Die Oblaten-Krise: Warum man immer schwerer an sie ran kommt
Diese Geschichte beginnt mit einer veritablen Oblaten-Krise. Wenn nämlich eine Torte am Tisch stehen soll, die es für den derart beschenkten Menschen schon seit dessen Kindheit zum Geburtstag gibt. Und die auch noch so einfach wie genial ist: Für eine Oblaten-Torte braucht man nur die Creme anzurühren und diese zwischen die Waffelblätter zu füllen.
Bisher war das kein Problem: Im Supermarkt die rosa-silbrig verpackten, runden Oblaten gekauft, daheim mit Fülle bestrichen, fertig! Doch dann das: Heuer waren in drei Supermärkten keine Oblaten vom Wiener Traditionsunternehmen aufzutreiben. Erst im Manner-Shop erfuhr man die ganze Tragweite des Problems – Manner stellte schon zu Jahresbeginn die Produktion dieser typischen, österreichischen Backware ein.
Grundrezept
Für die Kakaocreme 250 g zimmerwarme Butter mit 150 g Staubzucker und 50 g Kakaopulver schaumig rühren. 6 bis 8 Oblaten damit bestreichen und vorsichtig aufeinandersetzen. Die oberste Oblate etwas dicker bestreichen und mit Früchten, Blüten, Keksen, Schokolinsen oder anderem verzieren.
Das Rezept stammt von Alexandra Palla.
Variante 1
250 g dunkle Schokolade mit 1 Packerl Vanillezucker in 250 ml flüssigem Schlagobers schmelzen und gut verrühren. Masse erkalten lassen, cremig aufschlagen und Oblaten bestreichen.
Variante 2
150 g Butter, 90 g Staubzucker und 60 g Powidl verrühren, 100 g Kuvertüre schmelzen. Waffelblätter mit Powidlcreme, als 2. Schicht dünn mit Kuvertüre bestreichen und zusammensetzen. Das letzte Waffelblatt mit Kuverüre bestreichen, daraufMandelsplitter streuen. 2 Stunden kühlen.
Das Rezept stammt von der Firma Auer.
Variante 3
Die Oblaten mit Nutella oder anderer Schoko-Creme bestreichen.
Nur mehr Restbestände – konkret: die gezuckerten und dünn mit Vanillecreme gefüllten Oblaten – seien noch erhältlich.
Man ist versucht, sich schuldbewusst zu fühlen. Denn die Firma Manner gesteht, die Maschinen erst „nach langer Überlegung“ gestoppt zu haben. „Die Verkaufszahlen sind seit Jahren kontinuierlich zurückgegangen, es hat sich wirtschaftlich einfach nicht mehr gerechnet“, sagt Sprecherin Karin Steiner.
Eine Generationenfrage und viele Namen
Die Einstellung der Oblaten-Produktion bei Manner ist insofern pikant, da auch die heute weltberühmten Mannerschnitten im Jahr 1898 aus der Idee von mit Creme gefüllten Waffelblättern entstand. Diese Maschinen auch für die Oblaten-Produktion zu nutzen, ist nicht möglich, erklärt Steiner. Die Umrüstung sei zu kompliziert für ein Nischenprodukt, zu dem die Oblaten geworden sind.
Quatsch- und Trampeltorte
Vielleicht ist es auch nur eine Generationenfrage, dass die Oblaten und die namensgebende Torte aus der Mode gekommen sind. Bekannt ist sie auch jüngeren Semestern, sogar unter regional unterschiedlichen Namen, in Wien zum Beispiel „Quatschtorte“. Im oberösterreichisch-niederösterreichischen Raum heißt sie mancherorts „Trampeltorte“. Das wird ihr zwar nicht gerecht, entlockt einem aber immerhin ein Schmunzeln.
Freundlicher ist da schon „Schwiegersohn-Torte“ – wenn es schnell gehen musste, weil der (künftige) Schwiegersohn zu Besuch kam. Und auch als „Pischinger-Torte“ ist sie ein Begriff geworden. Wiewohl das gleichnamige Produkt der Firma Pischinger nach wie vor abgepackt gekauft werden kann.
Geburtsort Karlsbad
Dabei riss sich einst die bessere Gesellschaft der Monarchie um die Oblatentorte. Im Kurort Karlsbad im heutigen Tschechien waren Oblaten im 19. Jahrhundert unter den Kurgästen als Süßspeise höchst beliebt (gefüllt mit Zucker und Mandelsplittern). Der flüssige Teig besteht nur aus Mehl, Wasser und Stärke, wodurch er flach blieb. Durch das Karlsbader Heilwasser schmeckte er zudem besonders. Irgendwann begann man wohl, die Scheiben mit Schokolade-Buttercreme zu füllen, die Torte verbreitete sich in der Monarchie und blieb Österreich auch danach erhalten, ebenso wie die Oblaten-Tradition.
Zur Popularität trug sicherlich auch bei, dass für die Torte kein Backrohr benötigt wurde. Bei der 1920 gegründeten Firma Auer zählten die dünnen Scheiben von Anfang an zum Sortiment. Als „Carlsbader Waffelblätter“ sind sie bis heute in eckiger Form erhältlich, das Format wird im privaten Gebrauch geschätzt, betont die Firma.
Für Foodbloggerin und Kochbuchautorin Alexandra Palla verkörpert die Oblaten-Torte wie für viele andere den Geschmack der Kindheit. „Je nach Anlass wurde sie mit Kerzen und Spielzeug dekoriert.“ Die Oblaten-Frage löst sie übrigens ganz pragmatisch. Sie verwendet am liebsten Oblatenscheiben – das sind die hauchdünnen, mit einer dünnen Cremeschicht gefüllten Oblaten. „Die Karlsbader oder Wiener Oblaten sind für mich sehr nah am Original.“
Oblaten-Varianten: Pur zum Naschen oder als Tortenbasis
Welche Oblaten es derzeit im Handel gibt (von links nach rechts):
Manner Oblaten: Leider schon ein Auslaufmodell. Erhältlich sind nur mehr Restbestände der gezuckerten, mit Vanillecreme gefüllten Version; z. B. in den Manner-Shops, 5 Stk. um 2,49 €
Pischinger Knusper-Nuss-Oblaten: Zwischen zwei Oblaten werden als Fülle Zucker, Nuss- und Mandelsplitter gestreut. Schmeckt als Knabberei oder Torte. In Heindl-Shops, 5 Stk. um 2,40 €
Auer Carlsbader Waffelblätter: Ungesüßt und ungefüllt – mit ihrem neutralen Geschmack ideale Basis für die Oblaten-Torte. Einziger Kritikpunkt: Sie sind eckig, nicht rund. Z. B. bei Spar, 8 Stk. um 0,99 €
Ischler Oblaten, Konditorei Zauner: Ganz klar die Luxus-Variante. Die Blätter sind mit Mandel-Vanillecreme gefüllt. Fast zu schade für eine Torte. Online-Shop 10 Stk. in der Nostalgie-Dose ab 23 €
Original Wiener Oblaten: Die klassischen, zarten Waffelblätter werden noch heute von Hand auf alten Waffeleisen gebacken. Im Geschäft in Wien 4, Rechte Wienzeile 25 kosten 10 Stk. 5 €
Pischinger Oblaten-Torte: Die „Pischinger-Torte“ kennen Wiener als typisches Dessert beim Heurigen. Die Waffeln sind mit Kakaocreme gefüllt – eine vollwertige „Torte“. In Heindl-Shops um 1,99 €
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