Witzigmanns Welt: Gans

Kommenden Mittwoch feiern wir den Namenstag des Heiligen Martin. Mit diesen Tipps und Tricks wird der Martinischmaus bestimmt gelingen.

Und wichtig kaufen Sie Ihr Gansl lieber schon fertig gerupft!
Das geflügelte Wort von der "dummen Gans" kennen wir alle. Dass es sich anders verhält, wissen wir nicht erst seit Konrad Lorenz. Schon die alten Römer sprachen das schlaue Federvieh als Retterin des von den Galliern bedrohten Kapitols zunächst heilig und Wilhelm Busch hat ihr sogar einen Reim gewidmet: "Jeder, der Verstand hat, spricht: / Einen schöneren Vogel gibt es nicht." Nicht nur Fleisch und Leber sind einzigartig, sondern auch Fett und Federn.
Die Gans war und ist der Klassiker zu Weihnachten. In meiner Kindheit kam immer ein Händler aus Kärnten, der den Hausfrauen auf der Straße die gerupften Tiere verkaufte. Das war dann ein bissl wie russisches Roulette. Wer den
falschen Griff tat, hatte am heiligen Abend einen zähen Vogel und damit die Bescherung. Die Gans kann ein Luder sein, wusste schon mein Vater. Wenn die Keule nach eineinhalb Stunden im Ofen immer noch nicht weich ist, hilft nur noch beten. Um den stundenlangen Garprozess zu beschleunigen, wende ich gerne einen Trick an, den mir mein ehemaliger Schüler Hans Haas (heute Chefkoch im Tantris, München) einmal verraten hat: Stecken Sie in die Gans eine kleine Glasflasche. Die leitet die Hitze weiter und gart den Vogel von innen.

Köstliche Alternativen bietet die Gans gepökelt, geräuchert, in Rotwein gegart, eingemacht als Confit, als Rillette oder als Ragout mit weißen Alba-Trüffeln parfümiert. Vergessene Klassiker sind "Gänsepfeffer", gefüllter Gänsehals oder
gepökelter Gänsemagen, geräuchert und feinst gerieben über ein Brot mit Gänseschmalz, Zwiebeln und Äpfeln.
Wichtig beim Braten: Die Gans muss frisch sein und vor allem jung. Vor vielen Jahren sollte ich im Jänner mal eine Gans braten. Mangels Alternativen lieferte mir mein Freund George Kastner eine aus seinem Privatbesitz. Rupfen mussten wir den Vogel selber. Überall flogen die Federn rum, denen wir nicht mal mit dem Staubsauger Herr werden konnten. Mein damaliger Schüler Roland Trettl (heute Executive Chef im Hangar 7, Salzburg) versuchte schließlich sein Glück auf dem Balkon. Vergeblich. Mehr als eine eitrige Angina gönnte ihm die Gans nicht. Zum Schluss endete sie als Suppe. War köstlich, aber leid getan hat sie mir trotzdem.

Aus: FREIZEIT-Kurier vom 07.11.
Eckart Witzigmann widmet sich in seiner Kolummne im FREIZEIT-Kurier dem ganz (un)gewöhnlichen Küchen-Alltag.

Weitere Artikel aus dieser Serie finden Sie unter nachstehendem Links - Machen Sie einen Ausflug in Witzigmanns Welt!

Kommentare