Terra Madre Wien mit Besucherrekord
Sie kosteten von Waldviertler Rohwürsten, vom Pamhagener Steppenrind-Leberkäse, von oberösterreichischem Kübelspeck vulgo Lardo, von Sushi mit Bergforelle und vom Suren Kees aus dem Montafon. Sie ließen sich Wiener Schnecken auf Spießen braten, tranken dazu ungefilterten Grünen Veltliner, warfen zwischendurch steirisches Grubenkraut ein, schwärmten vom Schaumwein von der Champagner Bratbirne und staunten über den rumänischen Rohmilchkäse in der Tannenrinde. 21.000 Besucher lernten auf der Wiener Terra Madre Essen und Trinken aus nachhaltiger Produktion kennen und schätzen. Ob sie danach wieder im Supermarkt einkaufen werden können?
Jedenfalls feierte die Terra Madre, vergleichbar mit der letzten Messe im Jahr 2009, einen
Besucherrekord.
Das erquickte die Produzenten, die von Rohmilchbutter bis Tiroler Schokolade hervorragende Umsätze machten. Übrigens: Gratis wurde da überhaupt nichts verteilt. Die Wiener lernten, dass Gutes durchaus seinen Preis hat. Haben muss. Das freute aber auch die österreichische Slow Food-Chefin Barbara van Melle: "Es gibt ein starkes Bedürfnis nach dem Echten und Unverfälschten. Nach einer Landwirtschaft, die Tradition, Fairness, Genuss und Nachhaltigkeit in einer ursprüngliche Form vereint." Van Melle freut sich über die noch nie gekannte Breitenwirkung der Bewegung: "Slow Food war anfangs eine Vision einer Handvoll engagierter Pioniere. Das aktuelle Interesse zeigt, dass sich diese Vision nun zu einer breiten Bewegung entwickelt hat. Ich bin überzeugt: Slow Food kann zu einem Paradigmenwechsel in der Landwirtschaft beitragen."
Ihr Wort in der Agrarwirtschaft Ohr.
Neben Verkostungen, Präsentationen und Podiumsdiskussionen (zum Beispiel mit Paolo di Groce von Slow Food International zum Thema Agrarindustrie in Europa) fand auch die Präsentation des ersten Slow Food Wirtshausführers für Österreich statt. Florian Scheuba moderierte den Abend im vollen Saal, anwesend Florian Holzer für Gault Millau, Christian Grünwald von A la carte, Küchenchef Christian Petz, die Herausgeber des Slow-Food-Guides Severin Corti und Georges Desrues sowie Wolfgang Rosam vom Falstaff.
Man war per du und Rosam sagte "Wir sind das Volk", um hernach die regionalen Bemühungen von McDonalds zu preisen. Wie die Zukunft der österreichichen Gastronomie aussehen solle, darüber war man sich dann überraschend einig: Weniger Formelhaftigkeit, weniger Bärlauch und Spargel, weniger Klischees und mehr Mut zur Originalität mit lokalem Hintergrund. Im Klartext: Esst mehr Bohnensterz und weniger Hummer. Wenn es stimmt, was Bankenchefs und Wirtschaftsexperten sagen, bleibt uns in nächster Zeit ohnehin nichts anderes übrig.
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