Bitte, wagt einen zweiten Blick und lasst uns Brücken bauen!
Dass noch lange nicht alle Kinder und Jugendlichen auf dieser Welt die ihnen zustehenden Rechte in der Praxis haben, darauf wies die erste Rednerin des dritten Finaltages im mehrsprachigen Redebewerb „SAG’S MULTI!“ eindringlich in. Die 14-Jährige schilderte aus online verfügbaren TV-Dokumentationen über ungefähr Gleichaltrige auf den Philippinen, in Bangladesch und der Elfenbeinküste. Nichts da mit Schule gehen und lernen dürfen. Täglich stundenlang hart arbeiten oder gar den eigenen Körper erkaufen müssen. Ein bisschen mehr über diese, sowie alle anderen 30 Reden dieses Finaltages findest du in der Bilderstrecke - Kürzest-Zusammenfassungen in den Bildtexten.
140 von 600
31 Reden, 13 Sprachen, 8 Bundesländer - drei zahlen zum dritten (von vier) Finaltag des mehrsprachigen Redewettbewerbs „SAG’S MULTI!“. Zum zehnten Mal wird der ausgetragen, 140 Jugendliche schafften es von den an die 600 im Herbst gestarteten ins Bundesfinale, das in verschiedenen Wiener Schulen ausgetragen wird. Dieser vorletzte Finaltag ging im Festsaal der privaten Handelsakademie (VBS) in der Floridsdorfer Franklinstraße über die Bühne.
Fridays for Future
Viele Rednerinnen und Redner dieses Tages - in verschiedenen Erst-, aber auch erlernten Fremdsprachen - forderten - von allen, aber auch von sich selbst: Mindestens einen zweiten Blick wagen, nicht nur auf den ersten Eindruck setzen, Vorurteile überwinden und Brücken statt Mauern zu bauen (das Leitthema des zehnten Redebewerbs). Immer wieder waren auch die Fridays for Future-Demonstrationen für den Klimaschutz, aber auch Appelle, das eigene (Konsum-)Verhalten zu verändern.
Kürzest-Zusammenfassungen aller Reden - als Bildtexte
Julia Fellner (W/R/G Feldgasse, Wien/Englisch als erlernte Fremdsprache) eröffnete den dritten Finaltag mit einer Schilderung eines ihrer gewöhnlichen Schultage, einer 14-Jährigen in Wien. Diesen stellte sie anschließend die Alltags- und -Nacht-Schilderung der ungefähr gleichaltrigen Evelyn, Ridoy und Bernard ...
... gegenüber. Erstere verkauft Blumen und ihren Körper auf den Philippinen, Zweiterer arbeitet in einer Lederfabrik in Bangladesh und der Letztgenannte arbeitet auf Kokosnuss-Plantagen in der Elfenbeinküste. Die Schicksale der genannten Jugendlichen hatte sie ...
... online in TV-Dokumentationen gefunden. Diese Schicksale, die für Millionen von Kindern und Jugendlichen stehen, widersprechen der Tatsache, dass seit fast 30 Jahren die UNO-Kinderrechtskonvention gilt. Fellner appellierte aber auch, selber daran zu denken und zum Beispiel nicht T-Shirts aus Kinderarbeit zu kaufen.
Helena Stojanović (W/R/G Feldgasse, Wien/Serbisch als Erstsprache) hatte sich den Bildimpuls gewählt. Was auf den ersten Blick wie ein arabischer Schriftzug aussieht, heißt: „Auf den ersten Blick scheint vieles unverständlich“. Davon ausgehend ...
.... childerte sie ihre täglichen Begegnungen mit einer jungen Obdachlosen auf dem Weg zur Schule, mit der sie eines Tages ins Gespräch gekommen ist. Nachdenken statt abstempeln! Lautete ihre Schlussfolgerung.
Auch Tijan Jinadou (W/R/G Feldgasse, Wien/ Englisch als erlernte Fremdsprache) ging von diesem Bildimpuls aus und verglich das Thema mit einem Eisberg - von dem nur ein Bruchteil zu sehen ist. Um ihn zu erfassen brauche es ein längeres und genaueres Hinschauen.
Muhammad Suleimanli (W/R/G Feldgasse, Wien/ Aserbaidschanisch) startete mit - Stille. Zu Beginn seiner Rede sagte er zehn Sekunden nichts. So stieg er in das Thema ein, dass es mehr brauche als die ersten Eindrücke, um Menschen nicht in Schubladen zu stecken.
