Witzigmanns Welt: Orangen

Witzigmanns Welt: Orangen
Von der Sehnsucht nach dem frischen Geschmack Mallorcas, von gesunden Inhaltsstoffen und der kulinarischen Vielfalt der runden Zitrusfrucht - und von den peinlichen Folgen einer gut gemeinten Crêpe Suzette.

Wenn ich Orangen sehe, denke ich automatisch an Mallorca, an mein Sóller, wo ich vor gut zehn Jahren zwei wunderschöne Restaurants, nämlich das Ca's Puers sowie das C'as Xorc , kulinarisch geprägt habe. Und dann überkommt mich die Sehnsucht nach dieser herrlichen Insel, wo ich meine erfolgreichen Beutezüge auf den herrlichen Märkten mit einem Cortado (= Espresso mit Milch) und einem frisch gepressten Orangensaft begossen habe. Nie werde ich diesen unnachahmlich cremig-süßen Geschmack vergessen. Natürlich habe ich unter der heißen Sonne Mallorcas ab und zu auch eine Sangria genossen, die zu Unrecht einen schlechten Ruf hat. Eine gut gekühlte Sangria aus Rum, bestem Rotwein und frisch gepresstem Orangensaft zusammen mit vielen sonnengereiften Früchten ist eine köstliche Erfrischung. Aber auch ich musste feststellen: Eine Sangria zu viel kann aus einem Witzigmann schnell einen Ballermann machen.

Die Orange gab es unter dem Label "indische Süßorange" schon vereinzelt vor 1.500 n. Chr. in Italien und Spanien. Richtig Karriere gemacht hat sie in Europa aber erst 1548 als chinesischer Importschlager. Heute ist die Valencia -Orange am meisten verbreitet, seltsamerweise nicht in Spanien.

Die Orange ist eine wahre Vitaminbombe. 100 g der runden Zitrusfrucht enthalten rund 50 mg Vitamin C. Das wussten indirekt schon die alten Seebären, die lange vor der Erfindung vitaminreicher Nahrungsergänzungsmittel mit dem Genuss von Apfelsinen gegen Skorbut vorbeugten.

Das säuerliche Parfüm der Orange verleiht jedem Gericht den besonderen Kick - als Frucht, Saft, Blüte, Schale oder Öl. Sie harmoniert perfekt mit Wildbret und Vögeln aller Art. Ich sage nur Ente à l'Orange . Der Kombination Fisch/Orange (siehe auch Seite 46), wie sie gerne in der ozeanischen und südamerikanischen Küche angewandt wird, stehe ich eher skeptisch gegenüber. Doch wie so oft bestätigen Ausnahmen die Regel: Zum Beispiel der Lorbeer gespickte St. Petersfisch mit einem Fondue von Orangen und Zitronen mit gewürfelten Tomaten und Basilikum, den mein Lehrmeister Roger Vergé kreierte; oder mein Wildlachs mit Orangenglasur.

Bei Desserts spielt die Zitrusfrucht natürlich ganz vorne mit. Ein großer Hit in meinem Restaurant Aubergine nannte sich "Rund um die Orange" mit einem Soufflé in der Orangenschale, Grand Marnier -Eis und einem Kakaoei gefüllt mit Orangenmarmelade. Ein süßer Klassiker ist die Crêpe Suzette , die zum krönenden Abschluss mit Orangenlikör flambiert wird. Aber Vorsicht! Nicht, dass es Ihnen ergeht, wie dem Kellner während meiner Zeit als Jungkoch in Werner Vögelis legendärem Operakällaren (Stockholm). Der Arme meinte es bei einem weiblichen Gast besonders gut und übergoss die Crêpe mit zu viel Grand Marnier. Als er die hochprozentige Flüssigkeit dann am Tisch anzündete, flämmte er dabei auch gleich den Nerz der hübschen Dame ab. Da war dann Feuer am Dach . . .

Aus: FREIZEIT-Kurier vom 23.01.2010
Eckart Witzigmann widmet sich in seiner Kolumne im FREIZEIT-Kurier dem ganz (un)gewöhnlichen Küchen-Alltag.

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