Eigentlich müssten wir Feinde sein, verstehen uns aber gut
Portugal gegen Juventus 12:0 und das obwohl CR7 so manch 100-Prozentige vernebelt hatte. Nach diesem zweiten Sieg, den Mario und Betim mit den Controllern von Ronaldo & Co erspielt haben, setzte sich das Team der NMS Kinzerplatz im Finale mit 2:0 gegen die NMS Deublergasse in Führung. Lokalaugenschein beim ersten eSport-Schulliga-Finale in Wien.
Profi-Setting
Dieses mehrteilige Finale - es gab drei verschiedene Spiele - ging in der vorletzten Schulwoche (Ostösterreichs) im Jugendzentrum Marco Polo über die Bühne. Im wahrsten Sinn des Wortes. Die Teams mit ihren Controllern vor ihren Monitoren spielten auf einer Art Bühne der Arena des Jugendzentrums. In der Arena das Publikum saßen, standen, lagen, knotzten einerseits die Fangruppen der Teams, andererseits weitere interessierte Jugendliche und auch einige Erwachsene. Am vorderen Rand der Bühne natürlich ein Riesenscreen. Seitlich ein Tisch an dem Profi-Kommentatoren der eSport-Szene das Spielgeschehen per Headset für einen Live-Videostream kommentierten.
In diesem professionellen Setting samt Regiepult im Eck spielten die Finalteams um den Gesamtsieg in der erstmals in Wien ausgetragenen e-Schulliga. Auf dem Programm standen - wie wahrscheinlich (fast) alle erraten haben unter anderem FIFA19. Die beiden anderen Spiele: Rocket League und Overcooked 2. Ersteres ist auch ein Ballspiel - allerdings müssen kleine Autos einen Riesenball ins Tor befördern. Beim Zweitgenannten muss gekocht werden - hier kommt’s vor allem auf Teamwork an.
Sechser-Teams, halbe-halbe
Jedes Team musste aus sechs Jugendlichen, davon mindestens die Hälfte Mädchen, bestehen. 49 Teams aus (fast) allen Floridsdorfer Mittelschulen (insgesamt zwölf) mit rund 300 Mitspieler_innen waren in die Vorrunden gestartete. Die Schulen arbeiteten mit den Jugendzentren zusammen, in denen die Jugendlichen trainieren konnten und auch manche Vorrunde ausgetragen wurde. Eine fand sogar in der Bezirksvorstehung statt, die dieses Pilotprojekt der Wiener Bildungsdirektion unterstützte.
Semifinali und die Finalspiele waren für den einen Tag vielleicht dann doch ein wenig zu lange, nichts desto weniger spannend. Neben den beiden genannten Schulen hatten sich die Jochbergen- und die Reisgasse unter die besten vier Teams gespielt.
Spannendes Finale
Zurück zum Finale: Nachdem die beiden FIFA19-Kicker vom Kinzerplatz eine überlegene Führung herausgespielt hatten, drehten die Gegenspieler_innen aus der Deublergasse - NMS Jedlesee - das Geschehen um, aber wie! Jennifer und Leonie kochten so überzeugend und schnell, dass sie mit zwei Siegen hintereinander den Insgesamt-Gleichstand herstellten, bevor ihre Kolleg_innen bei Rocket-League noch überlegener agierten als die Kinzerplatzer „Portugiesen“. Mit 15:1 im ersten Autoball-Game gingen die Jedleseer_innen in Führung und bauten sie gleich darauf auf 4:2 an gewonnenen Spielen aus. Da nun alle drei Spiele zwei Mal gespielt waren, durften die Zurückliegenden das nächste Spiel aussuchen. Natürlich entschieden sie sich für FIFA19 - und holten auf 3:4 auf, blieb spannend und letztlich konnte sich die Deublergasse (Sarah, Leonie, Jennifer, Gent, Gabriel, Kamil) mit sechs gewonnenen Games (das war die Vorgabe) den ersten Sieg in der ersten heimischen eSport-Schulliga vor Betim, Mete, Gabi, Marie, Vanessa und Jenni vom Kinzerplatz holen.
Training
„Wir haben gar nicht so oft trainiert, nur so ungefähr vier Mal“, erzählen Mario und Betim, die die Portugals Fußballspieler „in der Hand hatten“, dem Kinder-KURIER. Vanessa und Jenny aus der 3b der NMS Kinzerplatz „spielen vor allem FIFA, Fortnite Rocket League und Overcooked, meistens im Jugendzentrum, aber trainiert haben wir nicht so oft“.
Freundschaft
Obwohl es - insbesondere im Finale - fast natürlich Sprechchor- und Anfeuerungsduelle für die jeweiligen Teams gab, schienen alle Spaß zu haben. In einem Video nach den Vorrunden meinen zwei Jugendliche aus unterschiedlichen Schulen gar: „Das beste an der eSport-Schulliga ist, dass wir uns kennen gelernt haben. Obwohl wir Feinde sein müssten, verstehen wir uns trotzdem gut!“
Miteinander
Über die zuletzt zitierte Aussage freut sich vor allem der Initiator der eSport-Schulliag: Michael Fleischhacker, den der Kinder-KURIER vor mehr als einem Jahr bei seinem lebendigen, spannenden Mathe-Unterricht samt QR-Code, Rätsel und Minecraft-Aufgaben in der NMS Kinzerplatz - siehe https://kurier.at/leben/kiku/digital-und-analog-lustvoll-lernen-mit-minecraft-qr-codes-und-massband/260.390.810 - besuchte.
Er studierte berufsbegleitend an der Donau-Uni Krems MedienSpielPädagogik und entwickelte daraus das Konzept dieses neuen Bewerbs. „Wir wollten Schulen und Jugendzentren verbinden, altersadäquate Spiele fördern und auch, dass die Jugendlichen nicht nur allein zu Hause, sondern gemeinsam spielen und Zeit verbringen.“
Medienpädagogik
Er unterrichtet jetzt weniger am Kinzerplatz, koordiniert und initiiert dafür für die Bildungsdirektion Wien Projekte im Bereich digitaler Medienpädagogik, darunter eben auch die hier beschriebene neue Liga. Alle beteiligten Institutionen sandten Vertreter_innen zum Finale, die den Wunsch äußerten, weitermachen und womöglich ausweiten zu wollen.
Jugendarbeit
Für die Jugendzentren meinte Klaus Mahrer, der sich bei den Jugendzentren fachlich mit Gaming als pädagogisches Konzept in der Jugendarbeit beschäftigt, zum Kinder-KURIER: „Man muss vor allem das Potenzial erkennen. Gaming ist ein Teil der Jugendkultur. Es bietet die Möglichkeit, Lernerfahrungen zu machen, Lösungen für Probleme zu finden und vor allem ist es ein selbstbestimmterer Lernort als Schule oder Familie. Du kannst oft probieren, eine Aufgabe zu lösen, es macht viel Spaß und wenn wir das in den Zentren oder auch in der produktionsschule spacelab einbauen, dann spielen die Jugendlichen nicht vereinzelt, sondern gesellig.“
Video über die Gruppenphase vor dem Finale: https://esport-hub.at/2019/06/07/einblicke-in-die-gruppenphase/
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