Yoga: Besserer Body, besserer Sex
Yoga ist doch das, was die Freundin macht. Gemeinsam mit Vollzeit-Mamas, Veganern, spaßfernen asketischen Supermodels und ein paar fehlgeleiteten Strickpulli-Trägern. Auf die Matte legen, „ooommmmm“ chanten und danach weißen Tee mit geschmacklosen Vollkornstangen genießen, während man selig lächelnd darüber redet, wie toll man sich jetzt „spürt“. Männer tun so etwas nicht. Wir spielen mit Kumpels Fuß- oder Basketball, machen Cross-Fit und pumpen Eisenhanteln, je größer desto besser. Oder?
Ja, aber nur, wenn wir von gestern sind. Yoga ist schwer im Trend, eine repräsentative Studie in Deutschland ergab stark steigende Zahlen, mittlerweile gehen fünf Prozent unserer Nachbarn regelmäßig zu diesem Workout, damit hat sich die Zahl in den letzten vier Jahren praktisch verdoppelt. Tendenz zeigt weiter steigend, in den USA sind es jetzt schon knapp 12 Prozent, die Yoga betreiben.
Der Anteil der Männer ist in den vergangenen vier Jahren um 150 Prozent gestiegen, liegt jetzt bei mehr als einem Drittel – die können sich nicht alle ihre Pullis selber stricken! Tun sie auch nicht, immerhin sind in dieser Hinsicht absolut unverdächtige Jungs wie der irische Hollywood-Bad-Boy Colin Farrell darunter, Lästermaul Russell Brand, Orlando Bloom, Matthew „Mr. Supersexy“ McConaughey und Altrocker Sting.
Oder auch Basketball-Ass LeBron James, immerhin einer der bestverdienenden Männer der gesamten USA, ein Modell-Athlet und wahrer Sport-Gott. Er schwört auf den fernöstlichen Meditationssport: „Ohne Yoga könnte ich nicht auf diesem Level Basketball spielen. Und wäre nicht so lange von Verletzungen verschont geblieben.“
Weg zur Erleuchtung
So ist das also. Blickt man ein bisschen in der Geschichte zurück, nur so ungefähr 2500 Jahre, lernt man außerdem, dass es ohnehin Männer waren, die diese Kiste erfunden haben. Es ging damals weniger um Sport oder Fitness, sondern um Erleuchtung, und die war damals für Frauen nicht vorgesehen. In seinem Heimatland Indien blieb Yoga auch weiterhin eine Männerdomäne, im Westen wurde es mit der Kuschel-Esoterik-Welle des letzten Jahrhunderts den Frauen zugeschoben.
Inzwischen gibt es beinahe so viele Yoga-Spielarten wie es Studios gibt, allein in den USA sind das übrigens 6.000.
Darunter sind schwer zugängliche Richtungen wie das rein erkenntnisorientierte „Yoga der Stille“, aber auch etliche sehr körperbetonte Stile, die meistens unter dem Begriff Hatha Yoga zusammengefasst werden.
Hatha selbst heißt Kraft, Hartnäckigkeit, und dementsprechend wird hier viel Wert auf körperliche Übungen (Asanas) und Atemtechnik (Pranayama) gelegt. Wer einmal eine oberflächlich betrachtet harmlos wirkende Abfolge dieser Asanas, einen „Flow“ mitgemacht hat, wird überrascht sein WIE anstrengend so ein kleiner „Sonnengruß“ werden kann, wenn man ihn ein paar Mal wiederholt.
Was Männer brauchen
Je dynamischer die Übergänge (Vinyasa) zwischen den einzelnen Übungen gestaltet werden, desto mehr kommt man in Richtung der heute sehr beliebten Power- Yoga-Varianten. Aber gut, schwitzen und ins Schnaufen kommen kann man auch beim guten alten Zirkeltraining. Was ist das Besondere am Yoga? Und ist es tatsächlich für Männer besonders wichtig?
„Es geht beim Yoga sehr stark um ein höheres Körperbewusstsein“, sagt Manager und Yoga-Lehrer Andreas Christandl.
