Vera Russwurms Tochter: "Ich habe keine Lebensplanung"
Florentina, Sie sind die Tochter prominenter Eltern. Da würde es auf der Hand liegen, dass es jede Menge gemeinsame Fotos von Ihnen gibt. Ich habe aber keine gefunden. Warum?
Peter Hofbauer: Da wollte sie ja nie drauf sein. Wenn nur ein Pressefotograf in die Nähe gekommen ist, haben die Kinder schon die Flucht ergriffen.
Florentina Hofbauer: Ich habe mich aktiv dagegen gestellt. Ich war damals ‚nur‘ Promi-Tochter. Jetzt mache ich selbst etwas und es ist okay, in der Öffentlichkeit zu stehen.
Peter: Das verstehe ich voll und ganz. Kinder brauchen ihre eigene Identität und wollen nicht nur von den Eltern abgeleitet werden.
Ist das der Grund, warum Sie in München leben und arbeiten?
Florentina: Ich habe nach dem Bachelor in Wien mit meiner besten Freundin zusammengewohnt. Als sie nach München gegangen ist, um zu studieren, bin ich mitgegangen und bin dann während meinem Master in meinen Job gerutscht. Deshalb bin ich noch immer dort.
Wie geht es einem Vater, wenn die Töchter flügge werden?
Peter: Sagen wir mal so, ich habe es bedauert. Ich bin froh, wenn sie da sind, leide aber nicht darunter, wenn sie wieder gehen. Leiden tut immer die Mutter.
Florentina, Sie arbeiten an der Ludwig-Maximilian-Universität am Lehrstuhl für Mobile und Verteilte Systeme. Das klingt sehr technisch. Was machen Sie dort?
Eigentlich bin ich Redakteurin und führe und schreibe Interviews für ein Magazin, in dem es um die Digitalisierung in der Wirtschaft geht. Kürzlich habe ich mit dem CIO (Chief Information Officer) von ProSiebenSat.1 gesprochen und durfte mir die Studios anschauen. Es geht nicht um IT-Firmen, sondern Unternehmen wie die Deutsche Bahn oder Aida. Wenn man heute auf einem Kreuzfahrtschiff eincheckt, dann macht man das oft nur noch digital. Diese Systeme muss sich jemand überlegen und über die Menschen dahinter berichte ich.
Man muss am Wiener Flughafen mittlerweile selbst die Koffer aufgeben – und einchecken auch schon länger.
Peter: Ja, das geht mir auch gegen den Strich.
Florentina: Also ich sehe das nicht so negativ und finde es, im Gegenteil, superpraktisch.
Vor Ihrer ORF-Karriere haben Sie, wie Ihre Tochter jetzt, einen anderen Weg eingeschlagen und in Jus promoviert. Haben Sie je bereut, den Weg nicht gegangen zu sein?
Peter: Zur Reue war gar keine Zeit, weil ich ziemlich nahtlos vom Werksstudenten, der auch schon im Journalismus war, in die Medien gegangen bin. Es gab nur eine kurze Zeit der Überlegung, ob ich Gerichtspraxis machen soll.
Welcher Bereich hätte Sie interessiert?
Peter: Mich hätten die ideologieverdächtigen Dinge wie Völkerrecht und Sozialrecht interessiert.
Ihr Vater ist Direktor des Wiener Metropol, Ihre Mutter Vera Russwurm die Talk-Queen des ORF, Sie selbst haben an der Filmakademie Buch und Dramaturgie studiert: Haben Sie einen Traumberuf?
Florentina: Also Drehbücher zu schreiben, wäre schon irgendwann ein Traum, wenn das geht.
Peter: Die Florentina schreibt Kurzgeschichten seit sie 13 ist. Sie ist sehr gut beim Dialog-Schreiben und Entwickeln von Geschichten. Und einen Roman hast du, glaube ich, auch schon geschrieben.
Florentina: Der ist gerade im Entstehen – hoffe ich.
