"Unser Beruf ist sehr eitel"

"Unser Beruf ist sehr eitel"
Muttertag: Musicalstar Marjan Shaki, bald Zweifach-Mama, hat versucht, Kind und Karriere gerecht zu werden. Ist das geglückt?

Drehen wir das Rad zurück. Ich treffe Marjan Shaki und Lukas Perman 2013 zum Interview im Café Museum in Wien, sie erzählen von ihrer Liebe: „Wir sind ein ganz normales Paar, das es miteinander probiert.“ Beim Wiedersehen mit Marjan Shaki fünf Jahre später kann man sagen: Bisher hat das funktioniert! Das Paar ist seit mittlerweile 13 Jahre zusammen, wurde 2015 Eltern einer Tochter und hat 2016 geheiratet, Mitte September kommt das zweite Kind - und wir durften es als Erste erfahren.

Frau Shaki, wir haben einander lange nicht gesehen. Wie geht es Ihnen?

Gut, es ist heute nur sehr heiß und ich bin ja wieder schwanger.

Gratulation, das wusste ich gar nicht.

Sie sind auch die Erste, der ich es erzähle.

Seit 2015 hat sich viel bei Ihnen getan. Ihre Tochter wurde geboren, Sie haben geheiratet, jetzt kommt  das zweite Kind: Ein komplett neues Leben.

Tatsächlich war das alles sehr Hoppla di Hopp. Lukas und ich (Anm.: Lukas Perman ist ebenfalls Musical-Darsteller) waren davor schon zehn Jahre zusammen und haben uns mit der Heirat lange  Zeit gelassen. Als sich die Kleine angekündigt hat, haben wir gesagt, jetzt muss das irgendwie unter Dach und Fach.

Das klingt sehr pragmatisch.   

Natürlich sprechen auch rechtliche Gründe dafür, aber wir fanden es schön, denselben Namen zu tragen. Wir waren auch überrascht, dass die Hochzeit nach elf Jahren Beziehung doch sehr romantisch war. Zu sagen, wir sind jetzt Mann und Frau, hat sich nochmal anders angefühlt.

Wie soll ich Sie jetzt ansprechen? Als Frau Perman oder Frau Shaki?   

Privat bin ich Frau Perman, beruflich Frau Shaki. Ich glaube, dass die Leute mich sonst mit dem neuen Nachnamen nicht in Verbindung bringen.

Ihr Vater ist Deutscher,  Ihre Mutter Iranerin. Kommt Shaki von Ihrer Mutter?   

Es ist ein Teil des Namens meiner Mutter. Sie heißt eigentlich Shakibi Guilani Daneshfar-Pätzoldt. Ich habe mich eine Zeitlang Shaki-Pätzoldt genannt, aber früher waren die Besetzungstafeln im Theater nicht digital, sondern  wurden gesteckt. Da ging sich der volle Name nie aus.

Apropos: Haben Sie  schon eine Idee, wie Ihr Kind heißen soll?   

Wir wissen noch gar nicht, was es wird, aber Liv Su Perman (Anm.: Anspielung auf Superman) war ganz bewusst gewählt. Beim zweiten Namen soll auch ein Su ran. Aber wenn es ein Bub wird, haben wir ein Problem.

Sie haben einmal gesagt, Sie wollen eine ganze Fußballmannschaft. Warum haben Sie doch drei Jahre gewartet?  

Wir haben immer gesagt, dass wir zwei oder drei Kinder wollen. Aber letztes Jahr hat es nicht sein sollen. Ich habe relativ früh eine Fehlgeburt erlitten. Es war eine schwierige Geschichte, weil ich schon wusste, dass es nichts wird. Es  entwickelte sich nicht weiter und wollte zunächst nicht von allein abgehen. Das nennt sich verhaltene Fehlgeburt.  Danach habe ich Zeit gebraucht, um das  seelisch und körperlich zu verarbeiten. Ich habe 2017 für meine Begriffe sehr viel gearbeitet und gesehen, dass das nicht zusammenpasst.

Man sagt immer, ein Künstler kann ohne Applaus nicht leben. Kann man da einfach sagen: Ich lass das Arbeiten  mal? Immerhin haben Sie lange  in Erfolgs-Musicals wie „Tanz der Vampire“ oder   „Romeo und Julia“ Hauptrollen gespielt.  

