Comeback des Chianti

Comeback des Chianti
Um den Klassiker aus der Toskana machten Kenner lange einen Bogen. Zu Unrecht. Ein toller Wein zu fairen Preisen.

Für die Weine Italiens gab es jahrzehntelang in Österreich ein Symbolbild: der Chianti in der Bastflasche. Der "Tschianti", wie wir ihn gemeinerweise tauften, war die Alternative zum Bardolino. Zu essen gab es dazu Pizza mit Salami und Mais.

Doch wie in den letzten fünfzehn Jahren die Zahl der Nudelmaschinen zum Selbermachen von Pasta in Österreichs Küchen zugenommen hat, und immer mehr Hobbyköche wissen, dass Pesto keine italienische Benzinsorte ist, haben wir mittlerweile auch die richtige Aussprache des Chianti drauf. Aber wissen wir sonst noch etwas über die Sorte?

Comeback des Chianti

Das Chianti ist ja nur ein Weinbaugebiet unter vielen in der Toskana. Andere, etwa Bolgheri, sind in den letzten Jahren mehr aufgefallen. Deren "Super-Tuscans" übertreffen sich immer wieder im Ruhm, aber vor allem im Preis. Um den Chianti selbst ist es stiller geworden. Doch auch diese Weine sind einen Platz im Weinkeller wert. Aus einem gesichtslosen Billigwein ist längst ein Wein von Charakter geworden.

Robust und fein

Comeback des Chianti

Die Sangiovesetraube bringt robuste und gleichzeitig feine und durchwegs delikate Weine hervor. Sie haben das, was in der Sprache der Weinfreaks "Terroir" heißt, also etwas ganz Typisches im Geschmack, das von der Beschaffenheit des Bodens herrührt, auf dem die Weine wachsen. Schätzenswert macht den Chianti seine Unverwechselbarkeit und sein Preis. Denn obwohl die Qualität durchaus mächtig angezogen hat und viele größere und kleinere Weingüter nach State-of-the-Art-Methoden arbeiten, sind die Preise teilweise noch auf dem Niveau der Achtzigerjahre.

Das freut den Weinfreund, der lieber weniger Geld für gutes Zeug ausgibt. Der Chianti ist da besonders geeignet - wegen der regionalen Lebenskultur.

Brot ohne Salz

Comeback des Chianti

Sie hatten nie viel, die Bauern im Chianti. Sie hatten das, was halt so wuchs und herumlief auf ihren Höfen und im Wald. Also gab es erst einmal Gemüse, Gemüse, Gemüse, Brot ohne Salz, weil Salz unleistbar war, schließlich das Öl der Olive, und Wildschein, Lamm und Geflügel. Zu diesem herzhaften Essen war ein Wein gerade recht, der säuremäßig durchaus Gas gibt. Der Chianti eben.

Die Ernte ist mittlerweile eingebracht. Es scheint ein guter Jahrgang zu werden.

Ricasoli: Die Leidenschaft des Barons

Comeback des Chianti

Die Familie Ricasoli gibt es im Chianti wohl ähnlich lange wie den Weinbau. Sie ist dem Wein seit 1140 verbunden. Die Ricasolis unterhielten prächtige Beziehungen zu den Mächtigen von Florenz, bauten ein Schloss, das als Bollwerk gegen das feindliche Siena galt, und brachten im 19. Jahrhundert sogar einen Kanzler hervor.

Baron Francesco Ricasoli sieht es nicht gerne, dass die Weine des Chianti Classico als nicht so prestigeträchtig gesehen werden wie die noblen Mitbewerber aus der Gegend um Bolgheri. "Die Sangiovesetraube bringt so viele schöne Varianten", sagt er, der auf Brolio das Weinmachen betreibt wie eine Wissenschaft. "Wir haben tausend Jahre Forschung hinter uns." Immer lassen sich Ricasoli und seine Mitarbeiter etwas Neues einfallen - Weinmachen als ständiges Experiment. Zum Beispiel war da die Idee, in einem Weingarten eine Sorte zu pflanzen, die man in der Gegend eigentlich sonst nicht findet.

