Alte Instrumente

Wacht meine Leserschaft auf, merke ich es an den Zuschriften. Als ich etwa vom entzückenden Fleischhauer in der Baum berichtete. Man kannte den Fleischhauer, wollte ihn kennenlernen oder mir noch einen anderen, ebenfalls leiwanden, dazuempfehlen. Eine Leserin wies mich allerdings darauf hin, dass das Kalb das Kind vom Rind sei und forderte mich auf Obst zu essen. Wenn so viel reagiert wird, fühle ich stets den Impuls, als Nächstes ein Nischenthema zu wählen, das Teile der Leserschaft wieder, hm, beruhigt. Voilà: Das Thema Vintage-Gitarre. Alte Gitarren der großen amerikanischen Hersteller Gibson, Martin und Fender sind längst Wertanlagen wie Schieles oder Klimts. Günstiger und irgendwie prickelnder aber ist es, nach alten europäischen Gitarren Ausschau zu halten. Da gibt es die Jazz-, Schlag- und Wandergitarren aus der deutschen Nachkriegszeit, wunderlich, kühn designt und schön. Und aus Wien selbst die zweihälsige Kontra- oder Schrammelgitarre und die zierliche Biedermeiergitarre mit kleinem Korpus und lauter, wenngleich lyrischer Stimme. Es ist Frühling, da sucht der alternde Mann nach frischen Accessoires, und so streiche ich um diverse alte Instrumente in diversen Geschäften herum. Etwa in Hietzing, da gibt es den Herrn Eipeldauer, der Goldschmied ebenso wie Gitarrenbauer ist. Seine Instrumente sind alle fabelhaft restauriert, daher einerseits sofort wunderbar spielbar, andererseits teuer. Im Supersense auf der Praterstraße wiederum, wo man alles mögliche findet, Hauptsach’ analog, hängen ein paar sexybizarre deutsche Stromgitarren, wo ich auch das Gefühl habe, es könnte einer meiner Songs in ihnen schlummern. Aber wahrscheinlich gehe ich dann doch wieder zum Flash. Hier im Freihausviertel gab es dieses Musikgeschäft irgendwie immer schon, zumindest in den Jahrzehnten, in denen ich Musik mache. Beim Flash verkauft man Neues und Altes, man richtet her und duldet, dass Menschen wie ich deppert herumstehen und schauen. In Wahrheit weiß ich eh schon, was ich dort will. Tschechische Schlaggitarre, ein halbes Jahrhundert alt. Niedriger zweistelliger Eurobetrag. Unser Frühstückszeug beim Interspar aufzustocken, kostet mehr.

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