Ommmmm für alle

Augen schließen, die Gedanken ziehen lassen. Einatmen, ausatmen. Sich auf den Bauch, die Schultern oder ein anderes Körperteil konzentrieren. Beim Bewegen, Dehnen und Stillsitzen. Was für manche verdächtig esoterisch klingt, ist ganz schön gesund – und ziemlich trendy ...
Yoga liegt seit Jahren voll im Trend – und das ist gut so! Denn die indische Bewegungslehre kann Körper, Geist und Seele gleichermaßen heilen.

Am 21. Juni ist es so weit. Dann werden wieder Tausende Menschen in New York den Verkehr am Times Square lahmlegen, um den Sommer mit Sonnengrüßen willkommen zu heißen. Das hat bereits Tradition. Seit elf Jahren. Auch in München, Hamburg und Bremen wird mit einer „Langen Nacht des Yoga“ in den längsten Tag des Jahres hineingefeiert. Und das alles natürlich völlig entspannt.

Yoga hat sich längst zum Dauerbrenner unter den populären Sportarten entwickelt. Das „American College of Sports Medicine“ hat das meditative Training auch heuer wieder auf die Top-10-Liste der Trendsportarten gesetzt. In Amerika sind es mehr als 20 Millionen Menschen, die regelmäßig den herabschauenden Hund und andere Yoga-Positionen praktizieren. In Deutschland sind es knapp drei Millionen, in Österreich immerhin 350.000. Tendenz steigend. Aber warum fasziniert Yoga so viele Menschen? Erstens weil es den Übenden spürbar gut tut. Und zweitens, weil die positiven Auswirkungen von Yoga wissenschaftlich belegt sind.

„Wer Yoga übt, entfernt das Unkraut aus dem Körper, so dass der Garten wachsen kann“, erklärte der weltweit bekannte indische Yoga-Guru B. K. S. Iyengar (1918-2014) diesen Effekt. Sein Yoga-Stil stellt die besonders präzise Ausführung von Körperhaltungen in den Fokus. „Yoga heilt mich“, bestätigt auch Pop-Queen Lady Gaga. Sie setzt wie viele andere Stars auf Bikram-Yoga, das in bis zu 40 Grad heißen Räumen praktiziert wird. Aber ganz egal, welches Yoga man macht, es geht um die Kunst, den Atem fließen zu lassen, die Bewegungen zu spüren und dabei letztlich die Muskeln zu entspannen.

„Achte darauf, wo sich die Schultern befinden, richte den Kopf in Verlängerung zur Wirbelsäule auf, ziehe das Kinn Richtung Brustbein, spüre deinem Atem nach“, tönt es in der Yoga-Schnupperstunde in einem Studio in der Wiener City. „Wie fühlt sich der Atem an? Ist er flach und schnell, langsam und tief?“ Die Hirnforschung bestätigt: Die permanente Beobachtung des Atems, des Körpers und seiner Haltung verändert unser Denken. Vorher kaum wahrgenommene Empfindungen wie Trauer, Schmerz, Aggression oder Verletzlichkeit werden plötzlich bewusst – und deshalb beeinflussbar. Emotionen und die Einschätzung, wie der eigene Körper reagiert, werden mit Yoga besser spürbar. Auch der Lebensstil ändert sich. Die Lust auf gesundes Essen wächst automatisch. „Wir dehnen nicht nur die Glieder, wir dehnen das Bewusstsein“, so Yoga-Guru Iyengar.

