Wie gesund sind Salate wirklich für unseren Körper

Für die ganz großen Salatliebhaber: Salat aus Spinat, Rucola, Samen, Sprossen und Avocado zum Frühstück
Die Ernährungswissenschaftlerin Viktoria Scherrer klärt über die wahren Eigenschaften von Salat auf

KURIER: Wissen Sie, wie viele Salatsorten wir aktuell im Handel finden?

Viktoria Scherrer: Ich vermute, dass die meist konsumierten Sorten in Österreich der Eisbergsalat und der grüne Salat sind. Aber auch weitere Sorten sind durchaus gängig, z.B. Vogerlsalat (Feldsalat), Eichblatt rot und grün, Batavia, Rucola, Radicchio, Chinakohl, Endiviensalat, Chicorée oder auch Babyspinat.
Seltener aber mittlerweile auch durchaus erhältlich sind diverse Asia-Salate oder Pak Choi. Vorwiegend im Bio-Laden findet man z.B. Zuckerhut, Römer-Salat, spezielle alte Sorten wie Forellenschluss oder andere Blattgemüse wie Portulak. Gewisse spezielle Sorten sind regional häufig anzutreffen, wie z.B.
Grazer Krauthäuptel. Also im klassischen Supermarkt schätze ich 10-15 Sorten, inkl. Spezialhandel etwas über 20, im engagierten Gemüseanbau noch mehr.

Warum waren es bis 1930 rund 200 verschiedene Salatsorten und heute nur mehr ein Bruchteil davon?

Scherrer: Früher hatte -vor allem im ländlichen Raum- beinahe jeder einen eigenen Gemüsegarten zur Selbstversorgung. Dort wurden meist lokal angepasste, traditionelle Sorten angebaut. Damals kaufte man keine Gemüsesamen im Geschäft sondern zog diese selber. Mit der Industrialisierung der Landwirtschaft kam es, wie bei so vielen Pflanzensorten, zu einer Konzentration auf die absatzstärksten zum Teil robusteren, lagerfähigeren, ertragreichen Sorten. Das heißt, einerseits kaufen die Menschen ihr Gemüse hauptsächlich und auch die Pflanzensamen, so gingen etliche Sorten verloren. Wer Lust auf mehr Vielfalt hat, wird zum Beispiel gut beraten bei der Arche Noah in Schiltern. Diese Gesellschaft setzt sich für die Erhaltung der Kulturpflanzenvielfalt ein, bietet unterschiedlichste Samen und auch Kurse an

 

Wie gesund sind Salate wirklich für unseren Körper

Viktoria Scherrer ist Ernährungswissenschafterin bei nut.s- nutritional software mit Schwerpunkt Nährwertberechnung (www.nutritional-software.at), langjähriges Mitglied im Vorstand des VEÖ (Verband der Ernährungswissenschaft)

Mein Motto: „Rechnen ist gut, Genuss ist besser – Essen mit Bauchgefühl und Hausverstand“

von Viktoria Scherrer

Ernährungswissenschaftlerin

Wie gesund sind Salate wirklich für unseren Körper

Blattspinat verträgt sich wunderbar mit Vogerlsalat, Zwiebel und einem Senfdressing mit geräuchertem Lachs in der Salatschüssel

Welcher Salat hat die meisten Vitamine und Mineralien?

Scherrer: Fast alle Blatt-Salatsorten sind gute Lieferanten von Folsäure. Kein Wunder kommt der Name doch auch vom lateinischen Wort für Blatt. Zudem liefern die meisten Salate auch eine nennenswerte Menge an Vitamin C und verschiedenste sekundäre Pflanzeninhaltsstoffe. Auch zur Versorgung mit Spurenelementen wie Kalium oder Calcium kann Salat beitragen.

In der Regel ist es die Vielfalt, die eine gesunde Ernährung ausmacht. Die verschiedenen Sorten ergänzen einander gut, jede hat ihre Vorzüge. So enthält z.B. Chicorée verhältnismäßig viel Carotin, Feldsalat liefert Vitamin B6 und Jod, Rucola hingegen Calcium und Eisen.

