Katharina Wolf: Weine wie Bruckners Fünfte
Katharina Wolf liebt große Weine und klassische Musik. Der KURIER befragte die jüngste Weinhändlerin Europas zu den Themen Frankreich, Österreichs Sommelier-Nachwuchs und Frauen in Männerdomänen. Was letztere betrifft, ist ihre Diagnose eindeutig: Kompetenz und Durchsetzungsvermögen können hilfreich sein.
Katharina Wolf: Diese Frage kann man von verschiedenen Seiten beleuchten. Wenn man sie auf den internationalen Markt bezieht, dann ist Frankreich extrem wichtig. Wenn man sie auf den österreichischen Markt bezieht, dann als Nieschenprodukt, aber eines mit Bedeutung.
KURIER: Viele Weine aus Bordeaux und Burgund galten einst als sinnvolle Investition wie Kunst oder Immobilien. Heute sind diese Weine so teuer, dass man doch kaum mehr von einer lohnenden Investition sprechen kann.
Katharina Wolf: Das ist eine Verallgemeinerung und deshalb problematisch. Bordeaux – ja, sie haben es übertrieben und ja, mit den meisten Weinen lässt sich im Moment nur schwierig Geld verdienen. Doch gibt es natürlich noch die einen oder anderen Châteaux wie Château Lafleur oder Château Petrus, die nie eine Fehlinvestition sein können. Auch gibt es im mittleren Preissegment nach wie vor spannende Weine, wie zum Beispiel Château Figeac oder Château Le Gay, aber generell haben es die Bordelaiser übertrieben und müssen schleunigst sehen, dass sie die Kurve bekommen. Der bordelaiser Markt hat sich konstant in die falsche Richtung entwickelt, was in erster Linie damit zu tun hat, dass die Château-Besitzer übermütig wurden. 2009 war der letzte spannende Jahrgang in Sachen Investment. Dann wurden die Preise zu hoch. Leider haben sie es geschafft, selbst einen Jahrhundert-Jahrgang wie 2010 am Markt vorbei zu führen. Von 2011, 2012 oder gar 2013 wollen wir lieber gar nicht sprechen.
KURIER: Wie schaut es denn mit den berühmten Burgundern aus?
Wolf: Was Burgund betrifft, kann man von keiner Übertreibung der Winzer hinsichtlich der Preise sprechen, denn hier regelt die Nachfrage und somit der Markt sehr stark den Preis. Nachdem die Nachfrage wächst und die Weinproduktion der absoluten Spitze leider nicht, entwickeln sich die Preise nach oben. Jedoch findet man im Burgund immer noch große Weine für gutes Geld und kann einfach irrsinnig viel entdecken . Auch regeln sich die Preise der einzelnen Jahrgänge hier schlichtweg nach der Qualität und so sollte es ja auch sein.
KURIER: Was muss der Weintrinker heute beachten? Welche Weingegenden gilt es zu entdecken?
Katharina Wolf: Jetzt erwarten Sie sich vielleicht ein neues Gebiet oder 10 neue Rebsorten aus meinem Mund, aber leider kann ich hiermit nicht dienen. Ich denke, wenn man sich als angehender Weinliebhaber oder selbst als passionierter Weinkenner mit den historisch gewachsenen großen Weinen Europas beschäftigt, hat man schon einmal sehr viel zu tun und dies ist nun mal die beste Basis um sich auf Experimente oder Trends einzulassen. Wie überall sollte die Basis nicht fehlen.
KURIER: Apropos Basis: Wie schaut es denn mit dem Basiswissen der österreichischen Sommeliers aus?
Katharina Wolf: Das Basiswissen der österreichischen Sommliers über österreichischen Wein ist sehr gut. Leider stellt man nur immer wieder fest, dass in der Ausbildung des österreichischen Sommeliers wichtige Gebiete der sogenannten Alten Welt nur stiefmütterlich behandelt werden. Die Ausbildung ist einfach zu kurz um wirklich fundiert über die Weinwelt zu lernen. Die Sommelierausbildung in Österreich könnte definitiv verbessert werden.
KURIER: Was werfen Sie denn konkret vor?
Katharina Wolf: Vorwerfen ist hart ausgedrückt, aber vielleicht nicht schlecht. Ich werfe meiner Genereation im Allgemeinen vor zu wenig Biss und Motivation zu haben. Das ist natürlich nicht nur auf Sommeliers bezogen. Was sie betrifft, so finde ich, dass man sich heutzutage nicht einfach am Wifi zum Dipl. Sommelier ausbilden lassen kann und danach der Meinung sein kann, die Weinwelt verstanden zu haben. Dazu gehört mehr, es ist wohl eine echte Lebensaufgabe und ohne Fleiß, Akribie und enormer Passion wird das nichts. Warum wohl gibt es nur wenige Sommliers von Rang und Namen. Diese Berufsgruppe könnte viel wichtiger sein.
