Witzigmanns Welt: Zwiebel

Witzigmanns Welt: Zwiebel
Von türkischen Legenden, Vorarlberger Gerichten, Zwiebelorgien und dem ultimativen Trick gegen Tränen.

Seit Udo Jürgens wissen wir, der Teufel hat den Schnaps gemacht. Was weniger bekannt ist: Der große Gegenspieler Gottes zeichnet auch für die Erschaffung der Zwiebel verantwortlich. Laut einer türkischen Legende rührt ihr schwefeliger Geruch daher, dass der gefallene Engel bei seiner Landung mit dem rechten Huf den Knoblauch und mit dem linken die Zwiebel in die Welt pflanzte. Ohne gleich zum Satanisten zu werden, muss man aus kulinarischer Sicht anerkennen: Die Welt wäre ohne Zwiebeln nur halb so köstlich. Oder um es mit einem englischen Gedicht zu sagen: kein Gericht ohne Zwiebeln!

Eine meiner Kindheitserinnerungen verbinde ich mit dem Duft von gerösteten Zwiebeln. Die hat meine Tante Fanny in meinem Geburtstort Hohenems traditionsgemäß über ihre fantastischen "Kasknöpfele" gegeben, wie es auf Vorarlbergerisch korrekt heißen muss. Später ließ ich mich von ihren Kochkünsten zu meinem eigenen Käsespätzlerezept inspirieren. Der Clou: vier verschiedene Käsesorten. Tête de Moine, Greyerzer, Tilsiter, Emmentaler - und natürlich ganz viele Zwiebeln.

Eine wahre Zwiebelorgie ist mein Zwiebelrostbraten, bei dem die Zwiebelsauce fünf Mal einreduziert wird. Dieses Rezept habe ich meinem Vater gewidmet, der diese Spezialität über alles liebte. Was mir die Tränen in die Augen treibt: Schnitt-, Bär- und Knoblauch haben zusammen mit der feinen Schalotte die "grobe" Zwiebel mittlerweile als frisch-scharfe Würze abgelöst. Dabei haben wir dem "Trüffel der Armen" so viele schöne Delikatessen zu verdanken. Ich sage nur Tatar mit rohen gehackten Zwiebeln, gefüllte Zwiebeln, Zwiebelkuchen, überbackene Zwiebelsuppe, Kalbsleber mit Zwiebeln, Zwiebelmarmelade, Zwiebelchutney, jamaikanisches Jerk-Chicken - selbst indisches Masala basiert auf in Butterfett geschmorten Zwiebeln.

Damit Ihre Augen beim Zwiebelschneiden trocken bleiben - ein Trick, den ich mir von meinem Enkel abgeschaut habe: Skibrille.

Aus: freizeit-KURIER vom 08. 01. 2011

Eckart Witzigmann widmet sich in seiner Kolumne im FREIZEIT-Kurier dem ganz (un)gewöhnlichen Küchen-Alltag.

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