Architekt Josef Frank wusste in den 30ern: Kitsch braucht Platz
MAK-Direktor Christoph Thun-Hohenstein und Kurator Sebastian Hackenschmidt erklären im KURIER-Interview, warum Josef Franks Designs wieder gefragt sind.
Sowohl Schweden als auch Österreich will Architekt und Gestalter Josef Frank für sich reklamieren. Wo soll er nun zugeordnet werden?
Christoph Thun-Hohenstein: Ich sehe das europäisch. Es ist schön, wenn verschiedene Länder Persönlichkeiten aus Kunst und Kultur für sich reklamieren möchten und es zeigt die Bedeutung einer solchen Person. Josef Frank war ein zentraler Gestalter der Wiener Moderne, der 1933 nach Stockholm emigriert ist.
Vieles, das Josef Frank auszeichnet, ist in Wien entstanden, aber er hat auch jahrelang als Kreativdirektor im Möbelhaus Svenskt Tenn in Stockholm entworfen – und die schwedische Moderne geprägt. Es ist schwierig, zu sagen, was der österreichische und was der schwedische Frank ist.
Josef Frank (1885-1967) gilt als einer der wichtigsten Architekten Österreichs. 1909 schloss er sein Studium an der Technischen Hochschule Wien ab. Sein Durchbruch gelang während der Nachkriegszeit. 1932 hat er den Bau der Werkbundsiedlung in Wien geplant. Er leitete die Einrichtungsfirma „Haus & Garten“. 1934 emigrierte Frank nach Stockholm und prägte als Kreativdirektor des Möbelhauses Svenskt Tenn die schwedische Moderne.
Frank ist in Schweden aber viel bekannter als in Österreich.
Thun-Hohenstein: Leider erreichen nur wenige Gestalter eine breite Öffentlichkeit. Frank gehört in Österreich sicher nicht dazu, auch wenn er es verdient hätte.Sebastian Hackenschmidt: Josef Frank war einer der bedeutendsten Architekten und Gestalter der Zwischenkriegszeit. Vor allem seine Stoffe treffen heute wieder einen Nerv. Seine Möbel dagegen werden in Österreich nicht neu aufgelegt. Offenbar glaubt man, dass sie am heutigen Markt nicht bestehen können.
Warum?
Hackenschmidt: Die Möbel sind weniger repräsentativ. Sie sind für bestimmte Situationen entworfen worden und entsprechen immer einem gewissen Zweck.
Thun-Hohenstein: Genau dieses weniger Prunkvolle könnte ein Grund sein, dass die beste Zeit des Josef Frank noch vor uns liegt. In Zeiten des Klimawandels wollen wir Qualität für alle Geldbörsen statt Massenkonsum.
Außerdem war er ein Humanist. Er ist keiner strikten Vorgabe gefolgt, sondern dem Glauben an die Bildung der Menschen, die sich selbst einrichten können. Das macht seine Möbel weniger schnell erkennbar, aber sein Zugang begegnet Nutzern auf Augenhöhe und das macht ihn heute wieder modern.
Welche Bildung ist zum Einrichten nötig?
Thun-Hohenstein: Wir stehen am Beginn einer Transformation. Die Menschen entwickeln Wertschätzung für das Besondere und suchen genau aus, womit sie leben wollen.Hackenschmidt: Frank hat gesagt, man muss den Menschen zugestehen, dass sie Kitsch in den Wohnraum bringen. Und selbst dieser Kitsch ist relativ einfach mit Frank-Stoffen zu kombinieren, weil er das irgendwie mitgedacht hat. Bei Josef Hoffmann funktioniert das beispielsweise nicht.
Was wäre wenn ... hätte sich Franks Stil dann in Österreich genauso durchgesetzt wie in Schweden?
Hackenschmidt: Die Möbelgestaltung unmittelbar nach dem 2. Weltkrieg war noch sehr stark an die Zwischenkriegszeit angelehnt, Franks Arbeit war da noch deutlich zu erkennen. Es ist aber in Österreich nicht gelungen auf breiter Basis eine Marke für gutes Design auszubilden, wie in Skandinavien.
Was zeichnet die Architektur Josef Franks aus?
Thun-Hohenstein: Außen zeigen die Häuser moderne Formensprache. Innen zeigt sich eine andere Welt. Für Frank war das kein Widerspruch, sondern schlüssig. Das haben orthodoxe Vertreter der Moderne damals nicht verstanden.
Hackenschmidt: Frank war 1930 auf dem Höhepunkt seiner Karriere: Er führte ein eigenes Einrichtungshaus, er konzipierte die internationale Werkbundausstellung und baute sein wichtigstes Haus. Es gibt in Europa kaum einen Architekten, der mithalten kann. Das brach aber alles weg, als er sich entschieden hat, nach Schweden zu gehen. Die Frustration darüber, wie schnell man vergessen wird, war groß.
Thun-Hohenstein: Umso wichtiger wäre es, seinen wichtigsten Bau, das Haus Beer in Wien-Hietzing, der Öffentlichkeit zugänglich zu machen. Wir haben die Hoffnung noch nicht aufgegeben. Auch das würde Josef Frank zu neuer Bekanntheit in Österreich und international verhelfen. Klar ist, er war eine herausragende Gestalterpersönlichkeit des 20. Jahrhunderts, von der wir heute wieder im besten Sinne lernen können.
„Polster aus Josef Franks Stoffen können einfach mit anderen Mustern kombiniert werden, ohne Augenkrebs auszulösen“ sagt Gerhard Bauderer etwas überspitzt. Er ist begeistert von den farbenfrohen und floralen Mustern des Architekten und Gestalters. Daher gründete er vor fünf Jahren Kabinettstücke. Ein Unternehmen, das die Frank-Stoffe, die sich in Schweden bereits seit Jahren großer Beliebtheit erfreuen, auch in Österreich wiederbeleben sollen. Seither tapeziert er Designikonen mit den ausgefallenen Mustern, ebenso Polster und nun auch Spiegel.
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