Witzigmanns Welt: Pilze
"Hol amal a paar Schwammerl!" Mit diesen Worten schickte mich meine Mutti immer in den Wald, wenn ich wieder was ausgefressen hatte. Als Entschädigung für diese kleine Strafaktion belohnte sie mich anschließend mit einem wunderbaren Pilzgröstl mit Zwiebeln, Petersilie, Eiern und Salami. Dazu gab's Cremesauce und Semmelknödel. Die einschlägigen Tricks zeigte mir mein Vater, ein absoluter Schwammerlprofi: So fand ich oft in der Nähe von Fliegenpilzen Kolonien von Steinpilzen, und unter dem saftigen Moos gediehen die prächtigsten Eierschwammerln, die mir in sattem Gelb entgegenleuchteten. Die Fundorte waren streng geheim und wurden den anderen Kindern nicht verraten.
Pilze sind allgegenwärtig. In Brotteig und Bier, auf Getreide und Reben, in Käse und Umkleidekabinen. Im dicht besiedelten Europa gibt es von Finnland bis Sizilien, vom Périgord bis Polen kaum eine Landschaft, in der sie nicht wachsen. Auf kühlen Bergen, in warmen Tälern, auf trockener Heide, im sumpfigen Gras – sogar auf Golfplätzen.
Mein geschätzter Kollege
Joel Robuchon – ebenfalls Koch des Jahrhunderts – hat einmal ein sensationelles Pilzgericht kreiert: Eierschwammerl mit getrockneten Aprikosen und frischen Mandeln. Klingt frech, harmoniert jedoch perfekt zu Wild und Geflügel.
Aber auch weniger populäre Pilze sind lukullische Perlen. Meine Favoriten sind zum Beispiel der Fichtenreizker, gegrillt eine wahre Köstlichkeit, oder auch der fransige Wulstling, den man wie ein Schnitzel braten kann; und der Knoblauchschwingling passt hervorragend zu Schweinebraten, wo er sein würziges Aroma explosionsartig entfaltet. Deshalb tut es mir immer in der Seele weh, wenn Leute aus Unwissenheit Schwammerl zerstören, die sie nicht kennen.
Mein Tipp: Bewaffnen Sie sich mit einem Pilzatlas und entdecken die wunderbare Welt der Eukaryoten. Die Königin unter den Pilzen ist zweifelsohne die Trüffel - schwarz wie weiß. Unvergesslich werden mir die gemeinsamen Trüffeljagden mit meinem kochenden Freund Cesare aus Alba bleiben. In den frühen Morgenstunden zogen wir los durch die nebelverhangenen, nasskalten Eichenwälder des Piemont. Uns zur Seite: Cesares treuer Trüffelhund. Ein schiaches Tier, das auf den schönen Namen " Witzigmann" hörte. Immer, wenn mein vierbeiniger Namenspatron eine dieser kostbaren Knollen gefunden hatte, bekam er zur Belohnung ein Stück Zucker. So ein Glückspilz!
Aus: FREIZEIT-Kurier vom 29.8.
Eckart Witzigmann widmet sich in seiner Kolummne im FREIZEIT-Kurier dem ganz (un)gewöhnlichen Küchen-Alltag.
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