Wein-Duell Deutschland vs. Österreich: Wo ist der Unterschied?
Immer mehr Österreicher trinken deutsche Weine. Und unsere nördlichen Nachbarn stehen auf Wein aus Österreich. Das belegen zumindest die jüngsten Zahlen des Deutschen Weininstituts. 20.000 Hektoliter Wein im Wert von sieben Millionen Euro wurden 2018 nach Österreich exportiert. Das entspricht einem Anstieg deutschen Weinkonsums in Österreich um etwa 23 Prozent, während umgekehrt die Deutschen wieder mehr Gefallen an österreichischen Weinen finden. Was immerhin mit einem mengenmäßigen Umsatzplus von etwa 7,3 Prozent im vergangenen Jahr zu Buche schlägt.
Großer Wein braucht Zeit. Man nimmt sich aber keine Zeit mehr
Aber nicht nur Weintrinken und -Anbau sind eigene Kulturtechniken, sondern auch Wein-Sammeln und Einkauf. Das meinen zumindest die Wiener Weinhändler Clemens Riedl und Markus Inzinger von „Trinkreif“. „Wir sind als Weinhändler darauf spezialisiert, reife Weine aufzukaufen“, sagt Markus Inzinger. „Wir wollen einen Wein trinken, der sein Potenzial schon entfaltet hat. Das kann zwar ein Wein sein, der jung ist, aber große Weine brauchen in der Regel mehr Zeit, um ihr volles Potenzial zu entfalten“. Die sekundären Aromen kommen erst später dazu.
Gekauft wird vor allem von privaten Sammlern oder auch aus Vinotheken und anderen Händlern und Weingütern. „Großer Wein braucht Zeit. Man nimmt sich aber keine Zeit mehr, hauptsächlich deswegen wird Wein heute vor allem jung getrunken. Wir geben den Leuten mit dem reifen Wein die Zeit zurück“, erklärt Clemens Riedl. „Es ist auch falsch zu glauben, dass man Weißweine jung trinken muss. Schmeckt uns der Wein und wird er sich gut entwickeln? Das sind die wichtigsten Kriterien wenn wir Weine einkaufen. Pop and drink ist nichts für uns.“
Anbau Deutschland vs. Österreich
Für Weineinkäufe fahren die beiden Weinhändler nicht nur in die Wachau und zu anderen heimischen Winzern. Gerade waren sie im Weinland Deutschland und durchkämmten das Gebiet von der Saar bis in die Pfalz nach reifen Weinen. Aber tickt die österreichische Winzer-Seele wirklich anders als die deutsche? Interessant, dass das Deutschland:Österreich-Wein-Duell mit dem Größenverhältnis der Anbauflächen 1:10 beginnt. Der deutsche Winzer hat kleinere Weingärten. Während die Weinbauern in Österreich durchschnittlich etwa 30 bis 40 Hektar oder mit 100 Hektar wirklich große Flächen bewirtschaften, sind es im Nachbarland nur durchschnittlich fünf Hektar. Obwohl die österreichischen Weingärten international gesehen, ohnehin schon zu den kleineren zählen. Die Anbaufläche selbst ist in Deutschland etwa 4 bis 5 Mal so groß wie in Österreich, die Produktionsmenge natürlich dementsprechend größer. „Oft ziehen wir hungrig von Winzer zu Winzer und kaufen uns zwischendurch schnell ein Wurstsemmerl.
