Noble Hundstrümmerl
Wer einen thematischen Braten wie die Hundstrümmerln von Wien anschneidet, muss mit dessen Eigenleben rechnen. Meine klugen Leserinnen melden sich zu Wort und Schrift, seit ich die Häufung des hündischen Exkrements in Wiens 13. Bezirk vermerkt habe. Leserin C., Hundefrauerl aus Ober Sankt Veit, also allerfeinstes Hietzing, schreibt: Menschen, die das Gacksackerl ignorierten, seien „gleichzustellen mit denen, die ungeschaut sowohl den Zebrastreifen überqueren, als auch ungebremst überfahren, Rücksichtslose eben“. Leserin G., ebenfalls aus dem Innersten Hietzings: „Die Hietzinger sind nicht fein genug, ihre Hunde anderen vor die Füße sch… zu lassen. Sie sind aber zu fein, die Hinterlassenschaften wegzuräumen.“ Total interessanter Ansatz. Noch weiter geht Leserin U. aus Grinzing: „Ich behaupte nicht, dass es im Neunzehnten weniger oder mehr Hundstrümmerln gibt als im ebenso noblen Hietzing.“ Ui, wenn der Döblinger den Hietzinger als „ebenso nobel“ bezeichnet, wittert der gelernte Erdberger Sarkasmus. Leserin U. assoziiert dann aber ganz woanders hin: „Mittlerweile sch…n immer mehr Menschen in den Wald – Mountainbiker, Wanderer, Kleinkinder!“ Als ich meinem Freund K. diese Zuschriften zeigte, wiegte er das Haupt und sprach: „Ende Februar findet der Wiener immer alles sch…“. Und dann schrieb mir noch Josef Thon, der ein leiwander Westerngitarrist und außerdem Chef der MA 48 und damit sowas wie der Feldmarschall Radetzky im Kampf gegen die Hundstrümmerln ist: „Wir bleiben weiter dran.“ Als Nächstes kam der große Schneefall, der Blizzard von Wien. Wie angesoffene Kaulquappen schlitterten die unkundigen Autofahrer über die Landstraßer Haupt. Josef Thon schickte seine Schneeräumer, zarte orange Tupfen in einem weißen Inferno. Aber dennoch krachte es im Gebälk der Stadt: Der Zweitgeborene rief mich nach der Schule an und meldete, dass der 71er nicht und nicht daherkäme. Als der Bub schließlich heimkam, rotgefroren aber stolz auf den Sieg über das Element, schloss ich ihn in die Arme und dachte bei mir: „Wenn der Schnee schmilzt, ist vielleicht kein Gacka mehr da und wir können ein anderes Thema anschneiden.“ Irrational, aber tröstlich.
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