Begonnen hat alles mit einem Karottensalat und einem Spritzer Zitronensaft. Als Silvio Nickols Vater im Alter von 25 tödlich verunglückt, ist die Mutter auf sich allein gestellt. Sie arbeitet von früh bis spät, um die Familie über Wasser zu halten. Der siebenjährige Silvio muss sich um seinen kleinen Bruder kümmern und kocht Mamas Rezepte nach. Erstmals ahnt er seine Berufung.
31 Jahre und drei Hauben später erntet Silvio Nickol die Früchte für seinen Ehrgeiz und seine Leidenschaft: Der Restaurantguide Gault&Millau und Agrana Austria kürten den Deutschen Freitagabend zum „Koch des Jahres 2014“.
Verführerisch
Martina und Karl Hohenlohe, Herausgeber von Gault&Millau, argumentieren die Wahl mit Nickols Präzision am Herd: „Er kocht besser denn je. Und weil das vielleicht noch ein wenig nüchtern klingt – er beeindruckt uns seit Jahren. Sowohl durch Kreativität als auch Einfallsreichtum und handwerkliche Präzision, seit vergangenem Jahr kommt noch eine Komponente des Charmes, der Verführung dazu.“
Heute raspelt Silvio Nickol keine Karotten mehr, seit 2011 verzaubert der 38-Jährige toute Vienne mit Entenleber und Wagyu-Rind. Noch hält der Drei-Hauben-Koch mit seinem gleichnamigen Restaurant imPalais Coburg bei 18 von 20 möglichen Punkten. Am 24. Oktober gibt Gault&Millau die neuen Wertungen bekannt.
Wer mit Nickol über das Kochen spricht, hört nie das Wort „Arbeit“ sondern „Berufung“ oder „Leidenschaft“. Sein Arbeitstag endet ohne Blick auf die Uhr. „Ich verabschiede mich von jedem Gast und hole mir Feedback. Das ist essenziell, um mich weiterzuentwickeln.“ Ein Getriebener? „Ich würde mich nicht als Workaholic bezeichnen. Aber das Nachdenken kann man nicht abschalten.“
Tisch-Deko – wozu?
Von Trends lässt sich Nickol wenig beeindrucken. Für ihn gilt die Devise „Leicht verständlich.“ Auf Tisch-Deko verzichtet er: „Zu viel Besteck lenkt den Gast ab. Eine schlichte Vase und ein Wasserglas – mehr braucht es nicht, um zu genießen.“ Alles sollte sich um hochwertige Produkte und deren Geschmack drehen. Nickols Gäste kommen, um sich vom Küchenchef überraschen zu lassen: „Das entspricht unserer Philosophie, eigentlich bräuchten wir keine Karte.“ Er hebt gerne sein Team hervor und seinen Souschef Fabian Günzel. Die Stimmung im Team scheint gut: In der Vorbereitungszeit wird in der Küche noch viel geredet, kommen die ersten Gäste, wird es andächtig still. Ist Nickol ein strenger Chef? „Früher bin ich schon mal laut geworden – aber heute habe ich meine innere Ruhe gefunden.“
Vor Kurzem lernte Silvio Nickol den legendären Werner Matt kennen. Der lobt den Stil des jungen Kochs: „Wer in so kurzer Zeit zum Koch des Jahres gewählt wird, muss ein Genie sein. Nun gehört er wirklich zu Österreichs KK-Riege: Künstler und Koch.“ Der „Koch des Jahres 1985“ lässt dem frisch Gekürten ausrichten: „Willkommen im Club, es ist ein elitärer Club.“
Morgen startet in „Mein Sonntag“ die große Gault&Millau-Serie.
Ein Abend bei Silvio Nickol
Debüt
Silvio Nickol wurde am 21. Jänner 1975 in Hoyerswerda (Sachsen, Deutschland) geboren. Seine Sporen verdiente er sich in der „Schwarzwaldstube“ beim deutschen Haubenkoch Harald Wohlfahrt.
In den vergangenen Jahren sorgte der Deutsche im Kärntner Schlossrestaurant Velden für Aufmerksamkeit. Im Jahr 2011 heuerte er im Palais Coburg in Wien an.
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