Fitnessstudie für Senioren: KURIER-Redakteur im Selbsttest
Zwei, drei, vier, fünf. Es sind diese ständigen Wiederholungen an der eher unlustigen Rücken-Muskelkater-Beschleunigungsmaschine, die körperlich und geistig einiges an Substanz kosten. Sich selbst betrügen ist übrigens keine Option. Billy, dem sehr wachsamen Sportwissenschaftler, entgeht wenig bis nichts.
Der Weg ins Alter ist auch von Kränkungen gepflastert. Drei intensive Wochen lang soll an meinem 53 Jahre alten Körper überprüft werden, ob eine hohe Dosis Vitamin D die Effekte des Krafttrainings verstärken können.
KURIER-Redakteur als Versuchskaninchen
Weniger Mohnkuchen ...
Ich bin eine Art Probeproband für Bernhard Franzke (den alle Billy nennen) und seine Kollegenschaft vom Department für Ernährungswissenschaft der Universität Wien. Das Forscherteam konnte im Vorjahr – dank unserer Berichterstattung – rund 500 ältere KURIER-Leser testen, um herauszufinden, ob und was die Kombination Krafttraining plus Proteinzufuhr bewirkt.
Jetzt Vitamin D!
Mein Vitamin-D-Spiegel war bei der ersten Testung Mitte Jänner wenig überraschend im Keller. Durch die dicke Wiener Winternebeldecke und die Dächer der Wohn- und Bürohäuser dringen nun mal keine Sonnenstrahlen auf die Haut.
Sechs, sieben, acht. Mir ist sooo schlecht! Und das liegt gewiss nicht an der Vitamintablette. Aber vielleicht hätt’ ich, meint der fachkundige Begleiter mit einem milden Lächeln, den Mohnkuchen vor dem ersten Training nicht essen sollen.
Auch meine Bauchmuskeln bekommen ihr Fett ab. Mich erinnert Billy an meinen Bankberater. Der heißt Schleifer. Nach dem ersten Training schleiche ich mit einem veritablen Muskelkater aus der Muskelklinik vulgo dem Fitnesscenter.
Schon beim sportmedizinischen Test auf der Schmelz gab es erste Watschen fürs Seelenwohl: Zunächst fand der erfahrene Sportarzt bei mir keine Vene, um Blut abzuzapfen, was er damit erklärt hat, dass er sonst nur mit Athleten zu tun hat, bei denen das Blut nur so aus ihren trainierten Körpern sprießt. Dann wurde ich informiert, dass kräftigere Muskeln für Menschen wie mich in jedem Fall anzustreben sind. Weil sie die beste Prophylaxe gegen Sturz und Fall bzw. gegen Osteoporose sind. 50 ist das neue 30? Was für ein Hohn!
Acht Übungen mit jeweils 15 Wiederholungen sind bei einer rund einstündigen Trainingseinheit hinter sich zu bringen. Es gibt Übungen, die dem Probanden leichter fallen, und Übungen, die einem nicht von der Hand bzw. vom Arm gehen wollen. Weil er für diese Extremitäten mit Ausnahme der Computerbedienung keine Verwendung hat.
..., dafür mehr Vitamin D
Ein Etappenerfolg: Die eher unlustige Rückenmuskelkater-Beschleunigungsmaschine verliert in der zweiten Woche an Wirkung. Was dem Billy nicht verborgen bleibt. Mit einem Lächeln erhöht er den Widerstand und verordnet mehr Wiederholungen. Sein gelassen ausgesprochenes Credo: „Von nix kommt nix.“
Zweiter Etappenerfolg: Auch wenn der Blick in den Spiegel etwas anderes verrät, und auch der Tritt auf die Waage vor jeglichem Übermut bewahrt, irgendwie hat man am Tag nach jedem weiteren Krafttraining das erhebende Gefühl, etwas gestählter, aufrechter in die Welt hinauszutreten. Als Homo ludens wird jedoch kein Fitness-Fan mehr aus mir. Billy fallen auch immer wieder neue Finten ein, um meine Muskeln bei Laune zu halten.
Vor der Testung am Ende bittet der Versuchsleiter höflich: „Mach’ mir keine Schande.“ Was ich mir zu Herzen nehme: Beim 30-Sekunden-Aufstehtest gelingen gleich einmal drei Wiederholungen weniger als vor dem Training. Handgriffkraft-Messung: unverändert erbärmlich. Dafür hat sich die Leistung in Armen, Rücken und Beinen deutlich verbessert. Billy ist zufrieden. Auch Vitamin D ist jetzt mehr als genug vorhanden. Inwieweit es den Trainingseffekt verstärkt hat, soll die Studie bis Oktober zeigen.
Macht auch mit!
Teilnehmer gesucht: Die Forscher suchen noch Studienteilnehmer – älter als 65, jünger als 85! Wer mittut, erhält kostenlos: Trainingsbetreuung, Zugang zu den Trainingsorten, Vitamin-D-Supplemente sowie drei Untersuchungen.
Info-Nachmittage: Am Dienstag, 12. 2. um 15 und 16.30 Uhr, und am 19. 2. um 15 Uhr. Wo? Am Zentrum für Sportwissenschaften, Auf der Schmelz 6, 1150 Wien, Hörsaal 1. Eine Anmeldung ist erforderlich, und zwar unter: nutriaging@univie.ac.at
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