Von hyperaktiven G'frastern
.Beim Nachlesen der ferienbedingt versäumten Nachrichten fand ich zwischen viel Tsipras, Traiskirchen und Rapid folgende, vor allem für den gelernten Sonderpädagogen in mir interessante Meldung: Kentucky – Weil ein achtjähriger Schüler den Anweisungen seines Lehrers nicht folgte, rief die Schule die Polizei. Der Schüler leidet unter ADHS, einer Hyperaktivitätsstörung. Er hatte offenbar versucht, den herbeigerufenen Polizisten zu beißen, und wurde daraufhin mit Handschellen gefesselt. Jetzt einmal ehrlich: Wenn ich als Achtjähriger in Kentucky in eine Schule gehen muss, die die Polizei holt, nur weil ich „den Anweisungen“ meines Lehrers nicht folge, dann beiße ich auch zu. Ganz ohne ADHS. Dafür mit umso mehr KDW (Kraft durch Wut). Überhaupt stellt sich mir die Frage, ob der Bub wirklich an ADHS leidet, oder vielleicht nur an L. L wie Langeweile. Ich hatte einmal einen Schüler, Patrick, mit der Diagnose ADHS. Unter uns: ein G’frast. Und als er mit der Ritalin-Therapie begann, wurde es noch schlimmer.
„Patrick, gibt es eigentlich einen Tisch in der Klasse, an dem du in den letzten zehn Minuten nicht warst? Setz dich ENDLICH! “
„Oida! Wenn Sie keine tägliche Turnstunde machen, obwohl Sie müssen …“
Dafür war der ganze Zinnober schlagartig vorbei, als Patrick beim Wiener Sportklub in die U14 kam. Brav wie ein Lamm, ausgelaugt wie der kretische Boden. Und dass er mich von da an fallweise „Trainer“ nannte statt Herr Glattauer, war umständehalber auch in Ordnung. Es heißt, dass weltweit fünf Prozent aller Kinder AD(H)S haben. Das H für Hyperaktivität trifft dabei nur auf eine Minderheit zu. Die meisten leiden daran, dass sie sich schwer konzentrieren und organisieren können, was wurscht ist, wenn du z. B. berühmt bist und einen Manager hast, aber blöd, wenn du Schüler bist. Weil nämlich dann wir LehrerInnen darunter leiden. Und wenn wir aus Kentucky sind, mitunter sogar die Polizei holen. Nur hypothetisch jetzt: Ob immer noch fünf Prozent der Kinder ADHS hätten, wenn es keine Lehrer gäbe?
Buchtipp: Niki Glattauers Satire auf die Schule geht weiter und ist soeben erschienen: „Leider hat Lukas schon wieder“, Kremayr & Scheriau, 24 €
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