
Miteinander, aber auch Konkurrenz
Mitten im Raum steht ein großer Block, der ebenfalls schwarz-weiß gestreift ist und am hinteren Ende des Saales sind Bretter und Holzpflöcke angelehnt. Doch nicht lange bleiben die Requisiten an ihren Plätzen, denn in die Spiele der DarstellerInnen wird alles eingebaut. So wird der Block nach und nach auseinander genommen und seine einzelnen Bretter am Boden zu einem großen Spielfeld ausgelegt. Die Holzstangen werden auf den Handflächen balanciert, aufgestellt, fallen gelassen und aufgefangen.
Manchmal scheint sich das Miteinander auch in Konkurrenz zu verwandeln und das Spiel zu einem Wettkampf zu werden. Beispielsweise als die TänzerInnen gegen Anfang versuchen, sich von dem großen Stapel aus Brettern zu stoßen. Oder wenn aus dem Hintergrund eine kommentierende Stimme ertönt, die die ProtagonistInnen anfeuert und einzelne Leistungen hervorhebt.
Spaß!
Doch in einem sind alle immer wieder vereint; In dem Spaß an allem was sie tun, dem Verlangen Neues auszuprobieren und ihrer unermüdlichen, ansteckenden Energie.
Erst ganz zum Schluss, während des letzten Spiels, spürt man die Müdigkeit der 6 DarstellerInnen, als Jede und Jeder an einem der Stöcke hinaufkraxelt und Eine/n nach dem/der Anderen die Kräfte verlassen, sodass alle schließlich erschöpft am Boden sitzen. Erschöpft von den vielen Anstrengungen, die sie während 70 Minuten erbracht haben. Nicht etwa um an ein bestimmtes Ziel zu gelangen, sondern aus Lust am Leben, am Spielen und Austesten der eigenen Grenzen und Möglichkeiten.
Rosanna Wegenstein, 19
Infos: Was? Wer? Wann? Wo?
Play!
Internationale Koproduktion: Dschungel
Wien & hetpaleis (B)
Tanztheaterstück inspiriert von Pieter Bruegels Gemälde „Die Kinderspiele“
70 Minuten, ab 10 J.
Choreografie: Karolien Verlinden (Tuning People)
Idee: Corinne Eckenstein (Dschungel Wien)
Tanz: Magdalena Forster/ Steffi Jöris/, Fie Dam Mygind, Rudi Äneas Natterer, Maartje Pasman, Marco Payer, Dennis Alexander Schmitz
Bühne: Rachid Laachir
Kostüm: Wim Muyllaert
Soundscape: Jochem Baelus
Lichtdesign: Koen Corbet
Hospitanz: Marianne Huber
Voice Over: Clara Diemling
Wann & wo?
Bis 26. September 2018
11. bis 14. Dezember 2018
Dschungel Wien: 1070,
MuseumsQuartier
Telefon: (01) 522 07 20-20
www.dschungelwien.at
https://www.hetpaleis.be
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