Partner oder Monster?

Partner oder Monster?
Denkende Maschinen werden unser Leben verändern. Michael Horowitz über Computer, die klüger sind als wir.

Wird das Leben wunderbar oder grauenhaft? Innerhalb der nächsten 30 Jahre soll die AI – artifizielle Intelligenz an die menschliche heranreichen oder sie sogar übertreffen. Diese Prognose basiert auf der Entwicklung des technischen Fortschritts, der innerhalb der nächsten drei bis fünf Jahrzehnte 32-mal schneller ablaufen wird als im gesamten 20. Jahrhundert. Vor Kurzem wurde auf einer wissenschaftlichen Konferenz eine Umfrage unter Experten durchgeführt: Zu welchem Zeitpunkt gibt es eine 50:50-Chance für die Automatisierung intelligenten Verhaltens? Die meisten nannten die Jahre zwischen 2040 und 2050. Und mit 90-prozentiger Wahrscheinlichkeit rechnen Wissenschaftler damit, dass unsere Enkel spätestens in 60 Jahren mit künstlicher Intelligenz umgehen müssen. Maschinen-Intelligenz – Lebenspartner oder Monster? Sollen wir uns darüber freuen – oder müssen wir uns davor fürchten? Erleichtert die künstliche Intelligenz nur unser Leben oder dominiert sie es? Wird es eine Invasion von übermächtigen, denkenden Maschinen geben, die uns ersetzen? Solche Computer erledigen auch jetzt schon Dinge, die früher die Aufgaben von Menschen waren – auf dem Niveau menschlicher Intelligenz oder darüber hinaus. User-Verhalten wird prognostiziert, riesige Datenmengen werden analysiert, Autos fahren selbstständig und Schachprogramme spielen auf Großmeister-Niveau. Der IBM-Großcomputer Watson soll schon heute präzisere Anamnesen durchführen können als so mancher Arzt, daher wird es besonders in der Medizin in Zukunft revolutionäre Fortschritte geben: innerhalb der nächsten zwei Jahrzehnte können Ärzte den Fortschritt von Alterung stoppen – und möglicherweise sogar umkehren. Mit Computern, die von Menschen so programmiert sind, dass sie eigenständig Probleme erkennen – und lösen können.

Künstliche Intelligenz kommt in der Kunst seit Jahrhunderten vor: In der Renaissance wurde der Begriff des Homunculus, eines künstlichen Miniaturmenschen geprägt, später erschienen in der Literatur menschenähnliche Automaten wie in E.T.A. Hoffmanns Sandmann. 1926 thematisierte Fritz Lang im Film Metropolis Roboter, die die Arbeit der Menschen übernehmen. Im Laufe der Filmgeschichte entwickeln diese Maschinen mit Bewusstsein auch immer mehr feindselige Pläne gegen Menschen wie in der Odyssee im Weltraum oder zuletzt im Film Transcendence. Denkende oder sogar selbstständig lernende Maschinen werden vermutlich schon in naher Zukunft unser Leben nachhaltig verändern. Für Professor Nick Bostrom ist künstliche Intelligenz ein absolut realistisches Szenario. Der schwedische Philosoph ist Leiter des „Future of Humanity“-Institutes der Universität Oxford, in seinem Buch Superintelligence: Paths, Dangers, Strategies warnt er davor, wie rasant alles gehen wird. Und dass wir bereits in 20 Jahren Computer erleben könnten, die klüger sind als wir. „Tesla“-Chef Elon Musk, für manche der Thomas Edison unserer Tage, twitterte nach der Lektüre des Bostrom-Buches aufgeregt, dass AI – artifizielle Intelligenz für die Menschheit potenziell gefährlicher sei als die Atombombe. Sollen wir also Angst vor dem enormen Leistungspotenzial der Computer von morgen haben? Vor diesen intelligenten Maschinen, wie sie Bostrum beschreibt, als „vernunftbegabt, lernfähig, abwägend, befähigt zur Bewältigung komplexer Herausforderungen im Prozessieren von Informationen über ein breites Spektrum natürlicher und abstrakter Bereiche“. Nein, Angst sollten wir nicht haben. Versuchen wir, die Maschinen die Arbeit machen zu lassen, die uns nicht gefällt. Der Mensch wird immer mehr sein als ein leistungsstarker Computer. Mit natürlichem Instinkt statt künstlicher Intelligenz. Besinnen wir uns wieder auf das, was nur wir haben. Emotionen. Und wagen wir im neuen Jahr mehr, uns Träumen hinzugeben.

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