Ich mag meine Leser richtig gern, unter anderem deshalb, weil sie mich sein lassen, was ich bin. Meine Hüte werden toleriert, großteils sogar meine Tschicks. Wenn ich den Christbaum mit einem Abschleppseil zur Landstraßer Haupt abseile (wie in der vorigen Kolumne geschildert) so ist das mein Entschluss, meine Leser billigen es mir zu. Eine Ausnahme, so wird mir nun klar, gibt es allerdings: Wenn ich (in der vorvorigen Kolumne) bemerke, dass ich kein Mobiltelefon besitze, dann packen das manche nicht. So tadelt Leser Franz H.: „Sie wissen bitte schon (...), dass Ihre Abneigung gegen ein eigenes Mobiltelefon eigenartig ist.“ und Leser Hans S. meint: „Üblicherweise hat Masochismus bei Nicht-Märtyrern einen Grenzwert.“Dem Herrn H. möchte ich sagen: Ich bin für die Eigenartigkeit jedes Menschen auf der Welt, und ich bin gegen alles, was die Menschen gleichartiger macht, und damit meine ich nicht nur die Mobiltelefone. Und dem Herrn S. entgegne ich, dass der scheinbare Fortschritt seine Wahrnehmung umgedreht hat. Nicht ich bin der Masochist, also der freiwillig Leidende. Ich bin vielmehr der Genussmensch, der Egoist, der selbstbestimmte, lustvolle Kreuzritter in Sachen In-Ruhe-gelassen-Werden. Ich habe zum Beispiel zwei Stunden Zeit, ich besteige mein Radl, fahre an einen schönen Ort, den weder die NSA noch jener vielleicht eh leiwande Hawara kennt, der mich anrufen und „Wo bistn grod?“ fragen könnte. Oft, fast könnte man sagen: meistens bin ich eh zuhaus. Wenn mich jemand anrufen will, kann er das dort tun, wo dann unser greises Euroset 5020 jaulende Geräusche macht und von mir abgehoben wird. Dieser Apparat, wie man einst sagte, ist der Brut und mir so oft auf den Boden gefallen, dass man beim Abheben das Meer rauschen hört und es an ein Wunder grenzt, dass man auch den Anrufer versteht.Zusammenfassend: Ich bin ein glücklicher Mann. Ich habe in meinen drei Berufen (Musiker, Dichter, Reporter) noch niemals einen Nachteil erlitten, weil ich kein Handy besitze. In ganz wenigen, sehr ausgewählten Situationen ist mein erstgeborener Sohn mein Kommunikationsbeauftragter. Dafür bin ich ihm anderweitig zu Diensten.

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