Es sind die vergänglichen Geschenke, die ewig halten, weil sie eingehen in uns und unser Innerstes zum Strahlen bringen. Den November etwa hab ich spirituell nur überlebt, weil mir zwei Freunde die richtigen Sachen zum Geburtstag schenkten. Da war erst Heribert Sasse, der mich in der Rabenhof-Garderobe in ein Gespräch über das Trinken verwickelt hatte: „Was trinkst du denn, wenn du trinkst?“ – Na, manchmal an Whiskey. – „Schon klar, aber welchen?“ – Malzwhiskey. – „Das weiß ich schon, aber die Marke?!“ So verriet ich dem großen Schauspieler, dass mein liebster Whiskey der Talisker von der Hebrideninsel Skye ist, ein Singlemalt, den schon Robert Louis Stevenson als „king o’ drinks“ bezeichnet hatte. Prompt kam Sasse zum Geburtstag mit einer Flasche Talisker. Der Pegel in dieser Flasche ist seitdem nicht gestiegen, aber der November war, wie gesagt, verheerend. Der andere Freund sitzt im Oberösterreichischen: Der Lacherstorfer Franz ist nicht nur eine zentrale Figur der dortigen Volksmusikszene, und zwar der leiwanden, also nix tümlich, er ist auch noch der Papa meiner Bassistin Marlene, und, jetzt kommt’s: Er ist Imker. Er erzeugt einen karibikstrandgelben Cremehonig. Und seit ein paar Jahren verehrt er mir pünktlich zum potenziellen Beginn der Spätherbstdepri zwei Glaseln davon. Ich hab es dem Lacherstorfer Karl zwar mehrfach geschildert, aber ich glaube, er weiß noch immer nicht, was für eine Stimmung er damit in unsere Küche zaubert, was für zufriedene Brummtöne die Brut ausstößt, wenn sie der beiden karibikstrandgelben Glaseln ansichtig wird. Guter Honig ist Zauberzeugs. John Fahey, der vielleicht radikalste unter den Folk-Gitarristen, schrieb einst eine Kurzgeschichte, in der er auf einem Festival den schwarzen Bluespianisten Roosevelt Sykes trifft. Sykes gibt Fahey den Rat, in Augenblicken der Anspannung einfach das Wort HONIG zu denken, wodurch sich sogleich der Geruch, dann der Geschmack von Honig im Gehirn einstellt und zu Wohlbehagen führt. An manchen Abenden reicht es schon, am Diwan sitzen zu bleiben und an die Worte HONIG und TALISKER zu denken. An anderen Abenden muss ich in die Küche gehen.

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