Zukunftsserie: Wetterwahnsinn

Zukunftsserie: Wetterwahnsinn
Warum Wetterextreme dramatisch zunehmen. Und wie wir in Zukunft zumindest präzisere Prognosen erhalten werden. Michael Horowitz über Luftströme, Wetter-Apps und Freiluft-Tennis im November.

Tennis im Freien. Im November. Bei mehr als 20 Grad. Das hab’ ich noch nie erlebt. Wetterkapriolen als Folge des Klimawandels häufen sich. Das Klima gibt uns in letzter Zeit immer mehr kalt/warm. Global haben sich extreme Wetterlagen in den vergangenen 30 Jahren verdoppelt. Und in Zukunft wird alles noch viel schlimmer, warnen besorgte Meteorologen. Föhnige Freiluft-Tennis-Freude im November, aber auch weltweite Hitze- und Kältewellen, Überschwemmungen und Waldbrände, Orkane wie in Hollywood-Horror-Filmen werden von Jahr zu Jahr rasant zunehmen. Das könnte laut einer neuen Studie am Jetstream – einem Starkwindband in mehr als zehn Kilometern Höhe – liegen. Die Folge sind Hitzewellen mit dramatischen Dürren und tagelang anhaltenden Regengüssen. Amerikanische Klimaforscher der Rutgers University in New Jersey glauben zu wissen, warum: Durch die Erwärmung der Arktis schwächt sich der Jetstream ab und bildet oft große Wellen. Diese bleiben lange stabil und regenerieren sich immer wieder. Die Folge ist, dass die Witterung in einer bestimmten Region über viele Wochen hinweg nahezu gleich bleibt. Umso wichtiger ist die Zukunft der Wettervorhersagen. Fieberhaft wird weltweit an neuen Computern und Satelliten gearbeitet, um endlich exaktere Prognosen erstellen zu können. Private Haushalte und Unternehmen werden schon in wenigen Jahren vor folgenschweren Ereignissen wie Dürre und Flut, Flughäfen vor Eis, Nebel und Schnee, Regierungen vor dramatischen Umweltrisiken gewarnt werden können.

Der Start der nächsten MetOp-Satellitengeneration ist für das Jahr 2021 geplant. Sie wird drei Satelliten umfassen – mit verbesserten Daten und völlig neuen Messmethoden. Und auch unsere geliebten Wetter-Apps werden irgendwann präzisere Vorhersagen liefern. Noch sind die Prognosen auf dem Smartphone extrem ungenau, meint der zumindest als Meteorologe immer schon unumstrittene Jörg Kachelmann: Das liege daran, dass die vorinstallierten Anwendungen meist von amerikanischen Anbietern stammen. Die dortigen Programmierer haben aber von europäischer Topografie keine Ahnung …

Vor allem beruhen die Prognosen auf kostenlosen und daher sehr grobmaschigen Wettermodellen. Die präzisen Vorhersagen liefere man lieber an Versicherungen und Energiekonzerne, die dafür sehr viel Geld bezahlen. In Großbritannien entsteht ein Supercomputer, der bereits ab 2017 Wetter- und Klimadaten mit extremer Leistungsfähigkeit bieten wird. Mit einer 13-fach schnelleren Rechenleistung als bisherige Systeme. Mit bis zu 16 Billionen Berechnungen pro Sekunde wird dann der Cray Inc.-Computer, der dem Gewicht von elf Londoner Doppeldeckerbussen entspricht, exaktere Prognosen als heute liefern. Und hoffentlich nicht beängstigende Wetterextreme der Vergangenheit vorhersagen: Die höchste Temperatur wurde am 13. September 1922 in der libyschen Wüste gemessen, 57,3 Grad Celsius. Die niedrigste Temperatur, die bisher auf der Erde gemessen wurde, herrschte in der Antarktis. An der Forschungsstation Wostok, am 21. Juli 1983 hatte es minus 89,2 Grad Celsius. Die größte Regenmenge, die je an einem Tag verzeichnet wurde, prasselte am 15. März 1952 in Cialos auf der Insel Réunion vom Himmel: 1.870 Liter. Und die heftigste Böe erreichte am Mount Washington in New Hampshire am 12. April 1934 mehr als 400 Stundenkilometer. Eine Geschwindigkeit, die Formel-1-Piloten vor Neid erblassen lässt.

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