Küchentrend: Zurück an den Herd

Küchentrend: Zurück an den Herd
Ein Lieferservice, der Lebensmittel nach Rezepten bringt, Supermärkte, die nach Zutatenlisten geordnet sind - das Kochen erfindet sich neu.

Diese Woche gibt es Cremiges Spargelrisotto mit Frühlingszwiebeln und Ofenparadeisern. Aber auch Gebratenes Lachsfilet mit Bärlaucherd­äpfeln. Klingt nach Rezepten, die mühevoll zusammengesucht werden müssen, und nach einer Einkaufstour durch mehrere Supermärkte und Feinkostläden.

Mitnichten, sagen Carl-Johan Hedberg und Hampus Nilzén und liefern alles, was gebraucht wird in "Dein Einkaufssackerl" vor die Haustür. Die beiden sind Geschäftsführer der neuen Firma "Dein Einkaufssackerl GmbH" und stellen nicht einfach Lebensmittel zu, sondern alles, was man für die vorgeschlagenen Rezepte braucht, in der richtigen Menge – To-do-Anleitung inklusive (siehe Interview).

"Ready to cook" könnte man sagen oder "Convenient Dienstleistung". So jedenfalls nennt es die Ernährungswissenschaftlerin und Trendforscherin Hanni Rützler: "Nicht das Kochen soll ausgelagert werden, das macht ja Spaß und hat ganz viel soziales sowie kreatives Potenzial, sondern der unangenehme Rest."

Den wollen Hedberg und Nilzén ihren Kunden abnehmen: Das Konzept wurde nach Norwegen, Dänemark, Holland, Deutschland und Großbritannien nun auch nach Österreich exportiert. In Schweden versorgen etwa 60 Unternehmen bereits 60.000 Kunden. Dabei gab es die Branche vor vier Jahren noch gar nicht, erzählt Hedberg. Das Wachstum sei rasant: Die größten Unternehmen mit mehreren Millionen Euro Umsatz beliefern große Städte sowie kleinere Orte. "Der erfolgreichste Lieferant hat 29.000 ,Gefällt mir"-Klicks auf Facebook." Österreich und Schweden seien, was Größe und Lebensumstände betrifft, ähnliche Länder. Die Frauenquote am Arbeitsmarkt in Österreich steige, und so auch die Nachfrage nach Convenient-Dienstleistungskonzepten.

"80 Prozent der Frauen sagen, sie können kochen – und alle sind über 40. Das spiegelt ein Stimmungsbild wider. Wir verlieren die Köche", sagt Food-Trend-Expertin Rützler, um die gute Nachricht gleich folgen zu lassen: "Doch das Pendel schlägt gerade in die Gegenrichtung aus." Die Leute wollen wieder kochen.

Das Problem dabei: Eine Generation, die nie in der Küche stehen musste, ist mit Rezept suchen, Zutaten einkaufen und dann auch noch alles zubereiten – überfordert. Und da, wo Bedürfnisse sind, manifestiert sich bald das Angebot. So boomt etwa in Deutschland das "Kochhaus". Das "begehbare Kochbuch" ist ein Supermarkt, in dem man nach der Zutatenliste für ein Rezept einkauft und nicht nach handelsüblichen Mengen.

Kulinarischer Bausatz

Küchentrend: Zurück an den Herd

Birnenrisotto mit grünen Bohnen, Rosmarin und Speckzum Beispiel: Der Reis ist im Plastiksackerl verpackt, Früchte, Gemüse und sogar die benötigten 90 Milliliter Olivenöl sind daneben drapiert. Auch die Gewürze sind schon in der richtigen Menge abgewogen. Daneben eine Weinempfehlung. Selbst der Topf steht griffbereit im nächsten Regal.

Auf einer Tafel steht, was benötigt wird, der Preis pro Person (etwa 5,70 € für Huhn in Mandel-Currysauce mit Karotten und Polentacreme), die Zubereitungszeit (35 Minuten) und die Zu­satz­info, dass man einen Pürierstab braucht. Ein Flyer – natürlich mit Foto – erklärt Schritt für Schritt, was zu tun ist. Einfacher geht es nicht.

Fünf junge Berliner um die 30 – Unternehmensberater, Betriebswirt, Werber, Koch, Eventmanagerin – hatten die Idee und haben 2010 das erste Geschäft im trendigen Viertel Prenzlauer Berg eröffnet. Heute hat man nach ganz Deutschland expandiert. Und der Online-Shop liefert ebenfalls landesweit.

Das Fazit von Food-Trend-Expertin Hanni Rützler: "Das Kochen erfindet sich gerade neu", sagt sie und verweist auf eine alte Weisheit: Dass es schön ist, jemanden einzukochen.

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