Köche gesucht

Köche gesucht
Gastronomische Mittelklasse: Immer weniger wollen den Job des Kochs machen.
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Samstagvormittag, Café Ritter, Mariahilf. Der Gast bestellt zwei weich gekochte Eier im Glas. Entsetzter Blick des Kellners. Nach dessen kurzer Rücksprache mit der Küche wird dem Gast der Wunsch gewährt. Außerdem Cappuccino, frischen Orangensaft, Schnittlauchsemmel. Eine ganz normale Bestellung in einem der bekannteren Cafés in der für ihre angebliche Kaffeehauskultur berühmten Stadt. Kaffee, Saft und Semmel kommen. Die Wartezeit auf die Eier im Glas verbringt  der Gast mit der Lektüre der FAZ über das Outing eines Billig-Nordmöbel-Produzenten zu Thema Zwangsarbeit in der ehemaligen DDR. Schließlich stellt der Kellner die beiden Eier im Glas ein. Vorschriftsmäßig. Doch Ei eins und Ei zwei sind hart. Der Gast reklamiert höflich. Kellner mit den beiden harten Eiern ab in die Küche. Der Gast blättert eine Zeitungsseite weiter. Der Kellner tritt besorgt an den Tisch des Gastes: "Der Koch macht keine Eier mehr. Vielleicht möchten Sie etwas anderes." Der Gast: "Wie, der Koch macht keine Eier mehr?" "Er macht keine weichen Eier mehr. Er will nicht." "Und ein weiches Ei, ein normales Ei will er auch nicht?" (Der Gast kennt die Probleme der Wiener Kaffeehausköche mit dem weichen Ei im Glas. Es macht mehr Arbeit als ein Ei aus dem heißen Wasser im Eierbecher zu platzieren.) "Kein weiches Ei." Nicht nach elf Uhr vormittags. Filmriss.

"Der Koch will nicht"

Das Café ist gut besucht. Die Serviceleute im Ritter wirken gestresst, aber auch mitteilungsbedürftig im Sinne einer Therapie. Es scheint nicht zum ersten Mal vorzukommen, dass der Koch ihnen eine Bestellung zurückschmeißt. Der Gast trinkt seinen Kaffee, isst seine Semmel, blättert nicht mehr in der Zeitung, sondern fragt sich jetzt: Warum macht einer den Job, wenn er ihn nicht machen will? Oder anders: Warum stellt der Besitzer dieses Cafés nicht einen oder mehrere Köche auf, die das machen wollen? Liegt es am Geld? Eine Vermutung, die von den aufmerksam gewordenen Gästen am Nebentisch (darunter zufällig ein Gastronom aus Deutschland) und einem Teil des Personals im Smoking geteilt wird. Falls Sie es nicht wissen: Die Arbeit in der Küche ist eine der härtesten. Sie wird aber nicht gut bezahlt. Deshalb wollen das immer weniger machen. Die Gastronomie weicht auf Kräfte aus, die sonst nichts anderes kriegen können. Und nicht einsehen, warum weiche Eier weich sein sollen. Die Probleme hat dann der Gast. Nicht nur im Ritter.

Ein Beruf am Aussterben

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Salzburgerhof
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Salzburgerhof

Es geht nicht um den Härtegrad der Eier im Glas, sondern um Grundsätzliches. Auch in den Bundesländern kriselt es in der Küche. Der Küchenchef des gerade als "Hotel des Jahres " ausgezeichneten Salzburgerhofs in Zell am See erzählte unlängst, dass es schlimm sei mit dem Nachwuchs in Österreich. Es würde den Kochberuf bald nicht mehr geben, befürchtet Marcel Schneider, mit zwei Hauben ausgezeichneter Leiter der weißen Brigade des Hotels, dessen Halbpension zu den besten in Österreich gezählt wird. Während einerseits Köche in Fachzeitschriften wie Filmhelden und Models inszeniert werden, ist es mit dem Glamour des Berufs im wirklichen Leben nicht sehr weit her. Da sind die familienfeindlichen Arbeitszeiten, eine schlechte Aussicht auf Karriere (nicht jeder Jungkoch schafft es bis 30 in die Position eines halbwegs gut bezahlten Haubenkochs oder Leiters eines gastronomischen Unternehmens) und die angesprochene geringe Entlohnung. Die Trinkgelder kassiert vornehmlich der Service, was nicht in allen Betrieben so gespielt wird, aber in manchen. Die Arbeit in der Anonymität eines Wirtshauses oder Kaffeehauses bleibt emotional unbelohnt, während im schmalen Spitzensegment die Köche wie Stars behandelt werden. So würde der Gast auch nicht arbeiten wollen.

Tourismus-Land ohne Personal

Das Café Ritter hat einen Stammgast weniger. Kann dem Besitzer egal sein. Wenn sich im Tourismusland Österreich hingegen der Trend zum Personalmangel bemerkbar macht, weil niemand Lust hat, für wenig Geld zu harten Bedingungen zu arbeiten, haben wir ein Problem. Ob es wirklich nur am Geld liegt und warum angeblich so wenig da ist oder ob die Österreicher lernen müssen, für Dienstleistungen in der Gastronomie mehr Geld auszugeben, wenn sie in Zukunft nicht nur von Billig-Gastro-Ketten ernährt werden wollen -  darüber werden wir in Kürze berichten.

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