Künstlertreff und Buchtelhochburg: Das Cafe Hawelka

Er stand bis zuletzt beinahe täglich in seinem Cafe in der Dorotheergasse.
Das von Leopold Hawelka gegründete Kaffeehaus war in den 1960er- und 1970er Jahren ein angesagter Künstlertreff. Bis heute zieht es Touristen an.

Das Cafe Hawelka in der Wiener Innenstadt gehört mit Sicherheit zu den berühmtesten Gastro-Institutionen in Wien und ist weit über die Grenzen der Bundeshauptstadt hinaus bekannt. Legendär wurde das gut 70 Jahre alte Kaffeehaus in den 1960er- und 1970er-Jahren als Treffpunkt angesagter Künstlerpersönlichkeiten. Mittlerweile laben sich weniger Vertreter der heimischen Avantgarde, sondern vielmehr Touristen an den legendären Buchteln in der Dorotheergasse 6. Geführt wurde das prominente Cafe Jahrzehnte lang von dessen Gründer Leopold Hawelka, der nun im 101. Lebensjahr verstorben ist.

Am 11. April 1911 im niederösterreichischen Mistelbach geboren, heiratete Hawelka 1936 seine Frau Josefine, mit der er knapp 70 Jahre - bis zu ihrem Tod 2005 - ein Paar blieb. Bereits im Jahr ihrer Trauung eröffneten die beiden mit dem Cafe Alt Wien in der Bäckerstraße ihren ersten Betrieb. Drei Jahre später wechselten sie den Standort und zogen in die Dorotheergasse.

Die dortigen Räumlichkeiten wurden 1906 als "Je t`aime"-Bar eröffnet, Liveband und "Chambre separee" inklusive. Dieser Raum dient jetzt als Lager. Wirklich große Veränderungen nahmen die Hawelkas aber nie vor: Die Innendekoration, die von einem Schüler Adolf Loos` stammen soll, wurde in ihrem Originalzustand belassen.

1939 geschlossen

Bei Ausbruch des Zweiten Weltkrieges im September 1939 wurde das Cafe Hawelka geschlossen und Leopold eingezogen. Den Krieg überstand das Cafe wie dessen Besitzer relativ unbeschadet, und so folgte bereits im Herbst 1945 die Wiedereröffnung. Berühmtheit erlangten bald Josefines Buchteln, die nach ihrem Tod vom 1940 geborenen Sohn Günter. Ein Jahr davor kam Tochter Herta zur Welt. Die Geschäftsführung des Kaffeehauses haben mittlerweile die Enkel Amir und Michael übernommen.

Ab den 1960er Jahren erlebte das nur rund 100 Quadratmeter große Lokal seine Blütezeit. Als erstes entdeckten die Schriftsteller, darunter Friedrich Torberg und Heimito von Doderer, das Cafe. Es folgten die Vertreter der bildenden Kunst wie Friedensreich Hundertwasser und Ernst Fuchs. Passend zur Profession der Gäste ließ Leopold Hawelka eine Wand seines Etablissements mit Postern bedecken, die die neuesten Veranstaltungen in Wien bewarben - eine Innovation, die sich heute in der Gastronomie breit durchgesetzt hat.

Nach und nach entwickelte sich das Hawelka zu einem Brennpunkt der Wiener Szene. Neben den Protagonisten des "Phantastischen Realismus" fanden sich unter den Stammgästen H.C. Artmann, Gerhard Rühm und Helmut Qualtinger ebenso wie Oskar Werner, Nikolaus Harnoncourt und Andre Heller. Musikalisch verewigt wurde das kleine Kaffeehaus damals von Georg Danzer. In seinem Flitzerlied "Jö schau" heißt es: "Jö schau, so a Sau, jössas na, was macht a Nackerter im Hawelka?"´

Wohnzimmeratmosphäre

Verschlagen hatte es die Künstlergilde in das kleine Kaffeehaus mitunter auch wegen dessen Wohnzimmeratmosphäre - dicke Rauchschwaden inklusive. Mit letzteren war es ab Mitte des Vorjahres vorbei. Aufgrund der Änderungen im Tabakgesetz mussten die Hawelkas ihren Gästen das "Pofeln" im Lokalinneren verbieten. Die Errichtung einer Trennwand lehnte die Familie ab. Stattdessen wollte man mit Hilfe des Denkmalschutzes die Raucherregelung bzw. eine verpflichtende Raumtrennung umgehen. Das Bundesdenkmalamt lehnte den entsprechenden Antrag jedoch ab - weshalb Glimmstängel im Hawelka auch künftig nicht mehr zu sehen sein werden.

Um Ausfälle zu kompensieren, hat die Cafetier-Familie den traditionellen Ruhetag am Dienstag vor einigen Monaten aufgegeben. Außerdem wollen die Hawelkas rauchenden Gästen in einem neuen Wintergarten vor dem Lokal Platz einräumen. Konkrete Pläne dafür gibt es allerdings noch nicht. Jedoch hatte man sich zum 100. Geburtstag des Seniorchefs eine andere Innovation einfallen lassen: Gästen wird Kaffee nun in speziell angefertigten Jubiläumstassen serviert.

  • Hintergrund

Kommentare