Anna Weis (Gymnasium Geringergasse, Wien/ Englisch als erlernte Fremdsprache) sprach zum Leitthema „Brücken und Mauern - wie bauen wir unsere Zukunft?“ Erstere seien physisch immer Verbindungen über die man weiter komme und ...
... letztere, die das Fortkommen erschweren oder stoppen. Sie tauchen aber auch im virtuellen Raum auf - etwa in Form von Artikel 13 der EU-Urheberrechts-Richtlinie, wo Upload-Filter, also künstliche Intelligenz kritische Satire verhindern könnte. Und - vor allem - Jugendliche, die sich dagegen engagieren, nicht ernst genommen würden.
Mikolaj Makowski (B/R/G Hollabrun, NÖ/ Polnisch) teilte seine Recherche mit: 200 Kriege in Europa im Verlauf der letzten 2000 Jahre. Nur die Erkenntnisse nach dem 2. Weltkrieg an einem gemeinsamen Europa zu bauen, haben uns ...
... auf diesem Kontinent einen so langen friedlichen Zeitraum gebracht. Genau deswegen sprach er sich dagegen aus, dass wieder Zwietracht gesät wird. Außerdem gebe es globale Probleme die nur gemeinsam gelöst werden könnten - namentlich den Klimawandel.
Yubeen Seo (W/R/G Feldgasse, Wien/ Koreanisch) schloss damit, dass die Zukunft jener Ort ist, wo wir den Rest unseres Lebens verbringen - und dahin würden uns nur Brücken bringen und nicht Mauern, die unsere Reise be- und verhindern.
Kyra Capar (Polytechnische bzw. Fachmittelschule Alber-Geßmanngasse, Wien/ Ungarisch) ging von ihrer Herkunft - ungarische Minderheit in Serbien - aus, um zum ...
... Unterthema „Das Recht, Rechte zu haben“ (Philosophin und Politikwissenschafterin Hannah Arendt) zu sprechen. Minderheitenrechte seien einer der Gradmesser wie weit das Recht, Rechte zu haben, in einer Gesellschaft umgesetzt sind.
Lisa Weinberger (Gymnasium St. Ursula, Wien/ Englisch als erlernte Fremdsprache) schilderte die Begegnung mit der Zeitzeugin Lucia Heilmann, der in der Nazi-Zeit ihre Kindheit geraubt worden war. Daraus lernend, ...
.... müsste einerseits heute Menschen in Lebensgefahr sofort und unbürokratisch geholfen werden und andererseits alle auch in der Wahl ihrer Worte achtsam sein. Denn jede und jeder trage Verantwortung gegen Antisemitismus und Rassismus auf- und einzutreten.
Aniko Szarapaka (HBLW Wels, OÖ/ Ungarisch) sprach sich gegen Vorurteile aus und dagegen, Menschen in Schubladen zu stecken, wobei sie mit einem Schuss Selbstironie in ihre Rede startete.
Manuela Malek (HAK Bruck/Leitha, NÖ/ Polnisch): Kebab, Pizza, Blini - Herkunft beginne oft mit dem Essen, sie sollte aber keinen Einfluss auf die Bewertung von Menschen haben. Außerdem hätten alle, die zwei - oder mehrsprachig aufwachsen, den Vorteil, leichter weitere Sprachen zu erlernen.
Monika Krejci (Gymnasium Geringergasse, Wien/ Englisch als erlernte Fremdsprache) appellierte - vor allem - an Erwachsene: „Hört uns zu, nehmt uns Ernst“ und bezog sich dabei auf die mittlerweile weltweite Bewegung von Kindern und Jugendlichen für (mehr) Klimaschutz.
Esra Gönülcan (Gymnasium Geringergasse, Wien/ Türkisch) schilderte, dass ihre Mutter zwar eine starke Frau sei, aber in ihrer Kindheit und Jugend keine Rechte gehabt habe. Das Recht, Rechte zu haben, müsse aber für alle Menschen gelten - unabhängig von Alter, Geschlecht, Herkunft usw.
Rebecca Victoria De Vera (VBS Floridsdorf, Wien/ Englisch als erlernte Fremdsprache) hielt ein mitreißendes Plädoyer für die jugendliche Bewegung gegen den Klimawandel. Allerdings...
