Verwaldung der Stadt

Grüne Visionen des Architekten Vincent Callebaut für die Pariser Innenstadt.
Lebensqualität in klug konfigurierten Städten. MICHAEL HOROWITZ über Visionen vertikaler Stadtparks, kühlende Straßenbeläge und Gemüsegärten auf dem Dach.

Er kämpfte für menschengerechte Architektur und forderte die Verwaldung der Stadt. Der Künstler Friedensreich Hundertwasser – grenzenloser Selbstdarsteller, penetrantes Marketing-Genie aber auch wunderbarer Visionär. Vor genau 30 Jahren wurde sein Haus für Menschen und Bäume eröffnet, das Hundertwasser-Haus. Ohne gerade Linien, mit hunderten Sträuchern und Bäumen auf Balkonen und Terrassen.

Verwaldung der Stadt
Huwa01 Hundertwasserhaus in 1030 Wien From: [** iso-8859-1 charset **] Andreas König Subject:

Heute, drei Jahrzehnte später, sind alle auf der Suche nach Modellen für bessere Lebensqualität, für menschengerechte Architektur, für fantasievolle Urbanisierung. In den Metropolen von morgen sollen sich die Einwohner wohlfühlen, die Stadtstruktur soll in Zukunft sogar die Gesundheit der Menschen fördern. Die Städte sollen grüner, sauberer, lebenswerter werden. Lebensqualität und Infrastruktur müssen sich nicht ausschließen, klug konfigurierte Stadträume sind die Maßstäbe für menschenwürdige Metropolen von morgen. Grünanlagen auf Dächern und Brücken werden zu attraktiven Naherholungsgebieten, kühlende Straßenbeläge reduzieren die Temperatur und grüne Hügellandschaften zwischen Häuserschluchten verbessern die Luftqualität. Die Städte sind der Lebensraum der Zukunft. 2050, prognostizieren die Vereinten Nationen, werden fast 70 Prozent der Weltbevölkerung in urbanisierten Lebensräumen leben. Eine gigantische Herausforderung für Städteplaner.Burn Calories – not Electricityliest man auf Plakaten in öffentlichen Gebäuden von New York, die Aufforderung, lieber Treppen zu steigen, als den Lift zu benutzen. Fast zwei Drittel der New Yorker sind übergewichtig,Walkability, die fußläufige Stadt, wird zu einem entscheidenden Schlagwort für das gesunde Stadtdesign von morgen. Nicht nur in New York. Der Trend desSelfmetering, also das Messen der eigenen Leistungen, wird sich in Zukunft massiv verstärken. Aber der Wettbewerb mit sich selbst holt nicht alle von der Couch zum Sport – attraktive Fitnessinseln sollen die Städte der Zukunft zu einer großen Spielkulisse machen.


Die Verschmelzung von Natur und Wohnen wird in der Zukunft zu einem wichtigen Bereich der städtischen Architektur. Vertikale Stadtparks und Indoor-Gärten werden sich rasant verbreiten. Und immer intelligentere Systeme ermöglichen dann sogar den Gemüseanbau in den eigenen vier Wänden. Fließende Übergänge zwischen drinnen und draußen sollen das Leben angenehmer gestalten. Der Begriff Gewächshaus wird schon in zehn, zwanzig Jahren eine andere Bedeutung haben als heute: Auf allen Flächen, die nicht mit Sonnen-Kollektoren bestückt sind, werden Pflanzen und Lebensmittel angebaut. Das hilft, die Co²-Bilanz zu verbessern und Mega-Metropolen mit regional angebautem Obst und Gemüse zu versorgen.


Im Paris des Jahres 2050 sollen solarbetriebene, hydrodynamische Antismog-Towers wie eine Art Bioklimaanlage wirken und die beklemmenden Hitzeinseln der Innenstadt klimatisieren. Entlang der mondänen Rue de Rivoli im historischen Zentrum werden die ökologisch rückständigen Altbauten modernisiert – aber nicht verdrängt. Die grünen Energie-Wohntürme obendrauf produzieren dann Energie und Lebensmittel.


Zumindest wenn es nach den Visionen des belgischen Architekturbüros Vincent Callebaut Architecture geht. Marketing-Genie Friedensreich Hundertwasser würde jedenfalls die kühnen Ideen von Callebaut & Co. unterstützen.
Für Mega-Metropolen von morgen, die trotz immer mehr Bewohnern ein gesundes, menschengerechtes Leben ermöglichen.


michael.horowitz@kurier.at

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