Witzigmanns Welt: Rote Rüben

Nicht nur, dass meine Enkel sie lieben,sogar Michail Gorbatschow konnte ichmit den vielseitigen Rübchenrichtig "einkochen".

Als Kind hatte ich ein zwiegespaltenes Verhältnis zur Roten Rübe - oder wie man teilweise noch in Österreich sagt: dem Rahner. Denn den Saft, den ich immer zur Vorbeugung gegen Erkältung trinken musste, habe ich genauso "geliebt" wie Lebertran. Andererseits mochte ich den Rote-Rüben-Salat meiner Mutter mit frisch geriebenem Kren zum Schweinebraten oder gekochtem Rindfleisch wirklich sehr gerne. Zum Glück setzte sich das positive Geschmackserlebnis durch. Und deshalb freue ich mich jetzt schon auf die ersten Roten Rüben, die ab Mai auf den Markt kommen. Die kleinen Knollen koche ich dann nur mit etwas Kümmel, während ich die jungen Blätter - wie in Frankreich und Italien - wie Spinat zubereite. Ein anderes Frühlingsgericht mit Roten Rüben finden Sie in meinem Gemüsebuch " Eckart Witzigmanns junges Gemüse": Rote Rüben mit kleinen Mairübchen, Ricotta-Kartoffelgnocchi und gehobeltem Parmesan oder Scamorza. Ein großer Renner war Anfang der 1980er-Jahre meine Rote-Rüben-Butter, die als Sauce hervorragend zu Fisch passt, insbesondere zu Kabeljau und Zander. Der Trick dabei war der Löffel Himbeeressig, der der Roten Rübe den erdigen Geschmack nimmt.

Ein anderer Klassiker von mir war bereits Mitte der 1970er ein Rote-Rüben-Gelée mit Sevruga Kaviar und Crème fraîche, das ich später auf einem Staatsempfang dem ehemaligen Präsidenten der Sowjetunion Michail Gorbatschow servierte. Damit riss ich beim Friedensnobelpreisträger verstaubte Geschmacksmauern nieder und bewies ihm, dass man aus Roten Rüben mehr machen kann als "Borschtsch". Rote Rüben sind ein äußerst vielfältiges Gemüse. Ob roh, gekocht, kristallisiert, als Begleiter zu Wild genauso wie pochiertem Geflügel oder als Chutney (z. B. von meiner Tochter Véronique). Meine Enkel lieben Rote Rüben übrigens als Risotto mit Kren. Allerdings nenne ich dieses Gericht dann
immer in weiser Voraussicht "Vulkan-Risotto". Hoffentlich kommt dieser Etikettenschwindel mit der Roten Rübe nie raus, sonst erlebe ich mein blaues Wunder.

Aus: freizeit-KURIER vom 24.04.2010
Eckart Witzigmann widmet sich in seiner Kolumne im FREIZEIT-Kurier dem ganz (un)gewöhnlichen Küchen-Alltag.

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