.... dürfen die Demonstrierenden nicht nur etwas von Politiker_innen verlangen, sondern sie - und alle - müssten selber in ihrem Verhalten aktiv werden, Stichworte kein oder zumindest weniger Plastik und nicht mit dem Auto in die Schule fahren.
Eszter Bogdan (BHAK 1 Wels, OÖ/ Ungarisch) mahnte, trotz des Blicks nach vorne, in die Zukunft, nie das Gestern zu vergessen.
Viola Krasniqi (BHAK 1 Wels, OÖ/ Albanisch) kritisierte, dass weltweit so viel Geld für Waffen und Kriege ausgegeben wird. Wenn das alles in Bildung, Schulen, Krankenhäuser usw. fließen würde!
Marina Grujić (BRG Kepler Graz, Steiermark/ Englisch als erlernte Fremdsprache) schilderte leidvolle Mobbing-Erfahrung durch eine Lehrerin ihrer Schule wegen ihres Migrations-Hintergrundes. Mindestens so schmerzhaft wäre es, dass niemand ...
... - obwohl gut ein Fünftel der Schüler_innen ebenfalls Migrationshintergrund habe - sie in diesem dauernden Konflikt unterstütze. Ein Jahr lang habe sie nichts gesagt, „SAG’S MULTI!“ und das Unterthema „#metwo – empören und empowern“ habe sie dazu bewogen, das Schweigen zu durchbrechen. Womit sie auch anderen zeigte, dass sie in ähnlichen Situationen nicht allein sind.
Samet Özen (BHAK Bruck/Leitha, NÖ/ Französisch als erlernte Fremdsprache) hatte sich in seiner Schule umgehört und aus einigen der Sprachen, die Jugendliche mitbringen, weitere Wörter für Brücke gesammelt, um sie in seiner Rede über Brücken und Mauern einzubauen. ...
... Das Deutsch, Englische (Bridge) kannte er ebenso wie das Französische (pont) sowie das Türkische (köprü). Most (Bosnisch/Kroatisch/Serbisch) und urë (Albanisch) konnte er noch in seine Rede ...
... einbauen und spannte nicht zuletzt damit den Bogen von gebauten zu Sprach-Brücken, die wiederum Tore in weitere Welten öffnen.
Hana Jusufagić (2sprachige HAK Klagenfurt, Kärnten/Slowenisch) schilderte einen der Vorteile der EU anhand ihres eigenen Beispiels, das ihr nun ermöglicht, in Österreich zu lebenundhier zur Schule zu gehen.
Berfin Kiyafet (HAK Rohrbach, OÖ/ Türkisch): Ob Kopftuch oder kurze Hose - Mädchen und Frauen müssen das Recht haben, sich so zu kleiden wie sie wollen und nicht dafür beschimpft zu werden. ...
... Bildung ist die Basis für die (eigene) Zukunft, daher haben auch Mädchen das Recht, Schulen zu besuchen und nicht in Brautkleider gesteckt zu werden.
Agnès Le Bec (Stiftsgymnasium Stams, Tirol/ Französisch) sprach über Staatenlosigkeit, die meist mit fast gänzlicher Rechtlosigkeit für die davon betroffenen Menschen einhergehe. Und davon seien immerhin rund 12 Millionen Menschen weltweit betroffen, etwa 800.000 Rohingya in Myanmar, Roma in Europa usw.
Rajana Magomadova (HLW Rohrbach, OÖ/ Tschetschenisch) wählte den Bildimpuls, um zu schildern, dass für sie, die erst seit drei Jahren in Österreich lebt, anfangs vieles so neu war, dass sie sich verunsichert fühlte. Sie habe allerdings das Glück gehabt, in der Schule ...
... rasch so gut aufgenommen worden zu sein, dass sie sich bald wohl fühlte. Allerdings sei sie später wiederum dadurch verunsichert worden, dass andere neidisch wurden, als sie in der Schule besser und besser wurde. Jedenfalls wäre es notwendig, ...
... immer auch mindestens einen zweiten Blick zu wagen und nicht nach der Herkunft zu urteilen, denn Anständige und weniger Anständige gebe es wohl überall.
