Witzigmanns Welt: Ente

Witzigmanns Welt: Ente
Von kalten Enten, lahmen Enten, Chinesen und Franzosen.

Beim Autofahren habe ich früher den Käfer der Ente stets vorgezogen. Beim Essen ist es bis heute umgekehrt. Auch an St. Martin. Schließlich gehören Gans und Ente zu ein und derselben Familie.

Die raffiniertesten Zubereitungsarten für das geflügelte Schnabeltier kennt man in China. Davon konnte ich mich in den 1980er-Jahren in einem sogenannten Entenhaus in Peking selbst überzeugen. Dort wurde einfach alles verwertet: vom Watschelfuß bis zum Schnabel. Aufgeführt haben sich die Einheimischen da allerdings noch ärger als ihre Landsleute im Hofbräuhaus in München. Die abgefieselten Knochen wurden auf den Boden geschmissen und das allgegenwärtige Schmatzen und Schlürfen ist für einen Europäer auf nüchternen Magen nicht gerade appetit anregend. Die Krönung der chinesischen Kochkunst ist zweifelsohne die Peking-Ente.

Doch auch die Franzosen müssen sich nicht verstecken, wenn es um Enten geht. Paradebeispiel: die weltberühmte "Canneton de Rouen à la presse". Höhepunkt ist die Zubereitung der Sauce. Karkasse und Innereien kommen in eine Entenpresse und werden direkt am Tisch des Gastes bis auf den letzten Tropfen ausgequetscht. Perfektioniert hat dieses Gericht das legendäre Restaurant "Tour d'Argent" in Paris, das ich Mitte Dezember besuchen werde. Darauf freue ich mich jetzt schon wie ein Schnitzel.

Ich selbst mag Ente zum Beispiel gebraten mit Rotkraut, Quitten und Wirsing oder wie jetzt - passend zur Jahreszeit - mit Kürbis-Maronenkompott. Im Sommer liebe ich allerdings die "kalte Ente", sprich Weißwein mit aufgeschnittener Zitrone. Dieses herrlich erfrischende Getränk hat mir immer mein Freund Franz Keller senior in seinem Restaurant in Oberbergen (Kaiserstuhl) literweise eingetrichtert. Ich habe ihn während meiner Lehrzeit im elsässischen Illhaeusern oft mit dem Rennrad besucht. Hin ging's wie im Flug, doch auf dem Rückweg glich ich dann eher einer lahmen Ente.

Aus: freizeit-KURIER vom 06. 11. 2010

Eckart Witzigmann widmet sich in seiner Kolumne im FREIZEIT-Kurier dem ganz (un)gewöhnlichen Küchen-Alltag.

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