Will man unbedingt eine Sorte hervorheben, wäre das ein Blattgemüse, das sich in den letzten Jahren auch immer mehr als Salt durchsetzt und zwar der Baby-Blattspinat. Dieser liefert nennenswerte Mengen an vielen verschiedenen Vitaminen, Mineralstoffen und Spurenelementen.

Ist der Mythos wahr, dass dunkelgrüner Salat wie Rucola mehr Vitamine enthält als beispielsweise sein heller Verwandter, der Eisbergsalat?

Scherrer: Sieht man sich das Nährstoffranking der beiden Sorten an, muss man gestehen, dass Rucola in vielen Kategorien durchaus überdurchschnittlich gut abschneidet, bei Folsäure oder auch dem Carotin -Gehalt muss er sich allerdings dem Eisbergsalat geschlagen geben.

Ich vermute der Ruf des Eisbergsalates hat ein wenig darunter gelitten, dass er vielfach in Hochleistungsproduktionsqualität angeboten wird: optisch einwandfrei, allerdings relativ geschmacklos und verwässert. Die Nährwertgehalte sind nicht nur von der Sorte abhängig sondern unter anderem auch von der Anbauart. Natürlich und langsamer gewachsenes Gemüse hat in der Regel einen höheren Trockensubstanzgehalt und dadurch mehr wertvolle Inhaltsstoffe.

 

Wie gesund sind Salate wirklich für unseren Körper

Eine sehr beliebte und leckere Eiweißquelle zum Blattsalat: Quinoa. Dazu etwas Beete und Babyspinat

Welche „Schadstoffe“ kann Salat enthalten und woher kommen diese?

Die häufigsten negativen Stoffe im Salat sind folgende drei:

1. Nitrat/Nitrit
Ein häufiges Thema bei Salaten ist die Nitratbelastung. Nitrat kommt natürlicherweise im Boden vor, wird aber auch in Form von Dünger eingebracht. Es gibt diesbezüglich regelmäßige Schwerpunktkontrollen der Ages. 2018 wurden 88 Proben von Salat und Spinat genommen, von denen 8 beanstandet wurden. Zu hohe Werte werden vor allem vor im Frühling und Herbst festgestellt. Da Nitrat empfindlich ist gegenüber Licht und hohen Temperaturen, sind die Werte im Sommer meist unterhalb der Beanstandungsgrenze. Aus diesem Grund enthalten auch Gemüse aus Freilandabbau weniger Nitrat als Glashaus- oder Folienkulturen, die weniger der Sonne ausgesetzt sind. Nachdem in der Bio-Landwirtschaft keine chemisch-synthetischen Stickstoffdünger eingesetzt werden, ist auch in Bio-Salaten deutlich weniger Nitrat zu finden. Nitrat an sich ist nicht gesundheitsschädlich, es wird allerdings (einerseits bei der Lagerung, andererseits auch im Körper) zu Nitrit umgewandelt. Dieses kann den Sauerstofftransport im Blut blockieren und so schlimmstenfalls zu einer inneren Erstickung führen. Wärme fördert die Umwandlung von Nitrat in Nitrit, daher sollten nitratreiche Lebensmittel nur kurz und kühl gelagert werden. Bezügliche Nitrat-Belastung gilt also: idealerweise auf Bio-Boden in der Sonne gewachsen, kühl und kurz gelagert bzw. frisch verzehrt.

2. Keimbelastungen
Es gibt auch immer wieder Beanstandungen von abgepackten Salaten. Der VKI hat erst Anfang dieses Jahres diesbezüglich besorgniserregende Testergebnisse veröffentlicht. Im Milieu der Packung können sich Keime schnell vermehren und gesundheitlich bedenklich werden. Neben Hefen und Schimmelpilzen können das auch z.B. Listerien oder auch Toxoplasmose-Erreger sein, die besonders für Schwangere oder immunschwache Personen gefährlich sind. Frische, unverpackte Salate sind hier definitiv zu bevorzugen.

3. Pestizide
Auch was die Pestizid-Belastung betrifft, gibt es immer wieder Überschreitungen der erlaubten Höchstwerte. Wer auf Nummer sicher gehen will, greift zu Salat aus biologischem Anbau. Hier werden keine Pestizide eingesetzt.

Wie gesund ist Salat wirklich?

