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Rotes Roulette und schwarz-blaue Einigkeit
Guten Morgen!
Es ist mittlerweile schwierig, den Überblick zu behalten. Begonnen hatte es mit dem Wunsch nach einer Mitgliederbefragung, um das ewige Duell um die Führungsspitze in der SPÖ zwischen der Vorsitzenden Pamela Rendi-Wagner und dem burgenländischen Landeshauptmann Hans Peter Doskozil endlich zu entscheiden. Die Rahmenbedingungen dazu wurden aber diese Woche in einer Präsidiumssitzung so weitläufig gesetzt, dass sich diese parteiinterne Mission zu einem Tohuwabohu auswächst. Zuerst meldete sich der Wiener Sozialdemokrat Niki Kowall als dritter Kandidat für die Mitgliederbefragung, dann gaben gleich mehrere unbekannte SPÖ-Mitglieder ihre Kandidatur ab und zum Schluss ist jetzt auch noch Traiskirchens Bürgermeister und Parteirebell Andreas Babler mit dabei. Niki Kowall hat daraufhin seine Kandidatur zurückgezogen, weitere große Namen sind bis am Freitag Abend nicht mehr dazugekommen, obwohl den ganz Tag über in den Sozialen Netzwerken Gerüchte gestreut worden sind.
Am selben Tag wurde auch noch kolportiert, dass Ex-Kanzler Christian Kern spätestens am Sonderparteitag Anfang Juni, wo dann die Personalfrage gemäß dem Ergebnis der Mitgliederbefragung per Abstimmung fixiert werden soll. Der KURIER hat ihn telefonisch in Spanien erreicht, wobei er sich dazu nicht äußern wollte. Das machte Wiens mächtiger Bürgermeister Michael Ludwig, der nichts von einer Kern-Kandidatur hält. Sein Machtwort wird allerdings auch am Montag notwendig sein, wenn sich das Präsidium erneut trifft. Da sollen die Regeln für die Mitgliederbefragung weiter verfeinert werden. Zuerst wird man aber klären müssen, wie viele Mitgliederinnen und Mitglieder die Partei überhaupt hat. Insgesamt wird mit rund 140.000 gerechnet, genau weiß es derzeit niemand. Vor allem, weil sich jene Kräfte im vorwöchigen Präsidium durchgesetzt haben, die den Stichtag für die Mitgliedschaft auf den 24. März verlegt haben. Das Ergebnis: In den vergangenen Tagen haben Hunderte Menschen einen Antrag unterschrieben, um mit dabei zu sein. Darunter der Schriftsteller Robert Menasse oder der Berater Rudi Fußi. Da liegt viel Stoff für mögliche Anfechtungen nach der Veröffentlichung des Ergebnisses.
Ein Tipp dazu: Wer wissen will, wie Ex-Innenminister Karl Schlögl über die Vorgänge in der SPÖ denkt, der sollte sich am Sonntag den KURIER kaufen.
Schwierige Tage hatte diese Woche auch Niederösterreichs Landeshauptfrau Johanna Mikl-Leitner. Zuerst ging es darum, ob sie angesichts der umstrittenen schwarz-blauen Koalition die Wahl zur Landeshauptfrau übersteht. Und dann gab es noch den Gang in die Hofburg zur Angelobung. Die Wahl ging glatt über die Bühne, auch wenn sie nur 24 von 56 Stimmen erhalten hat. Aber das war die Mehrheit angesichts der Stimmenthaltungen der FPÖ-Mandatare. Sogar um eine Stimme mehr als erwartet, da die ÖVP nur noch 23 Abgeordnete im Landtag hat. Genauso problemlos dann die Wahl von Landeshauptfrau-Stellvertreter Udo Landbauer (FPÖ). Auch da war es eine Stimme mehr als erwartet. Angenommen wird, dass diese Stimme einer Vertreterin oder einem Vertreter der SPÖ zuzuschreiben ist, obwohl deren Klubobmann Hannes Weninger ausgegeben hatte, weder Mikl-Leitner noch Landbauer zu wählen.
Die Angelobung bei Bundespräsident Alexander Van der Bellen war für Johanna Mikl-Leitner am Tag danach ein Canossagang. Persönlich sprach ihr der Bundespräsident zwar Respekt aus, für die Koalition mit der FPÖ hatte er jedoch wenig schmeichelhafte Worte. Die Landeshauptfrau dürfte damit schon gerechnet haben, denn bei den Interviews danach gab sie sich sehr zahm und zurückhaltend. Was sie sich allerdings tatsächlich gedacht hat, das wird wohl immer ihr Geheimnis bleiben.
Ich wünsche Ihnen ein schönes Wochenende, auch wenn das Wetter diesmal wohl nicht mitspielen wird
Ihr Martin Gebhart
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