Das führe in weiterer Folge zu einer besseren Selbstkontrolle. In jeder Beziehung.
Und damit sind wir in einem Bereich von Tugenden und Fähigkeiten, die lange Zeit als typisch männlich galten – und auch, wenn sie das heute nicht mehr exklusiv tun, doch für jeden Mann in hohem Maß erstrebenswert sind:
1. Fokussieren. Sich auf ein Ding konzentrieren, auch wenn rundherum alles verrückt spielt. Ein Ziel haben, es nicht aus den Augen verlieren.
2. Selbstbewusstsein. Im wahrsten Sinne des Wortes. Sich seines Körpers bewusst sein. Wissen, was er zu leisten vermag – und die Fähigkeit, das auch abzurufen. Und: Nicht in Panik geraten, wenn alle anderen zu aufgeregten Hühnern werden.
3. Größe. Tatsächlich, im Yoga wird extrem viel Wert auf Körperhaltung gelegt. Dadurch werden wir durchaus bis zu zwei Zentimeter größer. Die vielen Übungen auf den Fußballen sorgen außerdem dafür, dass man nicht mehr plattfüßig durch die Gegend schlurft. Und ja, der Körper wird schon auch straffer und definierter ...
4. Gleichgewicht. Auf einem Bein stehen, in der Hocke oder mit verschränkten Beinen balancieren und dann vielleicht noch den Oberkörper locker um 180 Grad nach links drehen – es ist erstaunlich WIE elegant man sich nach einiger Zeit unter ganz normalen Umständen bewegt. Und auch mental wirft einen nichts so schnell aus der Bahn. Außerdem sorgen die richtigen Atemübungen auch vor dem ganz großen Auftritt oder der wichtigsten Präsentation des Jahres für die nötige Ruhe.
5. Sex. Ja, doch – wie gesagt, wir erlangen Kontrolle über den eigenen Körper. Auch in dieser Hinsicht. Dabei geht’s neben dem fitten Körper um Atemübungen, mit denen der Puls, aber auch der Blutfluss im Körper beeinflusst werden kann ...
Yoga ist heiß
Das neueste Konzept in Sachen fit durch Yoga, das von Männern in den Vereinigten Staaten, mittlerweile aber auch bei uns besonders gerne wahrgenommen wird, ist „Hot Yoga“. In einem Raum mit bis zu 40° Celsius und einer Luftfeuchtigkeit von 90 Prozent wird Flow Yoga betrieben, bis man in einer Pfütze steht. „Da ist man sehr schnell wirklich nur mehr mit sich selbst beschäftigt“, sagt Raphaela Pruckner, die diesen Stil mit ihrem Studio am Lugeck im 1. Bezirk nach Wien brachte. Am 30. November wird sie zum ersten Mal eine „Men Only“ Yoga-Gruppe anbieten. Weil Jungs eben auch mal gerne unter sich bleiben. „Das macht schon Sinn“, gibt Andreas Christandl der Kollegin recht, „weil Männer sich doch recht leicht ablenken lassen“.
Nein, nicht dass Männer weiblichen Reizen nicht widerstehen könnten. Aber: Wir neigen nun mal dazu, beeindrucken zu wollen. Und sind Frauen anwesend, wird dieser Charakterzug nicht unbedingt schwächer. Was kontraproduktiv wäre, denn im Yoga geht's nicht um ein „wer ist besser/kommt weiter runter/ist gelenkiger“, man macht Yoga nicht „gegen“ jemanden – sondern ausschließlich „mit“ sich selbst. Dazu kommt, dass Frauen einfach beweglicher sind als Männer. Die geringere Gewebedichte macht's, der höhere Östrogengehalt, der für eine bessere Entspannungsfähigkeit der Muskulatur sorgt, der tiefere Schwerpunkt, der längere Rumpf – hier gibt's einen klaren Wettbewerbsvorteil. Und der liegt ausnahmsweise mal nicht bei uns.
Andererseits: Was wären wir für Männer, wenn wir uns davon abschrecken lassen?
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