Andreas Goldammer, Arzt für Allgemeinmedizin und Osteopath in Wien mit Zusatz-Ausbildung als Yoga-Lehrer: „Es fühlt sich sehr gut an, wenn ein lebensphilosophisches Konzept wie Yoga boomt. Weil es nicht um die rein körperliche Fitness geht, sondern um gesunde Ernährung, Stressmanagement, Gelassenheit und Meditation, aber auch Gewaltfreiheit und ethisches Handeln.“ Mediziner Goldammer weiß sogar von der positiven Wirkung von Yoga bei Bandscheibenpatienten zu berichten – allerdings mit Vorbehalt: „In solchen Fällen darf Yoga nur von medizinischen und therapeutisch versierten Fachpersonen vermittelt werden. Dabei geht es um einfache und nicht überfordernde Übungen, die den betroffenen Bereich stabilisieren und kräftigen.“ Warum Yoga hier hilft? „Man schätzt, dass zwei Drittel aller Patienten mit Bandscheibenvorfällen auch an wesentlichen Stressfaktoren leiden, die dazu führen, dass sich die Halte- und Stützmuskulatur des Rückens in einer chronischen Dauerspannung befinden“, so Goldammer. Gerade hier setze Yoga an, weil es das Potenzial hat, das vegetative Nervensystem zu beruhigen, die Muskeln zu entspannen, den Rücken wieder besser wahrzunehmen und Stresssituationen leichter zu managen. „Es geht um die nachhaltige Veränderung von Verhaltensmustern, die erst zu dieser Situation geführt haben“, erklärt der Mediziner.

Yoga kann Leben verändern“, ist auch Elfi Mayr überzeugt. Sie hilft seit 2007 Interessierten, sich mithilfe des „Yoga Guides“ beim Angebot in Österreich zurechtzufinden. „Es gibt mittlerweile so viele Möglichkeiten und Anbieter – der Einstieg ist für Anfänger nicht gerade einfach“, so Mayr. Von Ashtanga über Bikram und Iyengar bis Yin Yoga – was steckt dahinter und welcher Stil ist der Richtige? Eine Frage, die übrigens nicht nur Anfänger beschäftigt. So mancher hängt vielleicht schon viel zu lange in einem Kurs fest, der ihm gar nicht entspricht, und trotzdem kämpft er sich diszipliniert durch die Stunden – um abzunehmen oder endlich den Fuß hinter das Ohr zu bekommen, so wie der Mattennachbar. Dass hierbei das Wohlbefinden ausbleibt, überrascht wenig. Es ist zwar belegt, dass regelmäßig praktiziertes Yoga das Potenzial hat, den Körper positiv zu beeinflussen, den Blutdruck zu senken sowie Gelassenheit und positives Denken in den Alltag zu bringen. Doch ohne den richtigen Mix aus Atmen, richtig dosierter Bewegung, Entspannung und Achtsamkeit, wird sich einem der Yoga-Weg nicht erschließen. Gerät ein übereifriger Schüler dann auch noch an einen unerfahrenen Lehrer, können sich die positiven Aspekte rasch ins Gegenteil wenden. Doch welcher Lehrer und welches Yoga passt zu einem?

„Wer Yoga lernen will, muss sich die Mühe machen, ein paar Kurse auszuprobieren“, sagt Elfi Mayr. „Das kann einem keiner abnehmen. Die Stile sind so individuell wie die Bedürfnisse der Menschen.“ In der Vorauswahl lässt sich höchstens grob einschätzen, ob jemand mehr auf eine sanfte oder dynamischere Yoga-Variante setzen sollte. „Jeder Körper braucht etwas anderes“, sagt auch Yoga-Mediziner Andreas Goldammer. „Wenn man seinen Stil aber einmal gefunden hat, kann es befreiend sein zu wissen, dass Yoga auch ohne Kopfstand möglich ist.“ Yoga wird populär bleiben. US-Autorin Teresa Anne Power ist sogar überzeugt: „Der Yoga-Boom kommt erst noch!“ Entwaffnend simple Begründung: ihr Buch für Kinderyoga „ABC Yoga for Kids“, das sie bereits 2009 auf den Markt gebracht hat, verkaufe sich heute, sechs Jahre später, besser denn je. Denn auch immer mehr Schulen hätten Interesse daran, Yoga im Sportunterricht zu praktizieren.