Heraus kam einer der besten Weine der Region, der Casalferro, ein Kraftbündel aus Merlot. Natürlich muss ein Gut dieser Größe auch Weine für den Alltag produzieren. Der einfache Chianti kann schon was, Rosé und Weißwein sind besonders fein. Doch dem Baron ist klar, dass der Weg zum Erfolg nur über die Spitze führen kann. Sein Castello di Brolio, ein reinsortiger Sangiovese, zählt ebenso zu den Topweinen der Region wie der Colledila, ein Lagewein aus einem Garten in der Nähe des Gästehauses.

INFO: Ricasoliweine bei www.weinco.at

Capannelle: Das Fort Knox der Weinliebhaber

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James Bond wäre begeistert: Ein Tresor aus meterdickem Stahl. Er heißt nicht Fort Knox, sondern Caveau und ist Teil eines der modernsten Weinkeller des Chianti.

Das 20 Hektar große toskanische Luxus-Weingut ist seit 1997 im Besitz von James B. Sherwood, Präsident und Mitinhaber der Sea Container und Orient-Express Gruppe, der Spaß an solchen Spielereien hat. Im ersten Weintresor der Welt lagern die Weine der Kunden, deren Liste eine Art "Who's who" weltweiter Spitzenrestaurants und Hotels ist.

Keine Frage: Capannelle macht "high end" Rotweine. Das heißt: Sie werden in kleinen Mengen produziert, die erst nach fünf bis sechs Jahren Lagerung in den Handel kommen. Der Chianti Classico Riserva und auch der Chardonnay sind hervorragend, besondere Freude macht aber die Cuvée Solare aus Sangiovese und Malvasier nero.

Der Prestigewein des Gutes heißt Fifty Fifty, dahinter steckt ein Gemeinschaftsprojekt zwischen den Gütern Capannelle und Avignonesi in Montepulciano. Auf dem Gut kann man herrlich wohnen, sich privat von einer wunderbaren Köchin bekochen lassen, und sich am Morgen nach einer kraftraubenden Weinverkostung im Pool erholen, von wo die Aussicht auf die Weinberge gigantisch ist.

INFO: Capannelle bei www.doellerer.at

Rezept: Pici al ragu auf Brolio

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In der Osteria del Castello hat man Gelegenheit, die Weine des Gutes Ricasoli aus großen Gebinden zu verkosten. Das mit viel Geschmack eingerichtete Lokal liegt mitten im Wald.

"Wir haben die Osteria erst vor ein paar Jahren übernommen. Ihr Ruf war nicht der beste. Das sollte sich nicht auf den Ruf des Weinguts auswirken", erzählt der Baron, während der junge Küchenchef Pici al ragu servieren lässt und das Rezept verrät (Pici sind eine lokale Teigwarenspezialität).

Zutaten:
1 kg Schweinenacken
200g frischer Bauchspeck vom Schwein
2 Karotten
2 rote Zwiebeln
4 Selleriestiele
2 Knoblauchzehen
Rosmarin
2 Lorbeerblätter
6 Wacholderbeeren
2 Gläser Rotwein
2 Löffel doppeltes Tomatenkonzentrat
Olivenöl Extra Vergine
Salz, Pfeffer

Zubereitung:
Karotten, Sellerie, Zwiebeln und Knoblauch klein schneiden, in einem weiten und tiefen Topf anbraten. Schweinefleisch durch den Fleischwolf drehen und in einer Pfanne in Öl anbraten. Wenn das Fleisch gut angebraten ist, zum Gemüse geben, gut umrühren, mit Rotwein begießen. Kräuter und das Tomatenkonzentrat hinzufügen. Wenn der Wein verdunstet ist, den Topf mit Wasser auffüllen, bei kleiner Flamme 4 Stunden lang köcheln, ab und zu mit dem Holzkochlöffel umrühren. Wenn das Wasser verdunstet ist, mit Salz und Pfeffer abschmecken, vom Herd nehmen.

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