Durchgeknallte Bühnenshow mit einem großen Fragezeichen
Während das Publikum den Theaterraum - hier die BlackBox des Musiktheaters im Landestheater betritt und Platz nimmt, beweist der Soloperformer einerseits perfekte Tischtennisball-Beherrschung und andererseits sich von nichts beeindrucken zu lassen. Um dann wenig Minuten nach Beginn der Vorstellung die ersten Tischtennisbälle ins Publikum zu schießen. Irgendwann fallen auch Hunderte dieser kleinen weißen Bälle von der Bühnen-Decke. Auf der ist anfangs ein zusammengekauerter Teddybär gesessen. Beim Versuch ihn mit Hilfe einer Luftmaschine aufzublasen, platzt in seinem Inneren etwas - und er quittiert dies mit herzhaftem Lachen. Apropos Herz - ein riesiges Herz wird ganz ohne Platzen mit Luft prall gefüllt.
Herabfallende Teddy-Teile schleudert der Darsteller, Christian Bakalov, lustvoll ins Publikum. Mit Kapuzen oder einem riesigen aus flatternden Stoffbahnen bestehenden Rock verkleidet er sich, schlüpft in immer andere Rollen, Situationen oder Fantasievorstellungen - vom Polizisten bis zu Batman, badet stehend in einer Art Milchschaumdusche. Ein überdimensionales Gebiss lässt er einen Kaugummi kauen und große Blasen machen.
Aber... ?
Die Show ist ein Plädoyer für vielleicht herkömmliche Theater-Erzählungen und -Formen sprengende Fantasie. Oder viel mehr könnte sein, wäre da nicht eine klein, dafür umso größere Irritation knapp nach dem Beginn. Es wird ganz dunkel, aus dem Off ertönt die Stimme: Your Captain speaking“ - 0ok, wir gehen auf eine Flugreise. Allerdings nennt er als Namen Mohammed Atta, einen der führenden Terroristen von 9/11, die Flugzeuge als Waffen nutzen und u.a. in die Türme des World -Trade Centers in New York steuerten. Was will uns das sagen? Stehen die Teddy-Teile für Leichenteile?
Nun, selbst der Darsteller wusste vom Kinder-KURIER befragt, nicht, was sich die Regisseurin gedacht hat oder damit sagen will. Er habe seine eigene Theorie, die tue aber nichts zur Sache. Die Regisseurin, vom KiKu-Reporter angemailt, hat bis zum Verfassen dieser Stückbesprechung - ungefähr zwölf Stunden nach der Aufführung - nicht geantwortet. Sollte eine Erklärung später kommen, wird sie hier ergänzt. Manche vermuten, es könnte um (Flug-)Ängste gehen und auch eine bewusste Irritation. Vielleicht, dass man sich trotz Witz nicht zu sehr in Sicherheit wiegen solle?
Wie auch immer, ein Sinn erschließt sich umso weniger, als Kinder mit dem Namen nicht wirklich viel anfangen können und viele Erwachsene ihn ohnehin überhört haben ;(
Infos: Was? Wer?
Big Bears cry too
Miet Warlop / hetpaleis (Belgien)
Koproduktionen: Vooruit Gent (BE), Gessnerallee Zürich (CH), TJP Centre Dramatique National Strasbourg (FR), AUAWIRLEBEN Theaterfestival Bern (CH)
Ab 6 J., ca. ¾ Stunde
Konzept & Regie: Miet Warlop
Darsteller: Christian Bakalov
Lichtdesign: Henri Emmanuel Doublier
Blick von außen: Danai Anesiadou
Technischer Koordinator: Hugh Roche Kelly
Probenproduktion: Seppe Cosyns
Produktionskoordination: Elke Vanlerberghe
Produktion Touren: Irene Wool (Gent) & hetpaleis (Antwerpen)
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