Mich hat das Bekanntsein erstaunlicherweise immer irgendwie irritiert. Gerade diese Aufmerksamkeit, die man in Wien als Musical- und Theaterdarsteller bekommt, gibt es in Deutschland nicht. Ich erinnere mich gut an den Tag, als ich mein erstes Autogramm geschrieben habe. Ich dachte nur: warum eigentlich? Aber man gewöhnt sich auch recht schnell und muss sich mit seinem Ego auseinandersetzen.  

Das würde einigen Menschen guttun.

Das finde ich auch erstrebenswert. Unser Beruf ist sehr eitel. Hinzu kommt dieses Vergleichen, wer mehr Rollen und Applaus  bekommt oder öfter in der Zeitung steht. Man mag sich dagegen etwas wehren können, aber es bauchpinselt ja auch. Das hat mich irgendwann von der tatsächlichen Arbeit abgelenkt. Ich wollte ja ursprünglich nur meinen Beruf gut machen.

Shaki bestellt und Tee und Smoothie.
 
Haben Sie als Schwangere keine Gelüste?

Ich habe in den ersten Wochen oft Pommes und Pizza gegessen, dazu Frittiertes, Eis, Schokolade ... Aber generell achte ich auf meinen Körper, auch berufsbedingt. Evita zum Beispiel ist am Ende nur noch ein Klappergestell. Da konnte ich nicht mit einem  Wohlstandsbäuchlein antanzen.

Fällt Ihnen Abnehmen schwer?

Gar nicht. Im Laufe der Zeit hatte ich  nach der Geburt sieben Kilo Untergewicht und musste eher  schauen, dass ich zunehme. Das hat mich selber erschrocken. Zwei Wochen nach der Geburt war ich wieder auf meinem Ausgangsgewicht,  ab da ging es bergab.  Ich glaube heute, es war die Umstellung, der Schlafmangel und der berufliche Stress. Ich hatte das Gefühl, in keinem Bereich mehr hundert Prozent zu genügen. Ich bin aber ein Hundert-Prozent-Typ, in allem. Heute bin ich mit guten 75 Prozent zufrieden.

"Unser Beruf ist sehr eitel"

Herzogin Kate wurde nach der Geburt ihres dritten Kindes vorgeworfen, sie würde andere Frauen  unter Druck setzen, weil sie sofort wieder schlank war. Wie empfinden Sie das?

Mir haben auch einige nachgesagt, ich wäre magersüchtig. Aber Lukas hat mich unterstützt und klargestellt, wie es ist. Ich habe dann mit Power-Riegeln und Shakes gegen den Gewichtsverlust angekämpft. Meine Freundin zum Beispiel ist noch zierlicher  als ich und hat in der  Schwangerschaft 23 Kilo zugenommen. Man weiß es einfach nicht.

Kritiker könnten sagen: Warum bleibt Frau Shaki  nicht daheim, wenn sie der Beruf so stresst, dass sie stark abnimmt?

Ich bin arbeiten gegangen, als die Kleine sechzehn Monate alt war,  davor habe ich nur ein paar Konzerte gemacht und Lukas war bei Liv. Als mir „Evita“ angeboten wurde, konnte ich nicht Nein sagen. Das ist schauspielerisch und gesanglich vielleicht die schwierigste Rolle, die ich je gespielt habe. Ich musste jeden Abend meine Leistung bringen, bin um eins ins Bett und um sechs wieder aufgestanden – und bin bald an meine Grenzen gestoßen.

Das klingt, als wären Beruf und Familie nicht so leicht zu vereinbaren, wie es in der Öffentlichkeit oft dargestellt wird.

Pauschal ist das schwer zu sagen. Es gibt Frauen, die das schaffen. Ich habe am Anfang auch gedacht, ich könnte Liv überallhin mitnehmen. Aber ich habe das unterschätzt. Kurz nach der Geburt habe ich ein paar Konzerte gemacht und bin stillend zwischen Garderobe und Bühne  gependelt. Liv hat hinter der Bühne  so geweint, dass ich das aber nicht mehr wollte.

Sie waren dann zuhause und Ihr Mann, der die Hauptrolle  im Fendrich-Musical „I am from Austria“ spielt, ist ins Theater gegangen. Hat das nicht weh getan?  