Scherrer: Salat bereichert jede Ernährung. Gerade in Zeiten und Gegenden, in denen mehr als 40% der Bevölkerung übergewichtig sind, besticht der Salat hauptsächlich durch das, was er kaum liefert: die Kalorien. Wer Salat isst, isst in der Regel kleinere Portionen der anderen Speisen und alleine das ist für viele schon gesund. Zugegebenermaßen gibt es größere Vitamin- oder Mineralstoff- oder auch Ballaststofflieferanten, aber Blattsalat eignet sich wunderbar als Basis für diese. Weiteres Gemüse wie Karotten, Gurken, rote Rüben etc. kann ebenso damit kombiniert werden wie hochwertige Eiweißlieferanten (z.B. hartgekochte Eier, ein kleines Stück Fleisch oder Tofu). Auch Nüsse, Sprossen oder frische Kräuter können einen Salat zusätzlich aufwerten. Und nicht zu vergessen, Salat ist auch ein wichtiges Trägermaterial für wertvolle Öle, die essentielle Fettsäuren liefern. Dazu noch ein Stück Vollkorngebäck und man hat eine komplette, ausgewogene Mahlzeit. Allerdings gilt auch der Umkehrschluss. Wer Salat mit fettigen, hochkalorischen Soßen zukleistert, beraubt ihn damit einer seiner wertvollsten Eigenschaften.

Was ist Ihre ganz persönliche Lieblings-Salatsorte?

Scherrer: Ich liebe die Abwechslung und alles was gerade frisch wächst. Kulinarisch halte ich gerne meine Kindheitserinnerungen gerne hoch. Im Winter liebe ich Endiviensalat mit Kartoffeln oder Chinakohl mit Mandarinen und Walnüssen. Im Sommer gibt’s kaum etwas Besseres als eine bunte Schüssel gemischten Blattsalat mit allem, was der Garten gerade zu bieten hat. Obendrauf ein hartgekochtes Ei und ein Butterbrot mit Schnittlauch dazu.
Ich probiere aber auch gerne einmal etwas Neues. Erst vor wenigen Jahren habe ich zum ersten Mal Portulak gekostet und war begeistert.
Großen Wert lege ich auch auf die Marinade. Hier macht es wirklich Sinn, in die Qualität von Essig und Öl zu investieren, dann schmeckt alles gleich doppelt so gut.

 

Wie gesund sind Salate wirklich für unseren Körper

Unter den Salaten hat Portulak den 1. Stockerlplatz als Magnesium-Lieferant inne

Gibt es ein „Zuviel“ beim Salat-Essen?

Scherrer: Bei Gesunden gibt kaum ein Zuviel bei Salat, es gib aber definitiv ein „Zuwenig“ an anderem. Gerade bei Abnehmwilligen und Figurbewussten steht Salat oft hoch im Kurs. Aber Salat allein ist eindeutig zu wenig, um sich ausreichend und gesund zu ernähren – auch nicht bzw. besonders nicht, wenn man abnehmen will. Der Körper benötigt auch ausreichend Eiweiß und Kohlenhydrate, die in Salat kaum enthalten sind und auch bei vielen Vitaminen und Mineralstoffen sind zusätzliche Quellen gefragt.

 

Eine Übersicht der Nährwerte der gängigsten Salatsorten:

Angaben sind in Prozent der Empfehlung pro 100 Gramm Salat. Eine übliche Portionsgröße sind 50-70 Gramm der jeweiligen Salatsorte oder -mischung

Wie gesund sind Salate wirklich für unseren Körper

Mit einer Portion Babyspinat kann man etwa ein Viertel des Tagesbedarfs an Folsäure abdecken

Wie gesund sind Salate wirklich für unseren Körper

Auch mit Feldsalat (oder auch Vogerlsalat) kann man ein Viertel seines täglichen Folsäure-Bedarfs erreichen

Wie gesund sind Salate wirklich für unseren Körper

Mit einer Portion Rucola kann man ein Drittel des Tagesbedarfs an Vitamin C abdecken.Eine Portion Portulak deckt circa. ein Viertel des Tagesbedarfs an Magnesium

Quelle: nut.s science, v1.32.69; Wien, 2019 ; www.nutritional-software.at  Närwertdaten basierend auf: Bundeslebensmittelschlüssel (BLS) , Version 3.1, Max-Rubner-Institut (Hrsg.). Karlsruhe

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