7.000.000 Kinder weltweit eingesperrt
Mehr als sieben Millionen Kinder sitzen weltweit in einem Gefängnis. „Dies widerspricht der UN Kinderrechtskonvention, die den Freiheitsentzug bei Kindern nur als letztes Mittel zulässt, wenn alle Alternativen ausgeschöpft sind.“ Darauf wies das Ludwig-Boltzmann-Institut für Menschenrechte am 30. Geburtstag der Kinderrechtskonvention bei einer Pressekonferenz hin.
„Kinder haben ein grundsätzliches Recht auf persönliche Freiheit. Deshalb müssen Staaten Lösungen finden, die nicht mit Haft verbunden sind“, so Manfred Nowak. Er hatte eine Studie zu diesem Thema geleitet, „UN Global Study on Children Deprived of Liberty“ (in Zusammenarbeit mit UN-Hochkommissariat für Menschenrechte, UNICEF, UNODC und IOM, zahlreichen Universitäten sowie ca. 170 nichtstaatlichen Organisationen wie Human Rights Watch, DCI International, terre des hommes oder SOS Kinderdorf International).
Die Erhebungen bauen auf einem umfangreichen Fragebogen mit Rückmeldungen von 92 nationalstaatlichen Regierungen sowie einer qualitativen Befragung von 274 Kindern und Jugendlichen im Alter von 10 bis 24 Jahren auf.
Die wichtigsten Daten
Die Studie belegt, dass Kinder aus armen Verhältnissen und aus ethnischen, indigenen und religiösen Minderheiten, Kinder mit Behinderungen oder mit Migrationshintergrund, Buben sowie Kinder mit LGBTI-Hintergrund sowohl in Gefängnissen als auch in sonstigen Institutionen deutlich überrepräsentiert sind. Unzureichende Kinderschutzsysteme, mangelnde Unterstützung von Familien und Gemeinschaften, Kriminalisierung des Verhaltens von Jugendlichen, Diskriminierung und Korruption werden als wesentliche Faktoren, die zu Freiheitsentzug führen können, genannt.
* Mindestens 410.000 Kinder weltweit werden jedes Jahr in Straf-und Untersuchungshaftfestgehalten, zusätzlich sind rund eine Million Kinder jährlich in Polizeihaft. Viele werden wegen Delikten angeklagt, die bei Erwachsenen gar keine Straftaten wären, wie Fernbleiben vom Unterricht, Ungehorsam oder Alkoholkonsum.
* Obwohl internationale Vertragsüberwachungsorgane zu dem Schluss gekommen sind, dass die Inhaftierung von Kindern aus migrationsbedingten Gründen niemals dem Kindeswohl entsprechen kann, werden jedes Jahr mindestens 330.000 Kinder in 80 Staaten in Schubhaft genommen.
* Rund 670.000 Kinderwerden jährlich im behördlichen Auftrag in Einrichtungen untergebracht, von Heimen bis hin zu psychiatrischen Einrichtungen. Die Gesamtzahl der Kinder in Institutionen weltweit wird auf 5,4 Millionen geschätzt; Kinder mit Behinderungen sind dabei deutlich überrepräsentiert.
* Die Zahl der Kinder, die in Zusammenhang mit bewaffneten Konflikten und der nationalen Sicherheit inhaftiert sind, ist stark gestiegen, was auf verschärfte Maßnahmen zur Terrorismusbekämpfung zurückzuführen ist; dazu trägt auch die Verfolgung und Inhaftierung von Kindern für Online-Aktivitäten, einschließlich Beiträgen auf Facebook und Twitter, bei.
Selbst in Österreich: 10.000
Die Studie beinhaltet aber auch Vorschläge für Maßnahmen, die die Zahl von Kindern in Haft (deutlich) verringern soll. So sollen Staaten etwa die irreguläre Einreise von Kindern entkriminalisieren, die Inhaftierung von Kindern im Zusammenhang mit Asyl und Migration beenden und stattdessen freiheitserhaltende Lösungen anwenden. Außerdem wird gefordert, lieber familienähnliche Strukturen für Kinder, die nicht in ihren Familien aufwachsen können, zu schaffen.
Selbst in Österreich werden etwa 10.000 Kinder staatlich festgehalten und sind von Freiheitsentzug betroffen. Das ist eine Form struktureller Gewalt. Solche müssten Staaten aber nach der UN-Kinderrechtskonvention abschaffen.
„Ein Nationaler Aktionsplan für Kinderrechte (NAP) wäre in Österreich wünschenswert. Denn keines der Kinderrechte lässt sich isoliert Kinderrechte verwirklichen. Es braucht ein Zusammenspiel von Politik, Verwaltung, Einrichtungen, Forschung, Zivilgesellschaft und Medien“, so Kinderrechtsexperte Helmut Sax vom Ludwig Boltzmann Institut für Menschenrechte.
Kommentare