KURIER: Sie meinen, die Sommeliers interessieren sich zu wenig für das Neue?
Wolf: Natürlich gehört es zum Beruf eines Sommeliers seinen Gästen Neues zu zeigen. Neues muss nur nicht immer neu erfunden sein. Vergessen sollte man nur bloß nie auf das was seit eher groß ist. Warum immer nur das Neue suchen? Ein großer Wein ist ein großer Wein sowie Christian Thielemann ein großer Dirigent ist und Bruckners Fünfte eine große Sinfonie ist. Das war so, ist so und wird so bleiben.
KURIER: Man hört ja oft, dass dem Service in Österreich der Nachwuchs fehlt.
Wolf: Leider hat der Beruf des Kellners einen schlechten Ruf bekommen. Sehr schade, denn eigentlich ist es einer der schönsten und abwechslungsreichsten Berufe die es gibt. Er ist natürlich mit viel körperlicher Arbeit verbunden und das scheint nicht unbedingt im Trend zu sein….
KURIER: Sie sind als Frau, noch dazu als sehr junge Frau, eine Einzelerscheinung im Weingeschäft, bekanntlich eine Männerdomäne.
Wolf: Leicht war das natürlich nicht als 20-jährige in einer Männer-Domaine in der das Durchschnittsalter vielleicht zwischen 50 und 60 liegt, aber ich wurde immer akzeptiert. Ich denke vor allem als junger Mensch muss man mutig, frech und intelligent agieren. An Wissen sollte es nicht fehlen und den weiblichen Charme darf man nicht verlieren, dann klappt das auch mit den etwas kritischeren Herren.
KURIER: Ist leider in vielen Berufen so. Wobei: So eine Ausbildung wie die Ihre bei Ihrem Vater Carlo Wolf kann nicht jeder haben ...
Wolf: Natürlich hatte ich enormes Glück in solch einer weinverrückten Familie aufzuwachsen, aber das macht einen nicht zum Weinkenner. Ich bin davon überzeugt, dass jeder angehende Weinprofi, der sich wirklich mit der Materie beschäftigt, einsatzbereit ist und vor allem die nötige Passion hat, auch die Möglichkeit hat die großen Weinen dieser Welt zu probieren und darüber zu lernen. Man muss halt wirklich dahinter sein und es wollen.
KURIER: Verhandeln Sie als Frau anders mit Männern als es Männer untereinander tun?
Wolf: Ich gehöre nicht zu den Frauen, die Männer zum Frühstück verspeisen. Aber natürlich ist dieses ein Männergeschäft. Frauen verhandeln härter, weil sie es müssen. Vielleicht sind wir auch weniger kompromissbereit als die Männer. Am Ende ist unser Herz aber immer dabei.
KURIER: Mittlerweile gibt es ja nicht wenige Weinhändler in Österreich.
Wolf: Wir konzentrieren uns auf die Spitze und unterscheiden uns durch unsere Kompromisslosigkeit in der Auswahl unserer Partner extrem von Anderen. Wir führen viele Weine exklusiv. Das ist wichtig. Wobei Spitze nicht heißt, dass ein guter Wein nicht um zehn Euro zu haben wäre.
KURIER: Was empfehlen Sie den Weininteressierten als Einstiegsdroge?
Wolf: Unvoreingenommenen Weininteressierten empfehle ich sich mit vielen Weinkennern zu unterhalten und sich möglichst einen Weinhändler ihres Vertrauens zu suchen. Leider gibt es auf diesem Gebiet auch einige unseriöse Menschen, also sollte man vorsichtig sein und darauf achten, was der Händler vorzuweisen hat. Ich stelle gerne und oft Probierpakete mit verschiedenen Weinen aus einer Region oder zu einem Thema zusammen. Das ist absolut spannend zum Anfangen.
KURIER: Kommen wir noch einmal zu Frankreich. Die Franzosen gelten ja als große Weinkenner ...
Wolf: Natürlich hat das Thema Wein sowie Kulinarik als Gesamtes eine andere Gewichtigkeit als bei uns. Somit ist auch das Wissen vielleicht höher, allerdings sind die Franzosen wirklich sehr auf sich und ihre Weine konzentriert und kennen wenig anderes. In Ordnung, wenn man die Geschichte des Weinbaus anschaut, wirkt aber durchaus boniert an manchen Stellen…
KURIER: Und die Österreicher?
Wolf: Der Österreicher ist ähnlich wie der Franzose sehr auf die Heimatweine konzentriert, aber deutlich offener für Anderes bzw. Neues. Ich denke das ist eine sehr gesunde Entwicklung. Die Wurzeln nie vergessen, aber auch nicht mit Scheuklappen durch die Welt spazieren.
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