Wird "Social Egg Freezing" in Österreich erlaubt?

Eine Frau hält einen Wecker in der Hand.
Eine Verhandlung vor dem Verfassungsgerichtshof könnte das Verbot, Eizellen ohne medizinischen Grund einfrieren zu lassen, kippen. Frauen könnten dann konservierte Eizellen in späteren Jahren nutzen.

Eizellen in jungen Jahren einfrieren lassen und sie später bei Kinderwunsch  künstlich befruchten und einsetzen lassen – dieser Vorgang, das „Social Egg Freezing“ ist in Österreich nach dem Fortpflanzungsmedizingesetz verboten. Nur in medizinischen Ausnahmen, etwa einer keimzellschädigenden Chemotherapie, ist es erlaubt. 

Eine Frau aus Wien hält das Verbot für verfassungswidrig und hat beim Verfassungsgerichtshof (VfGH) den Antrag gestellt, das Gesetz aufzuheben. Die Verhandlung findet heute, Freitag, statt. Die Frau ist gesund, hat derzeit keinen Kinderwunsch, plant aber, zu einem späteren Zeitpunkt Kinder zu bekommen, heißt es im Antrag. Noch sei nicht absehbar, wann, weshalb sie Eizellen einfrieren lassen möchte. 

Lisa Maria Ladner ist diesen Weg bereits gegangen. Die 33-jährige Tirolerin reiste vergangenen Sommer nach Deutschland, wo Social Egg Freezing, wie in vielen anderen EU-Ländern, erlaubt ist. „Ich habe mich mit 32 zum ersten Mal ernsthaft mit meiner Fruchtbarkeit beschäftigt und festgestellt, dass eine Frau mit 35 bereits 90 Prozent ihrer Eizellreserve verloren hat. Das war für mich ein Weckruf“, erzählt Ladner. 

Verbot macht Entscheidung schwieriger

Die Entscheidung, Eizellen einfrieren zu lassen, sei nicht einfach gewesen. Dass das Verfahren in Österreich nicht erlaubt ist, habe die Entscheidung dafür noch einmal schwieriger gemacht. „Ich habe es aber trotzdem für mich beschlossen, um Druck rauszunehmen und nachts ruhiger zu schlafen“, sagt Ladner. Es sei eine Möglichkeit für mehr Selbstbestimmung und Flexibilität, wenn ein Kinderwunsch da ist, aber nicht jetzt sofort. Wie bei der Mehrheit der Frauen, die sich für das Einfrieren von Eizellen ohne medizinischen Grund entscheiden, hatte Ladner keinen passenden Partner. Ihr Umfeld reagierte zunächst wenig unterstützend. „Die ersten Reaktionen waren, ,Such dir doch einen Freund’ oder ,Warum akzeptierst du nicht, dass es vielleicht nicht klappt’. Ich habe erst nach dem Eingriff wieder darüber gesprochen, um mich nicht zusätzlich zu belasten“, so Ladner.

Insgesamt fünfmal reiste sie in eine deutsche Klinik. Zu den Reisekosten kamen noch rund 4.000 Euro für einen Entnahmezyklus, der bei Ladner ausreichte. Im Schnitt sind zwei bis drei Zyklen notwendig, je nachdem, wie viele Eizellen entnommen werden können. „Ich habe damit gerechnet, bis zu 12.000 Euro auszugeben – man weiß vor dem Eingriff leider nicht, wie gut die Hormonstimulation anschlägt. Ich habe es keinen Moment bereut“, sagt Ladner. Für die Lagerung kommen jährlich bis zu 400 Euro hinzu. 

Schwere Nebenwirkungen treten selten auf

Nebenwirkungen sind selten, Ladner berichtet von Stimmungsschwankungen im Anschluss an die Hormonbehandlung. Die Hormonstimulation, die bewirkt, dass möglichst viele Eizellen heranreifen, bevor sie unter Kurznarkose entnommen werden, birgt gewisse Risiken. „Es kann beispielsweise zu einer Überstimulation kommen, häufiger sind aber leichte Nebenwirkungen wie Kopfschmerzen und Übelkeit. Die Eizellpunktion kann z. B. Blutungen und Unterbauchschmerzen nach sich ziehen. Insgesamt ist das Risiko aber gering“, sagt Christian Egarter, ehemaliger Leiter der Klinischen Abteilung für Gynäkologische Endokrinologie und Reproduktionsmedizin an der MedUni Wien und Mitglied der Bioethikkommission

Egarter spricht sich für das Social Egg Freezing aus. „Man weiß, dass das Alter bei Geburten  ansteigt, die meisten Frauen bekommen heute ihr erstes Kind zwischen 30 und 35 Jahren. Davor fehlt vielleicht der Partner, viele sind in Ausbildung, wollen vielleicht Karriere machen – und dann sind sie in einem Alter, wo Schwangerschaftsraten abnehmen. Die Erfolgsaussichten, eine in jüngeren Jahren punktierte Eizelle später einzusetzen und ein Kind zu bekommen, sind gut“, erklärt Egarter. 

Je jünger die Frau bei der Eizellentnahme ist, desto besser

Voraussetzung für eine hohe Erfolgswahrscheinlichkeit sei allerdings, dass die Eizellen vor dem 35. Lebensjahr entnommen werden. „Viele Frauen beginnen allerdings erst ab 35 Jahren sich mit ihrem Kinderwunsch auseinanderzusetzen. Zudem sind Schwangerschaften ab einem Alter von 35 Jahren mit mehr Risiken behaftet, die weiter ansteigen, je älter die Frau wird, etwa ein höheres Risiko für Fehl- und Frühgeburten“, betont Egarter. 

Laut Studien greifen nur etwa drei bis 12 Prozent der Frauen auf eingefrorene Eizellen zurück. Einige Frauen haben auch später keinen passenden Partner oder es klappt auf natürlichem Weg oder durch andere medizinische Maßnahmen, sodass die Eizellen nicht genutzt werden. Weiteres Studienergebnis: 16 Prozent bereuen den Eingriff sehr bis moderat. Die Gründe: Sie wurden schlecht über die Erfolgsraten informiert, die Zahl der gewonnenen Eizellen war niedrig oder sie fühlten sich emotional nicht gut betreut. Dennoch: 89 Prozent der Frauen sagen, sie sind glücklich, Eizellen eingefroren zu haben, auch wenn sie diese nie nutzen sollten. 88 Prozent berichten von mehr Kontrolle über ihre Familienplanung. 

Lisa Maria Ladner möchte nach ihrer eigenen Erfahrung andere Frauen unterstützen. „Das war der Grund, warum ich Fyrce Care (fyrcecare.com)mitgegründet habe. Wir versuchen, Frauen rund um das Einfrieren von Eizellen zu  begleiten, damit sie bestmöglich eine Entscheidung treffen können.“ Beraten wird etwa dazu, wie die Qualität der Eizellen  verbessert werden kann und wie die Erfolgsaussichten je nach Alter sind.   Sollte sie ihre Eizellen später doch nicht brauchen, möchte Ladner sie Paaren spenden, die welche benötigen – das ist in Österreich eingeschränkt möglich, aber erlaubt.

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