Der lange Weg zum Buschen

Er ist lang und steinig. Aber ich komme an.

Als ich gerade angefangen hatte, diese Kolumne zu schreiben, also vor gut fünf Jahren, erzählte ich, wie mich mein Freund und Mitmusikant Walther Soyka von einer lebenslangen Heurigenphobie kurierte. Schlicht indem er mir den Weg zum Buschen des wunderbaren Hengl-Haselbrunner in der Iglaseegasse wies. Seitdem mag ich Heurige wieder, wenigstens an der Oberfläche, gewisse Heurige sogar tiefgehend. Rückschläge gab es – wie jüngst den Besuch bei einem geradezu lyrisch gelegenen Heurigen in der Kaasgrabengasse, wo man uns aber mittels zwiebeliger alter Knödel und seltsamer Salate das Verdauungslichterl fast ausgeblasen hätte. Aber Rückschläge steckte ich weg. Und wenn ich noch Restphobien in mir trug, so ließ ich es mir nicht anmerken. Aber die Restphobien, sie sind natürlich da. Am stärksten gegenüber einer besonders glücklosen Subspezies der Heurigen, dem Stadtheurigen nämlich. Als ich als depperter junger Mann im Ersten lebte, führte mich mein nächtlicher Heimweg allzu oft an einem Stadtheurigen vorbei, am Zwölf-Apostel-Keller. Aber während die Zwölf Apostel des Herrn ein heterogener Haufen gewesen sein sollen, verhielten sich die Gäste des nach ihnen benannten Stadtheurigen immer gleich, wenn ich, es war stets zur Sperrstunde, am Portal vorbeikam: Sie kamen in gebückter Haltung herauf und spieben in die Sonnenfelsgasse, genau vor meine Füße. Mein Weg zum grünen Buschen ist eben lang und steinig. Aber ich komme an. Nun haben mir ein paar neue Wirte sogar das Genre des Stadtheurigen halbwegs entgruselt, jene Wirte, die den „Gschupften Ferdl“ im Gumpendorf begründet haben. Dort, in einem waldmüllerischen Durchhaus, ist diese feine Hütte aufgegangen wie ein Wiesenblumerl. Eine frugale Lokalität – und Bio sinds auch noch, was manche Leute begeistert und mich zumindest nicht beunruhigt. Ich war schon zwei Mal dort, einmal zum Trinken und einmal zum Singen. Beide Male haben s’ mich dort gut behandelt, ich schloss Freundschaft mit Speise, Trank und Mensch. Und niemand hat mir vor die Füße gespieben. Auch nicht ich selbst.

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