Yoga zu lernen ist mittlerweile für jeden möglich. Kaum ein Fitnessstudio verzichtet auf Yoga-Einheiten. Und sucht man auf YouTube nach Videos, erhält man gut 5.000 Vorschläge – von Cardio Yoga bis „Yoga Body Shaping für Anfänger: Dein direkter Weg zum Sexy Summer Body“. Doch was verbirgt sich eigentlich wirklich hinter so manchem Yoga-Workout? „Zum Teil ist es schlimm, was alles als Yoga verkauft wird“, sagt Katharina Wogrolly. Die ehemalige Marketingfrau eröffnete ihr Yoga College, in dem sie am Wiener Neubaugürtel Hot Yoga anbietet, bereits vor zehn Jahren. Zu einer Zeit, als es noch nicht so viele Yoga-Studios gab wie heute. Und noch nicht so eine Vielfalt. „Der Mix aus Yoga und Pilates geht ja noch“, sagt sie. Aber so manches Angebot habe nichts mehr mit den ursprünglichen Säulen der indischen Bewegungslehre zu tun – Atmen, Bewegen, Entspannen und Reinigen. Oft handelt es sich um bloße Workouts, um abzunehmen oder eine Modelfigur zu erlangen. Da werden einfach brav Sequenzen abgearbeitet.

Viele Menschen glauben, sie machen Yoga, dabei machen sie nur Gymnastik. So lautet auch eine der Hauptthesen von Rixa Regina Kroehl, Yoga-Trainerin, Wissenschaftlerin und Hochschuldozentin, in ihrem Buch „Das ist Yoga“ (Südverlag). Die permanente Achtsamkeit auf Atem und Bewegungen mache den Unterschied. „Richten Sie sich auf – auch im Sitzen! Atmen Sie tief ein, setzen Sie das innere Lächeln auf und nehmen Sie die Schulterblätter nach hinten unten – wie fühlen Sie sich? Spüren Sie den Unterschied? Er muss nicht groß sein: es ist der kleine Unterschied, der den großen Unterschied macht.“ Dieser Unterschied, diese Aufmerksamkeit, lässt einen auch rechtzeitig spüren, wenn eine Dehnung zu stark ist, bevor die Übung schmerzt. Yoga-Lehrerin Wogrolly: „Es kann natürlich auch passieren, dass jemand regelmäßig Yoga übt, und trotzdem tut ihm alles weh. Das darf nicht sein, sollte dann auch von einem Arzt abgeklärt werden. Nach Jahren der Erfahrung, weiß man heute viel darüber, wie verletzungsfrei praktiziert und unterrichtet werden kann.“ Dazu brauche es aber die permanente Weiterbildung der Lehrenden. Gerade der therapeutische Zugang ist hier essenziell.


Aber was tun, wenn jemand mit Schmerzen im Knie, dem Rücken etc. in den Kurs kommt? Das Wichtigste ist, dass der Yoga-Lehrer die Schüler ermuntert, ihn darüber zu informieren – damit Ersatzübungen angeboten werden können. Mediziner Andreas Goldammer geht sogar noch einen Schritt weiter: „Yoga-Lehrer erwerben in der Regel nur wenig Wissen im Umgang mit Menschen, die aufgrund von Alter, Fehlhaltung oder Schmerzen besondere Behandlung benötigen.“ Er selbst versucht mit seiner Tätigkeit als Dozent bei Aus- und Weiterbildungen Yoga-Lehrern den Blick im Falle von Beschwerden zu schärfen. Die Yoga-Lehrer-Ausbildung würde zwar Basiswissen aus Anatomie und Physiologie beinhalten, jedoch gebe es kein allgemeingültiges Regelwerk, welches Mindeststandards festlegt.


Katharina Wogrolly hat neben vielen Yoga-Lehrer-Ausbildungen eine therapeutische Weiterbildung absolviert. „Es ist mir wichtig, nie mit dem Lernen aufzuhören“, sagt sie. Und sieht für sich kein Problem, viele Menschen gleichzeitig zu unterrichten. „35 Leute in einer Klasse sind schön. Da ist die Energie viel aufregender. Man kann etwa Bikram Yoga gut in der Masse trainieren und unterrichten.“ Wem das zu wenig individuell ist, der meldet sich am besten in geschlossenen Kurse an, die in vielen Studios angeboten werden und meist im Frühjahr und Herbst neu starten. Zur Sicherheit hilft es, in den Studios konkret danach zu fragen, ob die Teilnehmerzahl begrenzt ist.
„Es ist schon eine Aufgabe, das richtige Yoga für sich zu finden. Auch das Ambiente muss einem gefallen und dem Lehrer muss man unbedingt vertrauen“, sagt „Yoga Guide“-Herausgeberin Elfi Mayr. Aber es lohne sich, nicht gleich aufzugeben, wenn das erste Mal ein Reinfall war. Vielleicht lag es ja am Lehrer, dem Stil – oder an der eigenen Aufregung. Wer dann aber einen Kurs gefunden hat, in dem er sich wohl fühlt, hat alles in der Hand, um sein Leben im positiven Sinne auf den Kopf zu stellen. Egal, ob mit oder ohne Kopfstand ...

