Stärke oder Schwäche? Warum sich Teenager zurückziehen

Stärke oder Schwäche? Warum sich Teenager zurückziehen
Jugendliche wollen nicht einsam, aber zeitweise alleine sein, zeigt eine US-Studie. Sie nützen die Ruhe zum Reifen.

Jugendliche, die freiwillig viel Zeit alleine verbringen, wissen möglicherweise, was am besten für sie ist. Einsamkeit muss kein Zeichen für Isolation oder Depression sein, zeigt eine aktuelle Studie. Entscheidend sei die Wahl, sagen Forscher der Universität von Californien, Santa Cruz und des Wilmington College: Wenn Heranwachsende zum Alleinsein gezwungen werden - sei es als Bestrafung oder als Folge sozialer Angstzustände -, kann das freilich problematisch sein. Gewählte Einsamkeit dagegen trägt zum Reifung und zur Selbstakzeptanz bei.

Schlechtes Image für Einzelgänger

"Einzelgänger haben ein schlechtes Image", sagt Margarita Azmitia, Professorin für Psychologie an der UC Santa Cruz und Studien-Mitautorin im Journal of Adolescence. "Manchmal ist Einsamkeit gut. Das Lernen, allein zu sein, ist eine Fähigkeit, die erfrischend und erholsam sein kann." Die meisten früheren Studien verwechselten Alleinesein mit Einsamkeit oder Schüchternheit. Dabei sei es durchaus vorteilhaft zu wissen, wann man alleine sein muss und wann man mit anderen zusammen sein muss.

Spirituelle Erneuerung

Wenn sich Teenager dafür entscheiden, Zeit alleine zu verbringen, kann die Zurückgezogenheit die Möglichkeit zur Selbstreflexion, zum kreativen Ausdruck oder zur spirituellen Erneuerung bieten. Es kann jedoch eine Herausforderung sein, wenn es ihnen aufgezwungen wird - wenn sie sich aus sozialem Engagement zurückziehen, weil ihnen Freunde fehlen, sich unbeholfen fühlen, soziale Angstzustände erleben oder bestraft werden.

Unterschiedliche Motivation und Gefahren

Die Forscher sahen sich daher die unterschiedlichen Motivationen der Jugendlichen genau an. "Wir haben klare Ergebnisse erhalten, die ziemlich verlässliche Indikatoren für anpassungsfähige versus maladaptive Einsamkeit sind", heißt es in der Studie. Diejenigen, die Einsamkeit suchen, weil sie sich abgelehnt fühlen oder sich in die Isolation zurückziehen möchten, sind einem höheren Risiko sozialer Angst, Einsamkeit und Depression ausgesetzt und neigen dazu, ein geringeres Maß an Identitätsentwicklung, Autonomie und positiven Beziehungen zu haben. Wer dagegen aus positiven Gründen allein sein will, wie zum Beispiel Selbstreflexion oder den Wunsch nach Ruhe, ist keinem dieser Risiken ausgesetzt.

Lernprozess in schnelllebiger Zeit

Gerade in der heutigen, schnelllebigen, geräteorientierten Kultur, die darauf Wert legt, rund um die Uhr mit Freunden und Kollegen in Verbindung zu stehen, haben junge Leute wenig Übung, zu lernen, wie sie ihre Zeit alleine produktiv gestalten können. Das sollte sich nach Meinung der Forscher ändern. Sie schließen: "Unsere Ergebnisse erhöhen unser Bewusstsein, dass Alleinsein etwas Positives und Positives sein kann."

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