Feinschmecken in Lech: Kristiania
Das Hotel, das von außen den Charme der Siebziger verströmt, liegt auf einer kleinen Anhöhe. Was soll daran besonders sein, frage ich mich. Doch drinnen hat Getraud Schneider mit Hilfe ihrer Mutters Sammelleidenschaft, ein von warmen Farben, Kunst und mit Wissen zusammengetragenen Möbeln, ein Refugium für Gäste geschaffen, denen das Laute und Protzige widerlich ist. Wobei man in Lech nur selten auf derlei Offensichtlichkeiten stoßen wird.
Das Zusammenspiel von Steinböden aus alten Zeiten und neuzeitlich gedeckten Tischen, die Bar, das alles lässt den Gast sich von der ersten Minute an zu Hause fühlen. Der Barkeeper ist ausgezeichnet, überhaupt ist die Barkultur des Ortes vergleichbar mit Hamburg, München oder Wien. Es sind die besten Keeper, die hier Saison haben, und für ein verständiges Publikum nicht nur Gin Tonics zubereiten.
Die A-la-carte-Abteilung des Hauses ist winzig, ein paar Tische mit gutem Blick über das nächtlich beleuchtete Lech. Dom Perignon als Aperitif ist obligat und als ich mit Sabrina, der Sommeliere plaudere, kriege ich einen ersten Eindruck von der Philosophie des Hauses. Vom Besten sollte es halt irgendwie sein, aber ohne viel Aufhebens, bitte. Eine Weinfolge wird es zum Essen geben, wie sie nicht einmal am Arlberg selbstverständlich ist. Ein roter Burgunder gleich zum zweiten Gang, ein Semillon aus Bordeaux, ein herrlicher Barolo. Noch eine Woche in Lech und ich habe mich daran gewöhnt und kann nicht mehr nach Ostösterreich zurück. Andererseits: wäre das so schlimm? Der Küchenchef hat sich der Moderne verschrieben. Vieles, was gerade en vogue ist, kommt im Kristiania auf den Teller, allerdings mit Kenntnis und Geschmack zubereitet. Schon beim Gebäck sage ich wow. Sie haben wirklich die herrlichen Flutes, die französischen Minibaguettes, die gemeinsam mit etwas Butter zum festlichen Ritual eines guten Essens gehören. Das erste Amuse Bouche, bestehend aus dem Modegemüse Blumenkohl vulgo Karfiol in verschiedenen Texturen mit Mandelpulver gibt es auch für Pensionsgäste, und ich schließe daraus, dass die Halbpension des Kristiania, so wie die der Post oder des Burgvital, zu den besten in Lech gehören muss.
Sehr gut gefällt das Beef Tatare mit Petersilcrème vulgo Espuma und Artischoken. Auf den nächsten Gang war ich besonders gespannt: Mont d`Or mit Schwarzwurzeln und Dashibirne. Ein Käsegang an einer ungewöhnlichen Stelle im Menü, aber doch sehr gelungen, wenn man von den extrem al dente gegarten Wurzeln absieht. Saibling aus dem Lecher Fischteich gibt es als nächstes, mit einer delikaten, runden Sauce, winzigen in Safran gegarten Karfiolröschen, Mandeln und allerlei an delikaten Begleitern. Das gefällt.
Beim Sandwich von der Kalbsstelze, der nichts anderes ist als eine Art Confit in zwei winzigen, getoasteten Schwarzbrotscheiben stelle ich fest, das mit dem Würzen da und dort sehr zurückhaltend umgegangen wird, was aber nicht soviel macht, wenn es auf das Gericht schwarze Trüffel geregnet hat und die grünen Bohnen samt Bohnenkraut so gut schmecken wie sie es hier tun.
Jean Francois, der Patissier, muss ein kleines Genie sein, denn die Schokoladeschnitte, eine Art Marsriegel mit Bananeneis und Popcorn ist außergewöhnlich gut, wie auch das zweite Dessert vom Apfel. Ein dezent luxuriöses, kosmopolitisches Haus. Ein bisschen britisch halt, wie viele der Gäste.
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