Lisa Niedermair (BG Vöcklabruck, OÖ/ Englisch als erlernte Fremdsprache) brachte in ihrer Rede ein wohl umwerfendes Beispiel für den Vorteil von Zusammenarbeit. Aus den boomenden Escape-Räumen kommen die für die Dauer des Spiels eingesperrten Gruppen raus, in dem sei gemeinsam an der Entschlüsselung des Sperr-Codes arbeiten.
Antonia Gerhalter (Modeschule Hallein, Salzburg/ Englisch als erlernte Fremdsprache) hielt ein überzeugtes und überzeugendes Plädoyer für nachhaltigen Umgang mit Kleidung. Statt ständig Neues zu kaufen, das dann oft nur ...
... ganz selten getragen werden, beispielsweise Partys zu feiern, bei denen Gewand getauscht wird, oder Reparieren kleiner Fehler, Risse usw. und nicht zuletzt darauf achten, fair produzierte Kleidung zu kaufen.
Rajaa Assakka (NMS Schwaz, Tirol/Arabisch) sprach - ihr Deutsch Tirolerisch angehaucht - vor allem über das Recht auf Gleichheit: Egal woher wer kommt, welche Hautfarbe er oder sie hat, mit welcher Sprache, ob Frau und Mann ... am Ende sind wir doch alle Menschen, meinte die 16-Jährige, die erst vor zwei Jahren aus Syrien nach Tirol gekommen ist.
Andrea Krapf (Modeschule Hallein, Salzburg/ Englisch als erlernte Fremdsprache) sprach sich - wie an diesem Tag viele Teilnehmer_innen - ausgehend vom Bildimpuls für den zweiten Blick aus. Der erste Eindruck - in Sekundenbruchteilen ...
... - ist oftmals vorurteilsbehaftet. Eigentlich möchte kaum jemand, ständig beurteilt zu werden, andererseits urteilen fast alle ständig. Besonderes Fremde oder Fremdes wird dann allzu oft - aus Angst - abgewertet.
Valentina Steinlechner (Zillertaler Tourismusschulen, Tirol/ Englisch als erlernte Fremdsprache) nannte als wohl aktuellstes Beispiel für den Bau von Mauern statt Brücken den Brexit, mit dem Großbritannien die gemeinsame Europäische ...
.... Union verlassen möchte. Eine der Brücken, an der derzeit allerdings gebaut werde, ist nicht zuletzt die Bewegung der Fridyas For Future, mit der vor allem Kinder und Jugendliche Brücken in die Zukunft des Planeten bauen.
Esmanur Atak (NMS Telfs, Tirol/ Türkisch) verwies im Zusammenhang mit dem schon erwähnten Bildimpuls, der zu einem zweiten Hinschauen anregt, mehrfach auf die ...
.... Geschichte von Pocahontas und das berühmte Zitat: „Fremde Erde ist nur fremd, wenn der Fremde sie nicht kennt...“ Womit die nähere Beschäftigung mit dem Fremden obendrein dazu führt, etwas dazu zu lernen.
Ines Mille (BG Lustenau, Vorarlberg/ Französisch als Erstsprache) brachte die Tatsache auf den Punkt, dass wir zwar acht Milliarden Menschen sind, aber nur den einen Planeten haben und ...
... unser derzeitiges Agieren in eine Sackgasse führt. Greta Thunberg, die Fridays for Futre-Bewegung und wir alle können die Welt über Wasser halten, aber nur, wenn wir wollen.
Anastasija Jovičić (NMS 2 Schwaz, Tirol/ Serbisch) beschrieb, dass mit dem 6. September 2017 sie sich vor hohen Mauern sah. Damals war ihr erster Schultag in der neuen Heimat Österreich, vielmehr Tirol: neue Sprache, fremde Kultur. Aber ...
... sie habe den zweiten und viele weitere Blicke gewagt, damit Brücken zu anderen Menschen gefunden. Am Redebewerb nehme sie nicht eines möglichen Preises wegen teil, sondern, weil er ihr die Möglichkeit eröffne, ihre Gedanken anderen mitzuteilen.
Aischat Soparova (BG Kapfenberg, Steiermark/ Tschetschenisch) sprach zum Unterthema „Zukunft brauch Herkunft“ und bedauerte, dass sich viele Menschen wegen ihrer Herkunft schämen, das heißt ...
... weniger wegen der Herkunft, aber weil sie deswegen mit Vorurteilen konfrontiert werden. Dabei sollte die doch egal sein, es brauche Brücken zwischen allen Menschen.
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