Die Liebste und ich haben Momente, in denen wir uns am Schopf aus dem Sumpf ziehen. Das ist gar nicht so leicht, wenn man den Sumpf so liebt wie wir, denn der Sumpf ist der Gesamtfamilienverbund. Aber manchmal – und die vorweihnachtliche Zermürbung ist ein gutes Umfeld für eine solche Tat – da packen wir die Schöpfe, ziehen uns hoch und lassen uns dort runterfallen, wo wir zu zweit sind. Jüngst, ein Wochenende: Die Oma sackelte die Brut ein, für einen Basteltag jenseits der Donau. Und die Liebste und ich zogen uns hoch in den stahlgrauen Wiener Winterhimmel, und da wo wir runterfielen, das war die Therme Wien, vormals Oberlaa. Wir beide zogen uns ganz normal um, duschten ganz normal, und merkten auf einmal, wie paranormal und das ganz Normale vorkam. Im großen Becken schwammen wir nach draußen, wo es unendlich schiach war. Wir versenkten uns in Amphibienmanier: Durch die Nasenlöcher atmeten wir, aus den Augen sahen wir einander glücklich an. Bei der Strahlenmassage blockierte ein freundliches, indisches Pärchen die Strahler Nummer 5 und 6, also Rücken und Schultern, weil sie das Wechsel-Gesetz nicht kapierten. Ein alter Badegast blubberte mir zu: „Im oidn Oberlaa, do hods gebn an Alarmton, do hod a jeda gwusst, waun a weidagehn muass! Do hod a kennan vom Norpol sein!“ Nun schwammen wir in die sogenannte Ruhegrotte, die uns beim letzten Mal verwehrt geblieben war, weil ab 14. Wir hatten gedacht, ab 14 deshalb, weil kleine streitende Kinder die Ruhesuchenden stören konnten. Aber so war es nicht: Vielmehr erblickten wir im Dämmer Dutzende knutschende Pärchen, glucksend, murrend, kaum bewegt. Eine Art Massen-Necking, wie von einem gutgelaunten Hieronymus Bosch gemalt. Die Liebste und ich knutschten auch ein bisschen, dann mussten wir kichern und schwammen wieder raus. Oberlaa ist auf unserer Seite. Den letzten Teil des Aufenthalts verbrachten wir dösend in Liegestühlen und bemerkten, dass man sich schnell ans Paranormale gewöhnen kann. Als wir die Brut abholten, hatten sie alle wunderschöne Sachen gebastelt. Schlechtgewissig gestanden wir, wo wir gewesen waren, und natürlich wurden wir total beschimpft.

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