Dabei wurden wir vorgewarnt. In Deutschland kriegst du bei keinem Winzer was zu essen, erzählte uns schon vor unserer Reise der bekannte deutsche Weinexperte Stephan Reinhardt“, so Clemens Riedl, und schwärmt von den herrlichen Weinen und schönen Weingärten. Und von Verkostungen der edlen Tropfen in der Pfalz etwa bei Rebholz, besonders netten Winzern. Und wie sieht’s mit einer Jause beim Besuch in Österreichs Kellern aus? „Na habts Hunger? Wollt ihr ein Stück Brot und Wurst? Da gibt es schon eher Käse, Speck und Brot, um sich auf der Reise von Winzer zu Winzer zu stärken.“
Auch wenn Clemens in der Wachau bei Weingut FX Pichler über die Geheimnisse des Weinbaus spricht, zeigt sich ein weiterer Unterschied zwischen den Winzern beider Länder. Und zwar im Umgang mit Trauben, die von dem Pilz Botrytis, Edelfäule, befallen sind. Was aber nützlich sein kann, um süßen Wein zu machen. „Die Deutschen, wir schätzen ja an ihnen vor allem auch die Tugend der Präzision und die Genauigkeit, sortieren haargenau jede pilzbefallene Traube aus. Die deutschen Winzer wollen keine Botrytis in ihren trockenen Weinen haben. Das ist für sie ein Schimpfwort. Da wird jede befallene Beere sorgfältig abgezupft,“ erzählt Clemens Riedl. Während einige Winzer manchmal ein paar solche Trauben drinnen lassen würden, das gebe manchem Wein eine bestimmte Süße. „Das machen sie aber nicht aus Faulheit, sondern als Stilmittel. Wenn man die deutschen Weine als präziser bezeichnen möchte, so sind die österreichischen vielleicht charmanter.“
Bis heute hören wir noch öfters, kann man den deutschen Wein überhaupt trinken?
Beim internationalen Weinranking, liegen die deutschen Weine gleich hinter den Französischen. Darunter der Riesling, Deutschlands Paradewein, der mit unserem Grünen Veltliner vergleichbar ist. „Bis heute hören wir oft die Frage: Kann man den deutschen Wein überhaupt trinken?“ Für die österreichische Seele ist es noch immer schwer zu ertragen, dass die Tradition der Mosel- und Saar-Weine weiter wirkt. Immerhin zählten sie vor 100 Jahren noch zu den teuersten Weinen der Welt und übertrafen im Preis sogar die sündhaft teuren Bordeaux-Weine.
Schmerzbefreit trinken
Trinkreif hat auch immer eine Flasche mit im Gepäck, wenn sie auf Kellerschau gehen. Für die Deutschen Winzer den Grünen Veltliner, Lieblingswein der Wiener, für heimische Winzer den Deutschen Riesling oder andere Weine, die diese gerne trinken. Hauptsache das Motto von Trinkreif, „schmerzbefreit trinken“, stimmt. Das heißt, es braucht keinen besonderen Tag, um einen guten Wein zu köpfen, ein guter Wein macht den Tag besonders.
Amüsant auch die unterschiedliche Politik bei den Wein-Etiketten. „Das Etikett spielt keine Rolle bei der Auswahl der Weine. Nur, ob das Weingut zu uns passt und sympathisch ist. Wir sagen dann schon einmal, danke, aber die Weine begeistern uns nicht“, erzählt Riedl, der soeben den „Ökonomierat Rebholz“, aus der Pfalz mitbrachte. Deutsche Winzer lieben Titel, wie Doktor, Kommerzialrat, Dr. Dr., Ökonomierat etc. Heimische Weinbauern setzen eher auf Etiketten die weltweit wiedererkannt werden, wie den Hl. Urban, Schutzheiliger der Winzer, von Weingut Knoll. Oder auf Etiketten, die von Künstlern gestaltet werden, wie bei FX Pichler.
Weinpreise Österreich:Deutschland
Auch bei den Preisen zeigt sich ein Match im Wiener Weinkeller von Trinkreif: Der teuerste österreichische Wein, Kollwentz Privat 1997 (Rotwein-Cuvée), kostet 649 Euro. Diesen burgenländischen Garagenwein von Andi Kollwentz gab es nur in den Jahrgängen 1997, 1999 und 2000, und es wurde jeweils nur ein Fass gefüllt. Er wird preislich von einem deutschen Wein getoppt. Dem Klaus Peter Keller Riesling G-MAX, um 1.750 Euro. Der Wein des Riesling-Starwinzers Klaus Peter Keller aus Rheinhessen wird vom Weingut nur als Teil einer Kollektionskiste in sehr geringer Auflage verkauft.
Kommentare