Allen Unterdrückungen zum Trotz: „Wir dürfen alles wollen“

Eine Gruppe von Schauspielern steht auf einer Bühne unter einer Girlande aus Papierflaggen.
23 Jugendliche einer Wiener Musik- und Kunst-Klasse spielen Wedekinds Klassiker „Frühlings Erwachen“ als lebendige, flotte Show.

129 Jahre alt und doch - nicht in allen Details, aber im Kern -, so frisch – tragischerweise. Aus der Geschichte wenig bis nichts gelernt. Das ist Frank Wedekinds „Frühlings Erwachen“, das auch den Untertitel „Eine Kindertragödie“ trägt. Kein Wunder, dass dieses Stück über erwachende Gefühle und Bedürfnisse in der Pubertät, die vom herrschenden System bzw. erwachsenen Individuen unterdrückt werden, immer und immer wieder auf den Spieleplänen von (Jugend-)Theatern stehen. Im großen Haus des Theaters der Jugend inszeniert der Direktor himself das Stück (ab 26. März).

Eine junge Frau in Lederjacke posiert auf einer Bühne, während eine andere Person im Hintergrund sitzt.

Jugendliche spielen Jugendliche

Im Dschungel Wien spielt derzeit – bis 22. Februar 2020 - eine ganze 7. AHS-Klasse (BORG 1, Hegelgasse 12) das Stück mit schwungvollen Tanzeinlagen und Musik. Diese szenischen sowie chorische Elemente und die Streichung einiger dann doch aus der Zeit gefallen wirkender Passagen überträgt die rund 100-minütige insgesamt flotte, fast showartige Version – trotz großer Originaltexttreue - ins Hier und Heute. Trotz der Tragödie des Originals - zwei der Hauptfiguren werden in den Selbstmord getrieben – ist Wedekinds Text immer wieder von groteskem Humor durchzogen. Das von ihm 1891 fertiggeschriebene Werk, wurde wegen seiner „Skandalträchtigkeit“ erstmals 15 Jahre später – 1906 von Max Reinhardt inszeniert – und dabei sogar stark zensuriert. (Die erste Vollversion musste nochmals 18 Jahre auf die Erstaufführung warten.)

Ein Paar küsst sich vor einer Tafel mit einer Zeichnung und bunten Wimpeln.

Vielumjubelte Premiere

Im BORG für Musik und Kunst hat die 7. Klasse als großen Projekt die Aufgabe, ein Bühnenwerk zu erarbeiten. „Der Dschungel Wien hat uns angeboten, wenn wir Frühlings Erwachen machen, können wir das hier aufführen. Das war eine so tolle Möglichkeit, dass wir uns dafür entschieden haben, statt was anderes nur in der Schule zu machen“, erzählte eine Runde mehrerer der 23 Darsteller_innen dem Kinder-KURIER nach der viiiiel-umjubelten Premiere in diesem Theaterhaus für junges Publikum im Wiener MuseumsQuartier. Und weil es sich um eine beeindruckende Ensemble-Leistung handelt, drum sei hier auf die Erwähnung Einzelner verzichtet – alle – samt den Rollen, die sie verkörperten – finden sich unten im Info-Block.

Szene aus dem Theaterstück „Frühlings Erwachen“ mit mehreren jungen Schauspielerinnen.

Viel Gespür

Überrascht waren die meisten, die das Stück vorher nicht kannten, dass es trotz allen alten, für viele überholten Anscheins, wie aktuell so manches ist. In der frühen Probenphase kristallisierte sich heraus, wer in welche Rolle schlüpfen würde. Das ergab sich aus den eigenen ausgewählten vorgespielten Szenen, aus viel Gespür des jungen Regisseurs – der übrigens als Jugendlicher in einem Stück der Dschungel-Direktorin gespielt hatte – und der Klassenvorständin und gleichzeitig Chorleiterin.

Das führte auch dazu, „dass er die, die eine Kussszene haben, sanft herangeführt hat, dass wir das locker spielen konnten und es nie peinlich war. Außerdem haben wir das dann sicher 1000 Mal geprobt.“ So kämen die Betreffenden selbst beim mit Jugendlichen vollbesetzten großen Saal im Dschungel Wien nie in die Lage, dass es unangenehm oder komisch würde.

Ein junger Mann im roten Rollkragenpullover steht auf einer Bühne neben einer offenen roten Kiste.

Spannende Neuerungen

Das Leben genießen – trotz der Anklage an prügelnden Eltern, runtermachende Lehrkräfte – dieses Plädoyer Wedekinds wird lebendig und vielfältig von den 23 Jugendlichen gespielt, getanzt, gesungen – gekannte Hits und ein von einer Schülerin selbst kreierter Song. Und trotz der Tragödie, dass sich so manche von Strukturen und nicht-wertschätzenden Haltungen, die (nicht nur) Jugendliche unterdrücken in diesen 1 ¼ Jahrhunderten nicht geändert haben, strahlt die Truppe Optimismus aus. Nicht zuletzt im kräftigen, sehr lebensfrohen Schluss-Song: „Lust, Liebe, Leidenschaft ohne Zwänge… Wir dürfen alles wollen …“ Diese Jugendlichen lassen sich nicht bald klein kriegen!

Follow@kikuheinz

Eine junge Frau mit roter Kappe steht auf einer Bühne mit anderen Darstellern im Hintergrund.

Szene aus dem Theaterstück „Frühlings Erwachen“ mit mehreren Schauspielern.

Ein junger Mann singt bei einer Aufführung von „Frühlings Erwachen“ in ein Mikrofon.

Eine Gruppe junger Schauspieler auf einer Bühne während einer Aufführung von „Frühlings Erwachen“.

Szene aus dem Theaterstück „Frühlings Erwachen“ mit mehreren jungen Schauspielerinnen.

Eine junge Frau in Lederjacke posiert auf einer Bühne, während eine andere Person im Hintergrund sitzt.

Eine Szene aus dem Theaterstück „Frühlings Erwachen“.

Ein junger Mann im roten Rollkragenpullover steht auf einer Bühne neben einer offenen roten Kiste.

Eine junge Frau spricht auf einer Bühne, umgeben von anderen Darstellern.

Ein Paar küsst sich vor einer Tafel mit einer Zeichnung und bunten Wimpeln.

Szene aus dem Theaterstück „Frühlings Erwachen“.

Eine Gruppe von Schauspielerinnen auf einer Bühne während einer Aufführung.

Eine Gruppe von Schauspielern steht auf einer Bühne unter einer Girlande aus Papierflaggen.

Kommentare