Lokales: Wem die Routine nicht schmeckt

Gutes Zeug, ohne Schmuck und Beiwerk ...
Ex-Plainlinde-Patron Stefan Brandtner wagt etwas Neues. Ausgerechnet im konservativen Salzburg schlägt seine Idee eines Pop-Up-Lokals richtig ein.

Wer sich an die Regeln hält, dem entgeht eine Menge Spass, Zitat Katherine Hepburn, liest der Gast des Brandtner 63 auf die Wand geschrieben, während er an einem Tisch aus Holzpaletten auf einem Stuhl aus Bierkisten balancierend auf seinen Restauranttisch wartet. Da ist schon der Sommelier mit einem ersten Schluck und auch schon der erste Regelbruch: sie führen nur Weine aus dem Ausland, denn österreichische Weine kriegt man eh in jedem Lokal. Eine Provokation im Land der Chauvi-Weintrinker. Man wird jetzt auch nicht sagen, dass ein leichter Weißwein aus dem südlichen Rhonetal jeden guten Burgenländer oder Niederösterreicher schlägt und darum geht es auch nicht. Es geht um die Erfahrung, ums Kennenlernen. Stefan Brandtner hat einiges kennengelernt, die österreichische Grenze schon sehr früh nicht als die seine definiert. Er arbeitete im Serviceteam bei Alain Ducasse im Louis XV in Monaco, zweifellos eine der härteren Ausbildungsstätten, wenn man an die Spitze will. Dann aber führte er ein einfaches Wirtshaus in Maria Plain, die Plainlinde, und die prominente und hungrige Gästeschar, die an den Stadtrand Salzburgs fuhr, war nicht gerade klein. Das langweilte Stefan Brandtner aber dann irgendwann einmal und ein Pächterschicksal (Copyright Thomas Bernhard) schien ihm zusehends eine grauenhafte Zukunftsaussicht. Also was Neues. Es heißt Brandtner 63 und hat fürs erste einmal genau 63 Tage lang offen. Dann  sperrt es wieder zu und - vielleicht - an einem anderen Ort wieder auf. Das schafft Druck am Markt und Begehrlichkeiten, was dem trägen österreichischen Gast durchwegs gut bekommt. Wer Brandtners Lokalkonzept erleben will, muss in das so genannte Gusswerk am Stadtrand Salzburgs fahren, wo in einem alten Industriegebiet ein paar Cafés und Designerfirmen eingezogen sind. Ganz nach Vorbild von Städten wie Hamburg oder London, nur halt mit der 20-jährigen österreichischen Verspätung.

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Schwein haben - und Schokolade.

Hier sitzen die Salzburger nun in einer weißgestrichenen Halle, die aussieht, als hätten sie 9 1/2 Wochen hier gedreht, aber die 80er sind ja gerade wieder in - oder sind sie es schon nicht mehr. Brandtner hat eine aufregende, junge Mannschaft um sich geschart. Der junge Sommelier, der mit dem Satz: "Ich will, dass der passende Wein am Tisch steht" auffällt  und sich damit als jemand erweist, der die Grundsätze dieses Berufs verstanden hat. Der junge Küchenchef und seine Patisseuse legen einiges vor: locker hinskizzierte, moderne Küche, regional betont, aber mit Pfiff und Ideen. Da kommt eine geräucherte Forelle mit kleinem, knackigem Grünzeug und einer exzellenten Sauce auf Currybasis, schon einmal sehr gut. Aber dann kriegt es die Küche richtig mit dem Ehrgeiz zu tun und serviert Rollgerstl mit Blunze und gebratenen Peperoncini und das ist ziemlich saugut und im Nu aufgegessen. Noch einmal habe ich Schwein: 12 Stunden lang geschmorte Schweinsbackerl mit Linsen und kurz gebratenem Radiccio, sehr schön. Danach Schokolade in Minigeburtstagstortenform, denn die Begleitung hat einen Jahrestag zu feiern. Fast alle Salzburger Gastronomen haben bei ihm ihre Weihnachtsfeiern und andere Events gebucht, so Brandtner. Kann gut sein, dass der eine oder die andere ein wenig neidisch auf die Freiheitsgrade blickt, die Stefan Brandtner sich und seiner Mannschaft mit dem Konzept ermöglicht. Das Risiko ist allerdings ebenfalls nicht zu unterschätzen. Das Restaurant hat noch bis Ende Februar geöffnet, über ein paar Wochen mehr wird gerade verhandelt. Zuviel Zeit sollten Sie sich aber in jedem Fall nicht lassen. Auch die Preise bei Brandtner sind eine Art Regelbruch, sind sie doch ortsunüblich niedrig.

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