Mysteriöse Fälle von Babys ohne Arme und Hände: Eltern verlangen Antworten

Mother caressing her newborn sleeping baby
Erstmals trafen Eltern, Ärzte und Interessengruppen zusammen, um die auffällige Häufung von Fehlbildungen in Frankreich zu diskutieren.

Dutzende Säuglinge wurden in den vergangenen 15 Jahren in Frankreich ohne Arme und Hände geboren und immer wieder werden neue Fälle gemeldet. Die Häufung sei „übermäßig“, wie französische Behörden zugaben. Und sie löste im ganzen Land Gesundheitsängste aus. Denn: Eine Erklärung dafür, warum so viele Kinder ohne die Gliedmaßen auf die Welt kamen, gibt es bis heute nicht.

Eltern, Ärzte und Interessengruppen trafen am Wochenende nun erstmals in Paris zusammen, um die mysteriöse Häufung zu diskutieren. Sie tritt vor allem in ländlichen Regionen des Mittelmeerraums auf. Ein Gremium von Wissenschaftlern wurde eingesetzt, um zu ermitteln, was hinter den Fehlbildungen steckt – dieses wird sich Anfang März treffen.

Alle Fälle in ländlichen Regionen

Bekannt wurde die Häufung vergangenen September. Der französische Fernsehsender France 2 Television berichtete über eine hohe Zahl fehlender Gliedmaßen bei Babys in der östlichen Region Rhônes-Alpes in den Jahren 2009 bis 2017. Nach diesen Fällen wurden weitere aufgedeckt – alle in ländlichen Regionen. Den Kindern fehlt jeweils entweder ein Arm oder eine Hand.

Zu den Ursachen gibt es bisher keine Antwort. Klar ist nur, dass es sich nicht um erbliche Schäden handelt. Keine der Mütter hatte Komplikationen in der Schwangerschaft. Die einzige Gemeinsamkeit ist, dass alle Mütter, deren Kinder von einer solchen Fehlbildung betroffen sind, während der Zeit, in der sich die Gliedmaßen im Mutterleib ausbilden, in der Nähe von Feldern gewohnt haben.

Dennoch konnte bisher nicht identifiziert werden, ob diese Gemeinsamkeit eine Rolle spielt beziehungsweise was die höhere Fehlbildungsrate ausgelöst haben könnte. Die Daten zu den betroffenen Kindern werden in einem Bericht des öffentlichen Gesundheitswesens gesammelt, genannt Remera.

Dieser wurde gegründet, als es in den 1960er und 1970er Jahren ebenfalls zu einem Anstieg von Babys mit Fehlbildungen kam. Damals konnte ein Zusammenhang mit einem bestimmten Medikament hergestellt werden. Zwischen 1958 und 1961 wurde schwangeren Frauen das Mittel Thalidomid zur Behandlung von Morgenübelkeit verabreicht. Nach einem langen Kampf erhielten die betroffenen Familien eine Entschädigung in Millionenhöhe.

"Wissenschaftliche und moralische Verpflichtung"

Seither werden Fehlbildungen bei Kindern in Frankreich gesondert erhoben. Die Leiterin des Berichts, Emmanuelle Amar, sagte zu den aktuell diskutierten Häufungen: „Wir haben definitiv eine Vielzahl von Fällen. Wir haben die wissenschaftliche und moralische Verpflichtung, dem nachzugehen.“

Die Mütter der Betroffenen wurden mittlerweile zu verschiedenen Einflussmöglichkeiten, etwa ihren Essgewohnheiten, befragt, sowie auf zahlreiche Substanzen getestet, denen sie während der Schwangerschaft ausgesetzt gewesen sein könnten. Darunter auch Drogen und übermäßiger Alkoholkonsum. Auch die Großeltern der Kinder wurden befragt, die Orte, an denen sie geboren wurden, besucht. Manche Ärzte verwiesen auf Pestizide, andere glauben, dass die Defekte genetisch sein könnten. Eine Erklärung konnte jedoch nicht gefunden werden.

Dass die Häufung der Fehlbildungen zufällig ist, wird als „unendlich klein“ eingeschätzt. Dennoch bestünde diese Möglichkeit. Der Gipfel am Wochenende gibt Betroffenen Hoffnung, dass eines Tages vielleicht eine Ursache gefunden wird und weitere Fälle eventuell verhindert werden könnten. Der nächste Schritt ist nun das Gremium aus Wissenschaftlern, das Anfang nächsten Monats seine Arbeit aufnimmt.

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