Wie sind Sie zum Schreiben gekommen, vor allem mit 13, wo man normalerweise andere Interessen hat?
Florentina: Ich habe immer schon viel und gerne gelesen. Aber vielleicht ist es daraus entstanden, weil ich den Eltern irgendetwas schenken wollte. Wenn man zu jung ist, um Geld zu haben, muss man Alternativen finden. Ich habe zwei linke Hände. Wenn ich etwas gebastelt habe, haben immer alle gelacht und gesagt: süß!
Oft ist die Schriftstellerei eine brotlose Kunst. Sagen Sie als Vater „Go for it!“ oder „Bitte mach was anderes“?
Peter: Ich würde abraten, wenn ich nicht überzeugt wäre, dass Florentina eine Sonderbegabung hat. Es war witzig: Als sie in die Volksschule gegangen ist, haben die Kinder bei der Frage nach ihrem Berufswunsch geantwortet: „Ich will Zauberfee werden.“ Oder Popstar. Und du hast „Autorin“ gesagt. Vielleicht, weil sie mich ständig schreiben gesehen hat, zuhaus. Es ist eine wunderbare Sache, wenn man die seltene Chance hat, ein Werk zu schaffen und sei es auch nur ein kleines.
Nun ist für das „Schloss Weitra Festival“ ein gemeinsames Werk mit einem neuen Libretto für „Die Fledermaus“ entstanden. Es heißt, man solle nie mit guten Freunden Geschäfte machen. Haben Sie keine Angst vor familiären Konflikten?
Peter: Das zeigt doch meine Größe, oder? Aber natürlich hat sie mich auch immer wieder abgemahnt.
Florentina: Also, das Einzige, worüber wir wirklich Diskussionen haben, ist die ‚Political Correctness‘. Und wenn es um etwas geht wie ein Textbuch, für das wir beide stehen müssen, ist es nicht immer leicht, auf einen grünen Zweig zu kommen. Ansonsten hatten wir es beim Arbeiten aber immer lustig.
Sie leben in München, Ihr Vater in Wien. Wie haben Sie sich verständigt?
Florentina: Wir haben im Urlaub auf Teneriffa geschrieben.
Peter: Zusätzlich muss man sich die Zwischenräume neben der sonstigen Arbeit nehmen und überarbeitet dann gegenseitig die Entwürfe des anderen.
Wie geht es Ihnen, nachdem Sie etwas geschrieben haben?
Peter: Es ist ein Gefühl der satten Befriedigung – zumindest bis zum nächsten Tag, wenn man es mit Abstand liest.
Steigt die Befriedigung mit dem Umfang des Werkes?
Peter: Was den Schöpferstolz betrifft, unterscheide ich nicht zwischen groß und klein. Außerdem: Small is beautiful.
Das gilt aber nicht für alles im Leben.
Peter (sieht seine Tochter an): Das könnt jetzt politisch unkorrekt werden.
Florentina: Es kommt darauf an, was Sie damit gemeint haben. Natürlich ist ein großer Kuchen besser als ein kleiner. (lacht) Wenn man das hingegen über Männer sagt, kann das kränkend sein. Vorlieben sind okay, aber Vorurteile nicht. So kommt die Gesellschaft nicht weiter. Ich finde, ein Mann kann groß oder klein sein.
Ganz ernst war mein Einschub vorhin nicht gemeint. Ich wollte eigentlich ...
Florentina: Ich finde einfach, dass man immer aufpassen muss, wenn man Dinge sagt, die die andere Menschen kränken könnten.
Peter: Was glauben S’, wie oft ich aufpassen muss, wenn ich was sag’.
Haben Sie selbst je unter Vorurteilen gelitten, Florentina?
Florentina: Ja sicher, deshalb argumentiere ich ja so dagegen.
Peter: Unter welchen Vorurteilen hast du denn gelitten?