Für Yoga braucht es nicht viel – zur Not geht es auch ohne Matte, mitten in der Wiener City. Das Team vom Yoga College macht es vor. Katharina Wogrolly, seit zehn Jahren Inhaberin eines Yoga-Studios sagt: „Es kann natürlich auch passieren, dass jemand regelmäßig Yoga übt und trotzdem tut ihm alles weh.“ Und dann? Unbedingt vom Arzt abklären lassen

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1. Wer eher Ruhe und Entspannung oder einen moderaten Beginn sucht, kann es mit sanftem Yoga, etwa Yin Yoga, oder Grundlagen des Hatha Yoga, versuchen. Wer lieber zu einer dynamischeren Variante tendiert, wählt Vinyasa bzw. Ashtanga. Welcher Yoga-Stil geeignet ist, kann nur jeder für sich selbst herausfinden. Am besten unterschiedliche Kurse und Lehrer ausprobieren.

2. Am Anfang steht oft Unsicherheit. Ist man beweglich genug? Kann man wirklich etwas mit Yoga anfangen? Kleinere Gruppen oder ein Einzeltraining können einem hier die Angst nehmen. Fast jedes Studio bietet dies an (ca. 60 bis 100 €, je nach Einheit).

3. Die Ausbildung der Yoga-Lehrer ist wichtig. Hier gibt es große Unterschiede. Während des Übens darauf achten, ob der Lehrer so korrigiert, dass sich eine Haltung besser anfühlt. Und ermuntert er, den Atem zu beobachten und den Körper samt seiner Grenzen bei den Übungen wahrzunehmen?

4. Vor allem für Anfänger gilt, nicht zu sehr in Positionen hineindehnen. Einen leichten Zug darf man spüren, aber keinesfalls Schmerzen. Lieber erst einmal bewusst unterfordern. Es muss sich ein Gefühl für die Übungen entwickeln können.

5. Yoga heißt verbinden – und zwar Körper Geist und Seele. Ein schöner Körper ist willkommenes Nebenprodukt.

6. Kein falscher Ehrgeiz – es geht nicht darum, mit den Händen die Zehen greifen zu können. Sondern es geht darum, sich auf die Bewegung, den Atem und das Loslassen in den Körperhaltungen (Asanas) zu konzentrieren. Der Matten-Nachbar bringt aber sogar den linken Fuß hinters rechte Ohr? Das ist nicht das Ziel. Wirklich nicht!

7. Hier finden Sie verschiedene Stile für jedes Level:. Gewünschten Stil, Ort und PLZ auf www.yogaguide.at eintippen.

Mehr Tipps im Leitfaden, zu bestellen über office@yogaguide.at

Yogatage in Gastein: 13.-25. Mai.

Motto: „Atme die Berge“. 12 Tage Yoga – 30 LehrerInnen – 300 Übungseinheiten. Von Detox-Yoga über Sonnengruß spezial bis zu Yoga am Wasserfall. Alle Yoga-Interessierten können hier (bei qualifizierten Yoga-Lehrenden) einen Überblick erhalten. www.yoga-gastein.com

„Joya Yoga Convention 2015“

Yoga unter freiem Himmel. Die Yoga Convention in Wien startet heuer am 14. Juni. Jeder ist willkommen. Auf facebook gibt es bereits mehr als 4.500 Zusagen. Der Ort? Noch unbekannt. facebook/joyayoga convention

Yoga Festival Kitzbühel 11. - 13. September.

Mit international bekannten Yoga-LehrerInnen, wie etwa Young-Ho Kim (It’s only Yoga“), der mit seinem Yoga-Stil Leichtigkeit und Gelassenheit vermittelt. www.yogafestival-kitz.com

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