Als Lukas damit begonnen hat, war Liv schon über zwei Jahre alt und wir haben uns beruflich abgewechselt.  Jetzt, wo er über einen längeren Zeitraum engagiert ist und ich beschlossen habe, für eine Weile zu Hause zu bleiben, haben wir uns neu eingrooven müssen. Zu Beginn  war das gewöhnungsbedürftig. Immerhin spielt er am Raimund Theater, an dem wir uns 2005 kennengelernt und gemeinsam begonnen  haben. Die Belegschaft  hinter der Bühne ist immer noch fast dieselbe wie damals. Ich kenne die Leute  und weiß, wie es sich anfühlt, dort wochenlang zu proben und eine Premiere zu spielen. Es ist ein melancholisches Zurückblicken, somit freue ich mich von Herzen für ihn.

"Unser Beruf ist sehr eitel"

Der Sänger Semino Rossi hat mir erzählt, er würde nach einem Konzert Zeit brauchen, um wieder ins normale Leben zu finden. Wie denken Sie darüber?

Man taucht auf der Bühne wirklich in eine eigene Welt ein, die mit dem Privatleben nichts zu tun hat. Es dauert, bis man nach einer Show wieder „runter“ kommt. Und manchmal ist es einfach schade, wenn man einen schönen Tag beenden muss, weil einer ins Theater geht.

In welchem Monat sind Sie?

Ende fünftes Monat.

Ich hoffe, es ist nicht schlimm, wenn ich zitiere, was ich gelesen habe: „Nur verbrannt zu werden soll schmerzhafter sein, als eine Geburt.“ Was meine Sie?

Da ich zum Glück noch nie verbrannt worden bin, weiß ich das nicht. Aber die Aussage schreckt irgendwie ab. Sie wurde sicher von einem Mann geschrieben. Natürlich habe ich die Geburt als sehr schmerzhaft empfunden, ich kann  sie aber nicht mit etwas anderem vergleichen. Es gibt aber  Schlimmeres. Ich hatte während der Schwangerschaft eine Kolik und fand das viel schmerzhafter. Bei einer Geburt stößt du viele Endorphine aus und ich hab mich dann so auf die Kleine gefreut.

Ihre Eltern leben in Deutschland. Haben Sie trotzdem familiäre Unterstützung?  

Das ist schwierig, weil auch die Eltern von Lukas in Oberösterreich leben. Aber seine und meine Eltern besuchen uns regelmäßig. Wir haben auch ein Kindermädchen, das  Liv sehr mag und umgekehrt. Sie wird mir am Anfang helfen, wenn mein Mann im Theater ist.

Lassen Sie uns zehn Jahre in die Zukunft reisen. Ihre Kinder sind aus dem  Gröbsten raus und  Ihr Mann ist noch immer ein Bühnen-Star. Wo stehen Sie?  

Mein Interesse an Kunst und Kultur ist nach wie vor groß, aber der Beruf hatte für mich schon an Bedeutung verloren, bevor ich Mutter geworden bin. Er ist schon narzisstisch. Sich jeden Tag damit auseinanderzusetzen, wie man auf sein Publikum wirkt, ist auch langweilig. Es tut einmal ganz gut, wenn es nicht nur um einen selbst geht.

Immerhin: Die Mutterrolle ist auch eine Rolle.

Obwohl ich mich in der Mutterrolle auch schon mal vermisst habe und  dachte: Mein Gott, ich höre mich nur noch sagen: Nein, das darfst du nicht und das darfst du nicht! Aber ich liebe es, auch, wenn ich mich manchmal gefragt habe, wo die lockere, humorvolle Marjan ist, die abends ab und zu ein Bier zu viel trinkt.

Morgen ist Muttertag. Bedeutet Ihnen das etwas?

Ich finde es schön, aber ich vergesse solche Tage leider immer wieder. Dafür ist mein Mann sehr gut in diesen Dingen. Und da unsere Kleine jetzt im Kindergarten ist, haben sie dort ein Muttertagsfest organisiert, zu dem natürlich alle Mamis eingeladen sind.

Na bitte, einfach einmal zurücklehnen und genießen.  

Ich fand das sehr süß, weil ich natürlich gebeten wurde, in den Kindergarten etwas mitzubringen. Da habe ich mir gedacht. „Schau, jetzt musst am Muttertag wieder kochen.“

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