Florentina: Das geht von der politischen Meinung, die mir unterstellt wurde, bis zum Vorwurf, dass man alles geschenkt bekommt. Es hat zwar nicht gestimmt, aber man hat mir nicht geglaubt, wenn ich versucht habe, es zu widerlegen. Es ist komisch, weil ich einerseits privilegiert aufgewachsen bin und andererseits trotzdem mit Vorurteilen zu kämpfen hatte.
Peter: Allgemein gesagt, hat es zum Beispiel geheißen, Florentina hätte einen Job nur bekommen, weil ... Dabei ist sie eine Kontaktbombe und hat das nicht nötig.
Florentina: Ich habe bei einer Fernsehproduktionsfirma gearbeitet. Da sind natürlich alle davon ausgegangen, dass meine Eltern etwas damit zu tun hatten. Das war aber nicht so, außerdem sind meine Eltern in Deutschland nicht bekannt, vor allem nicht bei den Privatsendern. Deshalb weiß ich halt, wie sich Vorurteile anfühlen. Natürlich geht es mir gut und ich bin im 19. Bezirk aufgewachsen (Anm.: Wiener Nobelbezirk), aber trotzdem: Vorurteil bleibt Vorurteil.
Offenbar sind Sie gut damit umgegangen. Hat Sie das stärker gemacht?
Florentina: Sicher, ich war auch nie in einer Privat-Schule, sondern immer in öffentlichen Schulen.
Peter: Ich rede jetzt nicht von der Neuen Mittelschule, aber was die allgemein höheren Schulen betrifft, sind die sehr gut. Da braucht es keine Privatschule.
Im Internet steht auch, Ihre Abschlussarbeit auf der Filmakademie wäre ein Drehbuch namens „Moskau“ gewesen. Worum ist es darin gegangen?
Florentina: Es war ein 90-minütiges Drehbuch über eine Familie. Ich habe eine Russland-Affinität, spreche ein bisschen Russisch und habe als Au-pair in Moskau gearbeitet. Da habe ich ein paar Geschichten mitgenommen und in einem Drehbuch verarbeitet.
Rauchen und trinken bestimmt auch nicht ...
Florentina: Doch, doch. Natürlich habe ich auch Schwächen.
Peter: Dann solltest du sie langsam aufgeben. Wenn du jetzt sagst, du rauchst, hat das keinen Vorbildcharakter.
Florentina: Ja, manchmal rauche ich. Genau wie der Papa.
Kürzlich war Vatertag. Was haben Sie Ihrem Vater geschenkt?
Florentina: Der Papa hat eine SMS gekriegt.
Was stand drinnen?
Florentina: Alles Gute zum Vatertag!
Peter: Sehr originell. So etwas will eine Poetin sein!
Peter Hofbauer, 71, wurde 1946 in Wien geboren. Der promovierte Jurist arbeitete schon während des Studiums im Medienbereich und begann 1974 im ORF, wo er mehrere Führungspositionen innehatte. Von 1990 bis 1995 war er Unterhaltungschef des ORF, danach übernahm er als Privatbetreiber das Wiener Metropol, das er sanierte und als Theater etablierte. Hofbauer schreibt für das Metropol, aber auch für das Schloss Weitra Festival, dessen Intendant er ist, immer wieder Musicals und Stücke. 2018 hat er gemeinsam mit seiner Tochter Florentina ein neues Libretto der „Fledermaus“ verfasst.
Florentina Hofbauer, 26, ist die mittlere von drei Geschwistern und hat neben Germanistik Dramaturgie und Buch an der Filmakademie in Wien studiert. Derzeit ist sie am Lehrstuhl für Mobile und Verteilte Systeme der Ludwig-Maximilian- Universität in München als Redakteurin für ein Fachmagazin tätig, schreibt an einem Roman und verfasst Theaterstücke mit ihrem Vater Peter Hofbauer, der seit 1985 mit Vera Russwurm verheiratet ist. Das Paar hat die Töchter Florentina, 26, Yara, 19, und Anabel, 28, die Juristin ist.
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